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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Krater entquellen und wie lichte Schaumwellen um seinen Rand sich hinlegen; schwarz, dickqualmend schoß es empor, gerade in die Höhe, immer weiter, immer weiter, daß das Auge staunend und fragend auf dem seltenen Naturschauspiel haften blieb. Hoch oben endlich vertheilte sich die Rauchsäule nach allen Seiten in die Runde, pinienförmig, wie ein ungeheurer Wolkenschirm. Das war der Ausbruch! Der Hauptkrater des Aetna spaltete sich plötzlich mit ungeheurem Getöse und schleuderte Rauch, Asche, glühende Steine in die Luft. Bei Beginn der Nacht hörte die Thätigkeit plötzlich wieder auf; kein Rauchwölkchen zeigte sich; eine schwüle Stille lagerte über dem Berg. Die Bevölkerung eilte in die Kirchen; die Kranken wurden auf die Straße getragen; winselnd und heulend liefen die Hunde umher; zitternd mit zur Erde gesenktem Kopf blieben Pferde, Maulthiere, Esel wie gebannt auf dem Flecke stehen, wo ihr Führer sie verlassen hatte. Da plötzlich, spät in der Nacht, kam das angstvoll Erwartete; begleitet von gewaltig dröhnendem, unterirdischem Donner erfolgte ein Erdstoß; alle Mauern wankten; zugleich blitzte ein jäher Feuerschein auf – das war Lava.“

Ein neuer Krater hatte sich aufgethan, oder vielmehr eine Kraterkette; sieben Oeffnungen hatte die Gewalt der ausbrechenden, die Erdkruste zerberstenden Dämpfe in die Flanke des Berges gerissen, sieben lavaspeiende, kettenförmig von Nordnordost nach Südsüdwest an einander gereihte Auswurfstrichter, die mit Donnergetöse sich Luft machten durch die alte Lava und durch das derselben als Basis dienende quarzige Urgestein hindurch. Später flossen meist diese Krater in einander, und als Schneegans am fünften Tage nach dem Ausbruche den Aetna besuchte, da ragte der neugebildete Kegel wie eine Pyramide von flüssigem Golde in den schwarzen Nachthimmel hinein, fast durchsichtig, möchte man glauben, mit gluthrothen Adern durchwebt.

„Auf dem Krater steigt eine Feuersäule auf, die ungeheure Felsmassen emporschleudert, bald gerade in die Höhe, bald sie in Garben rings umher streuend. Von Minute zu Minute hört man im Innern des Kegels ein ungeheures Getöse, ein Heulen, Dröhnen, Zischen, als sollte der ganze Berg aus einander bersten, und aus dem Krater schießt es golden blitzend hervor, von riesigen glühenden Felsblöcken … Nun quillt es über den Rand des Kegels, die rothe Lava überschäumt den Krater und schießt wie ein Strom aus lauter Diamanten und Rubinen an den steilen Wänden herab.“

Eben so lebendig sind die Schilderungen des Lavafeldes, der langsam heranrückenden Lava. Doch Schneegans vergißt nicht über der farbenreichen Darstellung der Vorgänge des Naturlebens auch über die eigenthümlichen Volkssitten zu berichten. An allen Straßen der Dorfschaften, die sich den Berg heraufziehen, stehen die Kirchen offen; brennende Kerzen umflimmern den Altar, auf den Stufen liegen und knieen betende Männer und Frauen. Dann nahen die Heiligen; geleitet von einigen im großen Kirchenornat voranschreitenden und von Chorknaben in weißer Tunika bedienten Priestern, tragen Männer von Nicolosi die Bilder der Heiligen um ihren Stadtbann herum; auf hohem Gerüst, von den Kirchenfahnen umfluthet, stehen die Bilder; hinter ihnen folgt die betende Menge, die Mützen in der Hand. Dann aber erscheint der mit zwei weißen Rossen bespannte erzbischöfliche Wagen; drei Priester sitzen darin; in ihren Händen ruht der Schleier der heiligen Agathe. Und Alles fällt auf die Kniee und lautlose Stille lagert sich über der Menge, und im Donnern des tobenden Berges und im Wiederschein des flammenden Feuers geht die wunderthätige Reliquie weiter.

Diesmal that dieselbe ihre Schuldigkeit: die allmählich nur noch stoßweise arbeitende Gewalt des Ausbruchs erlahmte; die Lava floß langsamer und erstarrte gänzlich nach einigen Tagen.

So ist in den anziehenden Reisebildern von Schneegans die Naturschilderung mit dem Sittenbild aus dem Volksleben aufs glücklichste verwebt.

Aus Friedrich Hebbel’s Tagebüchern. Einer unserer geistreichsten Dichter, der aber nie volksthümlich geworden, obschon seine Dramen „Judith“ und „Maria Magdalena“ über sehr viele Bühnen gegangen sind, Friedrich Hebbel, hat Tagebücher hinterlassen, welche neuerdings einer seiner Freunde, Felix Bamberg, herausgegeben; sie werfen manches neue Licht auf den Gang seines Lebens und Strebens, auf seine geistige Entwickelung; vor allem aber enthalten sie einen reichen Schatz von Gedanken, Sentenzen, geflügelten Worten, worunter manches Absonderliche von jener eigenartigen, oft befremdlich kühnen Bildlichkeit ist, in welche der Dichter seine Gedanken einzukleiden pflegte. Manches ist überhaupt auf die Spitze gestellt, anderes dagegen ist sinnvoll und von großer geistiger Tragweite. Wir wollen unsern Lesern einige Kleinodien aus diesem Reliquienschrein eines hochbegabten Dichters nicht vorenthalten:

Das Unglück macht den längsten Weg mit einem Schritt.

Lorbeerkronen entführt der Zephyr; Dornenkronen sitzen selbst im Sturme fest.

Die Geliebte küssen, wenn sie gezürnt, und noch halb lacht, halb weint, heißt Kirschen pflücken, wenn es geregnet hat.

Der Mensch kann nachsichtiger gegen Andere, als gegen sich selbst sein; denn gegen Jene hat er die Pflicht der Billigkeit zu üben, nicht aber gegen sich.

Klage nicht zu sehr über einen kleinen Schmerz; das Schicksal könnte ihn durch einen größeren heilen.

Man kann einen Stein wohl in die Luft werfen, aber er bekommt darum keine Flügel.

Würdige Keinen des Hasses, den du nicht auch der Liebe würdigen könntest.

Daß der Mensch, der die Wahrheit so flieht, den Spiegel erfunden hat, ist die größte historische Merkwürdigkeit.

Der Jüngling fordert vom Tag, daß er etwas bringt; der Mann ist zufrieden, wenn er nur nichts nimmt.

Auf dem Tisch Klavier spielen und in der Gesellschaft Geist entwickeln sollen, ist das Nämliche.

Das Stammbuch der Feinde trägt der Student im Gesicht.

Allerlei Kurzweil.
Schach.
Von Fritz Hofmann in München.

SCHWARZ

WEISS

Weiß zieht an und setzt mit dem dritten Zuge matt.
Auflösung der Schach-Aufgabe auf S. 116.
Weiß: Schwarz: Weiß: Schwarz:
1. D f 2 – c 2 K b 5 – c 4 1. c 5 – c 4
2. K c 1 – d 2 K c 4 – d 5 (b 5) 2. D c 2 – a 4 † K b 5 – c 5 ! A)
3. D c 2 – e 4 (a 4) † beliebig. 3. L c 8 – b 7 ! beliebig.
4. L L setzt matt. 4. D setzt matt.

A) Auf 2. … K b 5 – b 6 folgt 3. L c 3 – d 4 † nebst 4. D a 4 – d 7 matt. – Zieht Schwarz 1. … K c 6 so folgt 2. D e 4 † etc. Sonstige Varianten werden mit 2. D a 4 † oder D b 3 † erledigt. Der Versuch 1. D d 2 ! scheitert an T g 6 ! (2. D d 7 †, K c 4 !!) Gegen 1. L d 7 † schützt nur K b 6 !, 2. L a 5 †, K b 7 ! Sehr gute Konstruktion!

Schach-Briefkasten.

P. M. in O. Ihr Problemversuch ist recht niedlich, für unser Blatt aber leider nicht geeignet.

Auflösung des Räthsels auf S. 164: „Bremse.“

Auflösung der Damespiel-Aufgabe auf S. 164.
1. g 3 – f 4 1. e 5 – g 3
2. h 4 – g 5 2. h 6 – f 4
3. f 2 – h 4 3. d 4 – f 2
4. c 1 – c 7 4. d 8 – b 6
5. b 4 – h 6 gewinnt.

Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

R. B. in Stettin. Der Holzschnitt „Reine auf den Lofoten“ hat Ihren Beifall gefunden; wir können betreffs desselben Ihnen mittheilen, daß der Steiermärkische Kunstverein in Graz dieses Bild als großen Farbendruck 80 : 53 Cm. im vorigen Jahre als Vereinsprämie ausgegeben hat, und daß man dasselbe um 6 Mark (3 Fl.) erhalten kann nebst einer Aktie des Vereins, durch welche man noch an der Verlosung von Kunstwerken Antheil hat. Für das laufende Jahr giebt der Steiermärkische Kunstverein eine gleich große Landschaft als Prämie: „Abend am Mondsee“, ein farbenwarmes Bild nach dem Original von A. Chwala in Wien.

M. R. in S. Sie möchten gerne für die Fastenzeit und ihre Tanzentbehrungen ein Gesellschaftsspiel, bei dem man tüchtig lachen kann. Dies letztere bringt wohl die liebe Jugend unter allen Umstanden fertig, doch können wir Ihnen in „Verlegenheit und Aushilfe“ ein Spiel empfehlen, das schon oft eine stürmische Heiterkeit entfesselt hat. Natürlich müssen die Theilnehmer gute Laune und ein paar muntere Einfälle mitbringen, das Uebrige fügt dann der Zufall. Die Gesellschaft setzt sich im Kreis, dann sagt Jeder leise seinem Nachbar ins rechte Ohr eine „Verlegenheit“. „Was würden Sie thun, wenn Sie sich in diesem oder jenem Fall befänden?“ Vom andern Nachbar erfolgt darauf ins linke eine beliebige Aushilfe: ich würde dies und das thun. Der Spielordner beginnt einem der Mitspieler seine eigene, vorhin von rechts erhaltene Frage vorzulegen; dieser muß darauf seine von links erhaltene Antwort geben und bei einem Anderen weiterfragen. Auch hier erfolgt eine Antwort, es wird weiter gefragt und so fort, bis alle Mitspielenden fertig sind. Es kommen dabei komisch unpassende Dinge heraus, wie: „Was würden Sie thun, wenn Sie Alexander den Großen wieder aufleben lassen könnten?“ – „Ich würde ihm fünfzehn Pfennig Trinkgeld geben“ – manchmal aber noch viel komischer passende, wie in einem befreundeten Kreise: „Was würden Sie thun, wenn Sie ein Lama im zoologischen Garten anspuckte?“ – „Ich würde mir einen Stellvertreter suchen,“ oder: „Was würden Sie thun, wenn Sie von der Inquisition zum Scheiterhaufen verurtheilt wären?“ – „Ich würde mir kalte Umschläge machen.“

Probiren Sie’s nun auch mit Ihren jungen Freunden, Sie werden gewiß vielen Spaß an diesem sehr amüsanten Spiele haben!

M. Müller in Hamburg. Sie haben Recht; vergleichen Sie gefl. Jahrgang 1884, S. 648.

Sophie Sch… in Unterw… Dankend abgelehnt.


Inhalt: Herzenskrisen. Roman von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 197. – Der Gehirnschlag und seine Folgen. Von Professor Dr. E. Heinrich Kisch in Prag-Marienbad. S. 204. – Die Klaque. Studie zur Naturgeschichte des theatralischen „Handwerks“. Von Otto Felsing. S. 206. – Der Karneval der Riviera und sein Ausgang. Von Anton Freiherrn v. Perfall. S. 211. Mit Illustrationen auf S. 208, 209, 211, 212, 213 und 214. – Blätter und Blüthen: Hermine Spies. S. 215. Mit Portrait S. 197. – Im Kaffeehause nach der Redeschlacht. S. 215. Mit Illustration S. 201. – Vermißten-Liste. S. 215. – Ein Ausbruch des Aetna. S. 215. – Aus Friedrich Hebbel’s Tagebüchern. S. 216. – Allerlei Kurzweil: Schach. S. 216. – Auflösung der Schach-Aufgabe auf S. 116. S. 216. – Schach-Briefkasten. S. 216. – Auflösung des Räthsels auf S. 164. S. 216. – Auflösung der Damespiel-Aufgabe auf S. 164. S. 216. – Kleiner Briefkasten. S. 216.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_216.jpg&oldid=- (Version vom 1.4.2023)