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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Geistlicher, Wolfgang, der durch die Kabalen der Dunkelmänner seines Amtes entsetzt wird, zuletzt aber bei einem thüringischen Fürsten eine Freistatt findet; auch sein Herz hat, nach abenteuernden Verirrungen, eine solche gefunden bei einem liebenswürdigen Mädchen.

Die eigentlichen „dunklen Existenzen“ sind nicht jene Tartüffes: es sind die Mitglieder einer geheimen Gesellschaft, der Freunde des Todes, die unter seinem Zeichen sich versammeln. Diese Gemeinde, in welcher sich auch Haschischraucher befinden, wird uns mit ihrem geistigen Kultus lebendig geschildert; alle unheimlichen Ideen der Schwarzseher, der Lebensmüden, der Verherrlicher des Nichts finden eine geistvolle Vertretung seitens der „verlorenen Leute“, der gescheiterten Existenzen. Der Held des Romans wird durch dies dunkle Reich hindurchgeführt, ohne sich darin zu verlieren.

Der Roman enthält neben einzelnen grellen Effektscenen auch anmuthende Bilder, vor Allem eine Fülle geistreicher Betrachtungen. Nur zuweilen ist der Faden zu lang, an den diese gereiht sind, und die Debatte überwiegt in einer Weise, welche die Theilnahme für die Begebenheiten und die Handlung selbst gefährdet. †      

Schmiedeeiserner Baumpfahl.

Verwendung des Gasrohrs als Baumpfahl. Die Firma Chr. Schubart und Hesse in Dresden hat neuerdings recht praktische Baumpfähle aus schmiedeeisernen Gasröhren eingeführt. Das Rohr ist an seinem unteren Ende zugespitzt und enthält hier einige Oeffnungen. Die Verwendung dieses Baumpfahls ist aus der Abbildung ersichtlich. Das Begießen geschieht derart, daß man das Wasser in die obere Oeffnung des Rohres hineingießt; es sickert alsdann durch die unterste Oeffnung direkt in das von den Baumwurzeln durchsetzte Erdreich ein.

Der Gebrauch der Ostereier ist ziemlich allgemein verbreitet. Die Sitte ist uralt, eine jener aus dem Heidenthum stammenden Ueberlieferungen, welche das Christenthum später mystisch gedeutet hat. Ursprünglich war das Osterei das Symbol der neuerwachenden fruchtbaren Natur; die Kirche deutete es in folgender Weise: das Ei ist das Symbol der Hoffnung; diese Hoffnung besteht darin, daß der Keim, der in demselben ruht, zur Welt kommen werde; oder das Gefühl, das bei der Feierlichkeit des Osterfestes, dem Gedenktag der Auferstehung Christi, erwacht, ist die Hoffnung unserer eigenen künftigen Auferstehung. Das Schenken von Ostereiern, wie es in früheren Zeiten beinahe überall und noch jetzt an vielen Orten unter Verwandten und Freunden Sitte ist, gilt als Pfand dieses religiösen Glaubens.

Unter Ludwig XIV. und XV. brachte man nach der Ostermesse Körbe mit vergoldeten Eiern zum König in sein Kabinet, der sie unter die Hofleute vertheilte. Die Eier, die sich die Vornehmen gegenseitig schenkten, waren nicht selten werthvolle Kunstgegenstände. So bewahrt das Versailler Schloß in der Antikensammlung der Bibliothek zwei Ostereier, die Madame Victoire, der natürlichen Tochter Ludwig’s XV., gehörten. Die darauf befindlichen Bilder sind von der Hand Watteau’s gemalt und stellen ein junges Schäfermädchen vor, das von Räubern angefallen, später aber von Soldaten befreit wird, welche es zu dessen Eltern heimbringen. – Der russische Kronschatz bewahrt gleichfalls ähnliche Kunstprodukte in Form von Ostereiern in Porcellan, gemalt, vergoldet und mit eingelegten Perlmutterzieraten und sinnbildlichen Inschriften verziert.

Zwei Genrebilder aus dem Leben. (Mit Illustrationen S. 249 und 253.) Wir bringen in dieser Nummer zwei frisch aus dem Leben herausgegriffene Bilder. Das erste „Bei der Arbeit“, von einem jungen talentvollen Künstler, W. Auberlen, gemalt, weist uns ein anmuthiges Mädchen, das mit Handarbeiten beschäftigt ist, und macht den Eindruck eines nach der Natur gemalten Portraits. Das Bild zeigt eine schöne Lichtwirkung und eine sorgfältige Behandlung des Details, wie der Nähutensilien und Blumen. Das Ganze ist ein durchaus ansprechendes Interieur.

Das zweite „Belauschte Liebe“ gehört ganz der freien künstlerischen Erfindung an. Der würdige Rentier, der dort hinter seinen Blumen hervorlauscht, möchte gern wissen, was unten bei dem Rendez-vous auf der Bank vorgeht; er hat den Frühling des Lebens und der Liebe weit hinter sich; aber er ist neugierig, was sich zwei Glückliche zu sagen haben. Doch wenn der Schwerhörige auch die Worte nicht vernimmt: der junge Nachbar Schmied, der am hellen Tage seine Arbeit und sein Handwerkszeug bei Seite gelegt hat, läßt über seine Absichten keinen Zweifel übrig. Will er doch dem anmuthigen Mädchen den Brautring an den Finger prakticiren, und dies kühne Unternehmen scheint auf keinen Widerstand zu stoßen. Der Rentier wird also von einem wichtigen Ereigniß zu berichten haben, und es bleibt nur, im Interesse des ungestörten Glückes der Liebenden, zu wünschen übrig, daß er nicht im Eifer, einige Worte des Dialogs aufzufangen, einen oder den andern Blumentopf vom Fenster herunterstößt und das plaudernde Paar durch einen plötzlichen Knalleffekt aus allen seinen Himmeln wirft. †      


Allerlei Kurzweil.


Bilder-Räthsel.

Metamorphosen-Räthsel.

Jedes der nachstehenden Wörter ist durch Versetzung der Buchstaben in ein anderes Wort zu verwandeln. Die Anfangsbuchstaben der neugebildeten Wörter, der Reihe nach zu einem Wort verbunden, nennen eine bekannte Persönlichkeit.

Die durch Versetzung der Buchstaben zu verwandelnden Wörter sind: Traben, Kain, Falsch, Saum, Latona, Herder, Schiene, Talk.



Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.)

P. H. in Breslau. Ihr Gewährsmann hat durchaus Recht. Es giebt in der That transportable Krematorien, das heißt fahrbare Feuerbestattungsöfen. In Nr. 8 der „Neuen Flamme“, einer Zeitschrift zur Förderung der Feuerbestattung, befindet sich eine Abbildung des Wagen-Feuerbestattungsapparates, welchen Kapitän Domeniko Rey zu Alessandria konstruirt hat. Die Anhänger der Feuerbestattung treten darum für die Einführung dieser Neuerung ein, weil durch dieselbe die Kosten bedeutend ermäßigt werden. Der Transport des Wagens ist billiger als der eines Sarges mit der Leiche. So betrugen z. B. sämmtliche Transport- und Feuerbestattungskosten in einem Falle, wo der Wagen auf eine Entfernung von 96 Kilometer von Mailand transportirt werden mußte, nur 60 Mark, während eine Leichenbeförderung von Wien nach Gotha nebst Verbrennung in dem dortigen Krematorium zur Zeit etwa 800 Mark kostet.

B. H. in Wien. Der Trabersport ist allerdings in Amerika am meisten ausgebildet, und die amerikanischen Traber sind den russischen überlegen. So viel wir wissen, ist das schnellste Tempo eines amerikanischen Trabers mit 2 Minuten 11¼ Sekunden angegeben worden, das heißt, das Pferd legte in jener Zeit im Trabe eine englische Meile zurück. Die Königin des Traberturfs ist jetzt Maud S., welche sich im Besitz von Rob. Benner in New-York befindet. Vor Kurzem sollen ihm für dieselbe 100 000 Dollars (gleich 420 000 Mark) geboten worden sein.

B. in K. Um ein Zimmer gründlich zu lüften, genügt es durchaus nicht, die unteren Fensterflügel zu öffnen. Die verdorbene, wärmere Luft sammelt sich an der Zimmerdecke und man muß darum den oberen Fensterflügel öffnen. Die Konstruktion unserer Fenster ist leider derart, daß es recht umständlich ist, auf diese Weise für die Ventilation zu sorgen. Die Rouleaustangen bilden ein lästiges Hinderniß für das Oeffnen der oberen Fensterflügel. Wir rathen Ihnen darum, eine der obersten Scheiben in eine sogenannte Glasjalousie verwandeln zu lassen. Durch einen Zug an der herabhängenden Schnur können Sie die Jalousie nach Belieben öffnen oder schließen.

R. R. in Neustadt a. O. Wie viel elektrische Lampen jetzt auf der ganzen Welt leuchten, das können wir Ihnen nicht sagen. Die Zeiten sind längst dahin, wo alle elektrischen Beleuchtungsanlagen als Seltenheit aufgezählt werden konnten. Einen Begriff von der Verbreitung des elektrischen Lichtes möge Ihnen die Mittheilung geben, daß in den Vereinigten Staaten von Nordamerika allein gegen 400 000 Edisonlampen im Betrieb sind. Dies entspricht einem Konsum an Leuchtgas von 1 630 000 Kubikmeter für den Tag. In Berlin befinden sich zur Zeit 20 900 Glühlampen in Thätigkeit.

P. R. in Berlin. Sie fragen, ob auch bisweilen Preise für wissenschaftliche Arbeiten ausgesetzt werden? Das ist erst neuerdings geschehen. Herr Privatmann Jenny in Dresden hat 10 000 Mark zu einer „August Jenny-Stiftung“ gegeben, deren Zweck die wissenschaftliche und litterarische Förderung und Verbreitung der Lessing’schen Anschauungen über die Erziehung des Menschengeschlechtes ist. 1500 Mark resp. 1000 Mark werden für die beste, resp. zweitbeste Abhandlung ausgesetzt, welche die letzten sieben Paragraphen in Lessing’s Schrift „Die Erziehung des Menschengeschlechts“ mit der Tendenz der eindringlichsten, überzeugenden Vertheidigung ihres Inhalts behandelt, und 2500 resp. 2000 Mark für die beste, resp. zweitbeste Erzählung von gleicher Tendenz. Die Erzählungen sollen in Bezug auf Geist, Komposition und Sprache litterarische Kunstwerke sein.

E. F., St. Petersburg. Nicht verwendbar; die Manuskripte stehen zu Ihrer Verfügung.

S. M. in Frankfurt a. M. Wir bitten um Angabe Ihrer genauen Adresse.

F. F. in Zürich. Nicht geeignet. Besten Dank!



Inhalt: Götzendienst. Roman von Alexander Baron v. Roberts (Fortsetzung). S. 237. – Orientalische Sprüche. S. 243. – Deutsche Städtebilder. Stuttgart. Von Oberstudienrath Dr. J. Klaiber. S. 244. Mit Illustrationen S. 240, 241, 244, 245, 246 und 247. – Herzenskrisen. Roman von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 248. – Das erste Jahr im neuen Haushalt. Eine Geschichte in Briefen. Von R. Artaria. IV. S. 253. – Blätter und Blüthen: Chamisso-Büste. S. 254. Mit Illustration S. 237. – Lieder von Martin Greif. S. 255. – Ein heimgekehrter Afrika-Reisender. S. 255. – Entzündbare Gase im Magen. S. 255. – Ein neuer Roman von Konrad Telmann. S. 255. – Verwendung des Gasrohrs als Baumpfahl. Mit Abbildung. S. 256. – Der Gebrauch der Ostereier. S. 256. – Zwei Genrebilder aus dem Leben. S. 256. Mit Illustrationen S. 249 und 253. – Allerlei Kurzweil: Bilder-Räthsel. S. 256. – Metamorphosen-Räthsel. S. 256. – Kleiner Briefkasten. S. 256.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_256.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2024)