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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

schlanke Jünglingsgestalt mit dunkeln, schwermuthsvoll umflorten Augen und melancholisch träumerischen Zügen, das dichte schwarze Haar lockig herabfallend um das blasse Oval des edlen Gesichts. Das ist Max, der vielbekrittelte und trotz allem vielgeliebte Held der Schiller’schen Dramen. Thekla Wallenstein bleibt eine apokryphe Figur, aber die Gestalt Max Piccolomini’s trat aus historischem Grabe in den Rahmen der Schiller’schen Poesie. Zwar war der historische Max nicht Oktavio’s Sohn, wohl aber sein Neffe und prädestinirter Erbe. Auch der Reitertod des kaiserlichen Obersten ist historisch: freilich nicht im Sinn der Schiller’schen Dichtung. Max Piccolomini fiel im Reitergefecht bei Jankau am 6. März 1645 gegen die Schweden. Er war mit dem Rosse gestürzt, gefangen und wieder befreit worden, als die Schweden ihn bei seiner erneuerten Attacke zum zweiten Male fingen und nun grausam ermordeten. Am 12. März wurde er in Nachod bestattet.

Der letzte Träger des stolzen Adelsgeschlechtes starb früh in Neapel. Seine Züge schauen weichlich, fade, lüstern, entnervt aus dem Bilde, welches die Reihe seiner Ahnen schließt.

Es war nach der Ermordung Terzky’s zu Eger, im Jahre 1634, als dessen Herrschaft Nachod an Oktavio fiel, ein Geschenk seines dankbaren Kaisers. In der Schlacht von Jankau zahlte der Schloßherr von Nachod für das Blut des Fürsten von Friedland (dessen Wiege, wie sie sagen, in demselben Schlosse gestanden hatte) die Buße mit dem Blute seines Erben – und heut blüht über den Gräbern der Piccolomini ein norddeutsches Fürstengeschlecht. Wie gewonnen, so zerronnen!

„Gedichte eines Optimisten.“ In unseren Gedichtsammlungen herrscht in der Regel ein nach berühmten Mustern arrangirter Pessimismus und die Welt liegt im tiefsten Schatten. Um so erfreulicher ist es, daß ein Poet einmal auf dem Titelblatte verkündet, er gehöre nicht zur Gemeinde der unheimlichen Schwarzseher, sondern sehe in der Welt noch Sonnenschein und frohe Menschen. Der Redakteur der „Deutschen Jugend“, Julius Lohmeyer, hat eine Sammlung mit solchem Titel herausgegeben (Leipzig, Liebeskind), und man erfreut sich an anmuthenden Liedern und stimmungsvollen Bildern aus dem Naturleben und sinnigen Sprüchen; denn gedankenreich kann auch eine Muse sein, welche nicht immer über den Abgründen des Daseins brütet. Ein paar kleine Liederblüthen aus dem Strauß der Lohmeyer’schen Dichtung wollen wir unsern Lesern nicht vorenthalten:

Ein Thautropfen.

Nichts weiter als ein Tröpflein Thau
Auf weiter sonnbeglänzter Au;
Und doch, ein Blümchen hat’s erquickt,
Ein Wand’rerauge hat’s entzückt;
Durchleuchtet einen Augenblick
Ward’s von der Sonne Glanz und Glück.
Ein Tropfen Thau! Doch kannst du mehr
Auf Gottes Weltflur sein als er?

Dennoch.

Kein Hüttchen ist so arm und klein,
Ein freundlich Gärtchen nennt es sein,
Und ist’s kein Gärtchen schmuckumhegt,
Von sorglich treuer Hand gepflegt,
So ist es doch ein Nelkenbeet,
Von Farbenglanz und Duft umweht,
Und ist’s kein Beet, so blüht ihm doch
Ein Rosenstock am Fenster noch,
Und wenn ihm selbst kein Röslein blüht,
Um das sich seine Hand bemüht,
Auch ohne Mühen,
Ohne Lohn,
Am Zaun noch blühen
Wind’ und Mohn.

Ein Panzerschiff aus dem Jahre 1530. Man nimmt für gewöhnlich an, daß die Panzerschiffe eine ganz moderne Erfindung seien, und wird darum nicht ohne Interesse von einem Schiffe vernehmen, das die Johanniter im Jahre 1530 zu Nizza hatten erbauen und mit einem Bleipanzer umgeben lassen. Es führte eine Menge Kanonen, hatte dreihundert Mann Besatzung und war prachtvoll eingerichtet; so enthielt es eine Betkapelle, ein Empfangszimmer und eine Bäckerei. Die „Santa Anna“, so hieß es, gehörte zu dem Geschwader, das von Kaiser Karl V. gegen Tunis gesandt wurde. Der berühmte Andreas Doria kommandirte die Expedition, welche mit der Eroberung von Tunis endigte. Die „Santa Anna“ trug nicht wenig zu diesem glücklichen Erfolge bei; sie bewährte sich sehr, ihr Panzer machte sie für alle Kugeln undurchdringlich.

Bei den Morse-Telegraphenlinien in den Vereinigten Staaten sind nicht weniger als 30 000 lokale Läuter im täglichen Gebrauche. Der Gesammtverbrauch an Kupfer in den lokalen Batterien beläuft sich im Jahre auf etwa 375 000 Kilogramm und von Zink werden 50 000 Kilogramm verbraucht.

Die Astronomen von Pittsburg (Pennsylvanien) sagen, daß das Naturalgas für ihre teleskopischen Beobachtungen störender ist, als es der Rauch jemals war. Das Licht und die Hitze in Folge der Gasverbrennung in den zahlreichen Auslaßröhren in der Stadt stören und bewegen die Atmosphäre in solchem Grade, daß teleskopische Beobachtungen zu Zeiten ganz unmöglich sind.

Allerlei Kurzweil.

Bilder-Räthsel.

Problem: „Der Druidenfuß“.
Magische Kugel-Pyramide von Erin.

Man wähle für die oberste einzelne Kugel einen Vokal und füge bei jeder Kugelreihe, unter Beibehaltung der einmal gewählten Buchstaben, deren Verschiebung jedoch erlaubt ist, einen neuen Buchstaben hinzu. Als Resultat ergiebt sich dann in der Reihenfolge der Schichten von oben nach unten: 1) ein Vokal, 2) ein Säugethier, 3) ein Monat, 4) eine Stadt in Südamerika, 5) ein europäischer König, 6) eine asiatische Insel, 7) eine Stadt in Italien.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Sch. in München. Der Gebrauch, ein blankes Silberstück mit verdächtigen Substanzen zu kochen, ist bekannt. Das Mittel wird nicht nur beim Zubereiten von Muscheln, sondern auch von Schwämmen benutzt. Es beruht auf der Eigenschaft des Silbers, durch Schwefelwasserstoff in schwarzes Schwefelsilber umgewandelt zu werden. Bekanntlich werden ja auch in Schwefelbädern alle silbernen Objekte schwarz. Da nun die meisten thierischen Stoffe, besonders aber Meerthiere, bei der Zersetzung und Fäulniß Schwefelwasserstoff entwickeln, dient das Mittel vortrefflich zur Anzeige von in Zersetzung begriffenen Nahrungsmitteln dieser Art. Dagegen kann das Mittel kein Gift anzeigen, an dessen Zusammensetzung der Schwefel nicht Antheil hat. Es ist durchaus nicht im Stande, Infektionsgifte anzuzeigen und läßt auch bei den meisten Schwammgiften vollkommen im Stiche. Das Gift, welches sich unter besonderen Bedingungen in der lebenden Miesmuschel entwickelt, kann auf diese Weise nicht angezeigt werden. Aus diesem Grunde hat auch der Verfasser des Artikels „Allerlei Nahrung“, auf S. 233 der „Gartenlaube“, das Mittel nicht erwähnt, und er möchte Jedermann warnen, blindes Vertrauen auf ein Muschelgericht zu setzen, auch wenn es mit einem blanken Fünffrankenstück gekocht wäre.

C. S. in Antwerpen. Besten Dank für Ihre Mittheilung. Wenn man in Antwerpen Miesmuscheln roh ißt, so wird es auch wohl in anderen Städten Belgiens und Hollands geschehen. Es war ja gerade auffallend, daß es gewöhnlich nicht geschieht.

P. C. in Rudolstadt. Sie fragen uns nach dem Alter mehrerer Schriftsteller, ja sogar nach demjenigen mehrerer Schriftstellerinnen, was immerhin eine etwas indiskrete Frage ist. Gleichwohl finden Sie auch diese beantwortet in Kürschner’s „Litteraturkalender“, von welchem jetzt der Jahrgang 1887 erschienen ist. Dort ist das Geburtsjahr der meisten Autoren neben ihrer Lebensstellung und ihren Schriften angegeben. Die Zahl der dort angeführten Schriftsteller ist eine so große, daß man um die Zukunft des deutschen Schriftthums nicht besorgt zu sein braucht.

Stud. P. N. in Jena. Sie bewerben sich am liebsten um Preise, die für Aufsätze ausgesetzt sind, welche Ihre eigenen Lebenskreise berühren. Die „Allgemeine deutsche Universitätszeitung“ hat einen Preis von 200 Mark für die beste Bearbeitung des folgenden Themas: „Zweck und Mittel einer einheitlichen Organisation der deutschen Studentenschaft“ ausgesetzt und einen Preis, der in einem schön ausgestatteten Humpen besteht, für die beste Humoreske aus dem studentischen Leben.

K. R. in Halle. Bei dem Spruch, mit welchem Paul Heyse den Leipziger Mendebrunnen geschmückt, hat sich allerdings in die vorletzte Zeile ein Druckfehler eingeschlichen. Die beiden letzten Zeilen müssen heißen:

In laut’rer Helle
Lehrt es die Welle![WS 1]

B. K. in Hamburg. Ein Verzeichniß der im Laufe dieses Sommers stattfindenden Regatten vermögen wir Ihnen wegen Raummangels nicht zu geben. Sie finden jedoch dasselbe in Nr. 13 der Zeitschrift „Ahoi!“ Es werden laut demselben nicht weniger als 19 Ruder-, 33 Segelregatten und 1 Kanoeregatta in 21 deutschen Städten stattfinden. Berlin steht obenan mit 16 Regatten; dann folgen Hamburg mit 11, Bremen mit 3, Frankfurt a. M., Kiel, Lübeck, Schwerin mit je 2 Regatten, während in Dresden, Hameln, Wien, Heilbronn, Breslau, Uerdingen, Magdeburg, Mainz, Deggendorf, Mannheim, Stettin, Königsberg, Rostock, Ziegenort und Travemünde je eine Regatta stattfinden soll. Fast alle Sonntage in den Monaten Mai, Juni, Juli, August und September sind schon mit Regatten belegt; frei sind augenblicklich nur noch der erste Pfingstfeiertag und der Sonntag vom 22. Mai.

H. W. in Finsterwalde. Beides ist richtig, da es sich um zwei Reisen handelt.


Inhalt: Götzendienst. Roman von Alexander Baron v. Roberts (Fortsetzung). S. 305. – Der kleine Doktor. Illustration. S. 305. – Ueber chronische Katarrhe der Athmungswege. Von Dr. M. A. Fritsche, Specialarzt in Berlin. I. Der chronische Schnupfen und seine Folgezustände. S. 310. Mit Abbildungen S. 311. – Das Scherenrecht. Erzählung von Otto Sigl (Schluß). S. 313. Mit Illustrationen S. 313, 314 u. 317. – Das erste Jahr im neuen Haushalt. Eine Geschichte in Briefen. Von R. Artaria. V. 2. S. 316. – Blätter und Blüthen: Gesellschaftliche Unsitte. S. 318. – Pferdemarkt in Thüringen. S. 319. Mit Illustration S. 308 und 309. – Der Segen des Telephons. Von Paul v. Schönthan. S. 319. – Eine merkwürdige Lichterscheinung um die Sonne und den Mond. Mit Abbildung. S. 319. – Im Schloß der Piccolomini. S. 319. – „Gedichte eines Optimisten“. S. 320. – Ein Panzerschiff aus dem Jahre 1530. S. 320. – Bei den Morse-Telegraphenlinien in den Vereinigten Staaten. S. 320. – Die Astronomen von Pittsburg. S. 320. – Allerlei Kurzweil: Bilder-Räthsel. S. 320. – Problem: „Der Druidenfuß“. S. 320. – Magische Kugel-Pyramide. Von Erin. S. 320. – Kleiner Briefkasten. S. 320.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Siehe den Artikel Deutscher Bürgersinn in Heft 14.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_320.jpg&oldid=- (Version vom 14.5.2023)