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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Medicin-Meßflaschen. Wer kennt nicht die Verlegenheit, die so oft im Hause entsteht, wenn der Arzt vorschreibt, man solle von der Medicin stündlich einen Kaffee- oder Eßlöffel voll nehmen. Die Löffel in unseren Haushaltungen sind so zu sagen sehr dehnbare Begriffe; ihre Größe schwankt je nach dem Geschmack des Fabrikanten, und es ist uns ein Fall bekannt, wo dem Arzte von seinem Patienten drei verschieden große Kaffeelöffel ins Haus geschickt wurden, mit der Bitte, den Löffel zu bestimmen, in welchem die Medicin verabreicht werden sollte. Diesem Uebelstande sollen die von der Fabrik Siebemann, Vanoli u. Komp. in Unterneubrunn (Sachsen-Meiningen) eingeführten Medicin-Meßflaschen abhelfen. Dieselben bestehen:

Fig. 1.       Fig. 2.

erstens aus der Flasche F, deren Hals bei W kropfförmig ausgebogen ist,
zweitens aus dem in den Flaschenhals eingeschliffenen mit Grammangabe versehenen Meßstöpsel M, dessen Inhalt der Dosis entspricht, welche das Recept des Arztes vorschreibt.

Unmittelbar über dem Boden des Stöpsels ist eine runde Oeffnung X angebracht, und oben ist der Stöpsel durch einen Korkstopfen K bis zur Abkröpfung a verschließbar. – Beim Gebrauch wird der hohle Meßstöpsel M, welcher auch die ovale Façon des Glases hat, so gedreht, daß dessen Oeffnung X an den Kropf W des Flaschenhalses zu stehen kommt. Die Flasche wird sodann umgestürzt (Fig. 1), worauf die in derselben befindliche Flüssigkeit durch den Kropf W und die Oeffnung X in den Meßstöpsel einfließt, während die in letzterem enthaltene Luft auf gleichem Wege in die Flasche ausströmt. Hat sich der Meßstöpsel vollständig gefüllt, so wird durch Drehung desselben in dieser umgestürzten Stellung die Kommunikation mit dem Inhalt der Flasche wieder unterbrochen, das heißt, es wird die Oeffnung X von dem Kropfe W entfernt. Nun wird die Flasche aufrecht gestellt (Fig. 2), worauf nach Entfernung des Korkes K die betreffende Medicin direkt ohne jegliches Umgießen aus dem Meßstöpsel getrunken werden kann. Als einen besonderen Vorzug dieser Medicinflaschen möchten wir noch den Umstand hervorheben, daß der Kranke auch in liegender Stellung den Meßstöpsel ohne fremde Beihilfe selbst füllen und die Medicin einnehmen kann. *

Die Jungfrau im Berner Oberland. (Mit Illustration S. 412 und 413.) Das Bild des Malers W. Wex, das sich noch im Besitze des Künstlers befindet, stellt den mächtigen Gebirgsstock der Jungfrau in seiner ganzen Gliederung genau nach der Natur dar. Es ist aufgenommen von einem Punkte, der dem „Hôtel de la Petite Scheideck“ gegenüber liegt: das Hôtel selbst ist nicht mehr sichtbar; es wird schon von dem Vordergrunde des Bildes überragt. Dieser Vordergrund mußte, um die Großartigkeit der ganzen Gebirgsscenerie zu erhöhen, mit mehr künstlerischer Freiheit behandelt werden; so ist der Kletschenbach etwas vergrößert und bei stark angeschwollenem Wasser gemalt worden. Jedenfalls führt uns das Bild eine der imposantesten Landschaften aus dem an erhabenen Schönheiten so reichen Berner Oberlande vor.

Für Philatelisten oder Briefmarkensammler ist eine buchhändlerische Neuheit anzuzeigen, ein Album: „Die deutschen Privatpost-Werthzeichen“ mit Markenabbildungen und Städtewappen von A. Erdmann (Leipzig, Verlag von Ernst Heitmann). Im Juni 1886 wurde bei Gelegenheit des fünfhundertjährigen Jubiläums der Heidelberger Universität eine Privatpost für Heidelberg gegründet. Diesem Beispiele folgten in kurzer Frist so viele Städte, daß gegenwärtig die Zahl der Privatpost-Marken längst die 300 überschritten hat und die Briefmarkensammler ein besonderes Album derselben anlegen können. Die Novitäten sind binnen wenigen Monaten in vielen Fällen sogar zu Raritäten geworden, welche jetzt schwer aufzutreiben sind; denn viele der Privatposten hatten eine gar kurze Lebensdauer; schon nach wenigen Wochen mußten sie ihren fruchtlosen Versuch aufgeben, mit der großen Reichspost zu wetteifern. In dem Erdmann’schen Album findet sich Material zu einer interessanten kulturhistorischen oder statistischen Skizze aus der Gegenwart. Leider aber nur das Material – der Verfasser hätte diesem Album eine orientirende Einleitung und auch ein Register der Privatposten beifügen sollen; das würde dasselbe noch interessanter machen. Hoffentlich befolgt er unsern Rath bei der zweiten Auflage, für deren Zustandekommen die Philatelisten gewiß sorgen werden. *

Allerlei Kurzweil.
Skat-Aufgabe Nr. 8.
Von K. B.

Die Mittelhand gewinnt Grand auf folgende Karte:

(p. B.) (car. B.) (tr. As) (p. As) (p. 9.) (c. As) (car. As) (car. 9.) (car. 8.) (car. 7.)

mit 94 Augen, obwohl nur zwei Sieben im Skat liegen und die fehlenden Wenzel in einer Hand stehen. Wie sitzen und fallen die Karten?

Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 7 auf S. 384.
Vorhand hatte: rW, gD, g8, eZ, eO, r9, r7, s9, s7.
Hinterhand hatte: sW, gK, g7, e7, rZ, rK, rO, sD, sZ, sK.

Nach den in der Aufgabe angegebenen 3 Stichen:

1) eO, eD, e7. (+14). 2) gW, g7, g8 (+2). 3) eW, gK, ?? gD (+17)

nimmt das Spiel folgenden Verlauf:

4) g9, sW, rW (−4).
5) eZ, e8, sD (−21).
6) eK, e9, sZ (−14)
7) r9, r8, rZ (−10),

und die übrigen Stiche bekommt der Spieler. Die Hinterhand hätte aber im 3. Stich anstatt gK den sW, auf welchen sie ohnehin keinen Stich machen konnte, falls der Spieler den rW hatte, zugeben sollen, wonach Vorhand durch Werfen des rW das gD retten konnte. Die Gegner hätten dann 11 Augen mehr, das heißt 60 statt 49 hereinbekommen und daher gewonnen.

Charade.

Mit seiner schweigenden Ersten und stets geschwätzigen Zweiten
Ist dir das Ganze bekannt aus den Märchen geschwundener Zeiten.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

F. C. in Wien. Auskunft über die von Ihnen gestellte Frage finden Sie in dem Artikel „Ein Säuglings-Kuhstall“ Jahrg. 1883, S. 603. Sie werden daraus ersehen, daß Ihre Ansicht über die reine Kuhmilch als Ersatz für die Muttermilch im Großen und Ganzen richtig ist. Diese Frage wird übrigens in unserem demnächst erscheinenden „Gartenlaube-Kalender“ ganz ausführlich behandelt.

L. M. Den besten Schiedsrichter bei Streitigkeiten über derartige sprachliche Fragen bilden die Werke „Deutsche Sprachbriefe“ und „Wörterbuch der Hauptschwierigkeiten in der deutschen Sprache“ von Prof. D. Sanders. Auf Grund derselben können wir Ihnen mittheilen, daß es üblich und richtig heißt: Ich lehre dich schwimmen, aber mit dem substantivischen Infinitiv (der durch den vorgesetzten Artikel bezeichnet ist) sowohl: Ich lehre dich das Schwimmen, wie auch (nach dem Vorgange mustergültiger Schriftsteller): Ich lehre dir das Schwimmen, vergl. im Passiv: Du wirst schwimmen gelehrt – und: Dir wird das Schwimmen gelehrt.

F. in Leipzig. Seitdem wir unsere Notiz über das Chamisso-Denkmal veröffentlichten, sind, wie Sie mit Recht erwähnten, seitens des Komités einige nicht unwesentliche Abänderungen des ursprünglichen Plans vorgenommen worden. Ursprünglich sollte das Denkmal in Bronze hergestellt werden; jetzt hat man dem weißen Marmor den Vorzug gegeben. Zur Aufstellung desselben im Thiergarten ist die Erlaubniß nicht ertheilt worden; das Komité beabsichtigt jetzt das Denkmal auf dem Dennewitzplatze zu errichten, in der Nähe des botanischen Gartens, dessen Kustos Chamisso war.

F. K. in Hannover. Die blasig aufgegangene Rinde des Schwarzbrots kommt davon her, daß das Brot nicht hinlänglich, das heißt andauernd genug aufgegangen ist. So zieht sich dann im Backofen die oberste Schicht rasch in die Höhe und der Rest löst sich los. Streichen mit Wasser und leichte Einstiche machen, ehe es in den Ofen kommt, ist gleichfalls nöthig, um schön zu backen.

Frau K. L. in Breslau. Sie erkundigen sich nach Asylen für Frauen, in denen dieselben sich von angestrengter Berufsarbeit erholen können. Ein solches Asyl soll, auf Anregung der Frau Landrath von Bockum-Dolffs zu Soest errichtet werden. Es sollen etwa 40 Damen ohne Unterschied des Bekenntnisses Aufnahme finden. Ein großer Bauplatz dafür ist bereits schenkungsweise überwiesen worden: er liegt in gesunder Luft, in waldreicher Berggegend zu Völlinghausen (Westfalen), am südlichen Abhange der Haar. Das Komité in Soest wendet sich wegen hilfreicher Geldspenden an das Publikum.

Martha R…r. Leider nicht geeignet.


Inhalt: Götzendienst. Roman von Alexander Baron v. Roberts (Fortsetzung). S. 401. – Königin Viktoria’s fünfzigjähriges Regierungsjubiläum. Von Wilh. F. Brand. Mit Portrait. S. 408. – Magdalena. Von Arnold Kasten. S. 409. – Kurpfuscherunwesen. Von Dr. med. Otto Cahnheim. S. 411. – Blätter und Blüthen: Der erste ostafrikanische Vertrag. S. 415. – Nach der Ruderfahrt. S. 415. Mit Illustration S. 401. – Eine Londoner Missionsanstalt. S. 415. – Hundemarkt in Apolda. S. 415. Mit Illustration S. 405. – Königin Viktoria im Ornat. S. 415. Mit Illustration S. 409. – Medicin-Meßflaschen. Mit Abbildungen S. 416. – Die Jungfrau im Berner Oberland. S. 416. Mit Illustration S. 412 und 413. – Für Philatelisten oder Briefmarkensammler. S. 416. – Allerlei Kurzweil: Skat-Aufgabe Nr. 8. S. 416. – Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 7. auf S. 384. S. 416. – Charade. S. 416. – Kleiner Briefkasten. S. 416.


Nicht zu übersehen!

Mit nächster Nummer schließt das zweite Quartal dieses Jahrgangs unserer Zeitschrift. Wir ersuchen daher die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das dritte Quartal, welches durch die längst mit Spannung erwartete Erzählung

„Der lange Holländer.“ Von Rudolf Lindau

eröffnet werden wird, gefl. schleunigst aufgeben zu wollen.




Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen Reichspostamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig).

manicula Einzeln gewünschte Nummern liefern wir pro Nummer incl. Porto für 35 Pfennig (2 Nummern 60 Pf., 3 Nummern 85 Pf.). Den Betrag bitten wir bei der Bestellung in Briefmarken einzusenden.

Die Verlagshandlung.

Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_416.jpg&oldid=- (Version vom 25.6.2023)