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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Reklame über Reklame. Es muß Jemand vieler Menschen Wohnstätten gesehen und Sitten beobachtet haben, um ein Buch schreiben zu können, wie uns eines vorliegt: ein „Buch der Reklame“. Solch ein Vielgereister ist der unseren Lesern seit Jahren rühmlich bekannte Reisemaler der „Gartenlaube“, Rudolf Cronau, der es unternommen hat, uns „Geschichte, Wesen und Praxis der Reklame“ zu schildern und das in fünf Abtheilungen oder Heften erschienene Buch mit einer großen Anzahl von Abbildungen von deutschen, englischen, amerikanischen, französischen, russischen, japanischen und indianischen Künstlern auszuschmücken. Der Anblick dieser Illustrationen reicht allein schon hin, uns einen erschütternden Begriff von den Ungeheuerlichkeiten zu geben, die auf der Welt menschenmöglich sind. Nachdem der Verfasser in der ersten Abtheilung sich über Bedeutung und Werth der Reklame ausgesprochen, führt er als die vorzüglichsten Mittel derselben an: Herolde und Ausrufer, Aushängeschilder, Plakattafeln und Anschlagssäulen, den Sandwichman, die Flugblätter, Handbills und Reklamelaternen, Umzüge und Schaustellungen auf den Straßen, die Schaufenster, industrielle Gewänder und die Inserate.

Das vornehmste und verbreitetste Reklamemittel ist das Inserat. Der Verfasser geht historisch zuwege. Die Reklame finden wir schon in alten Zeiten; das Inserat mußte auf seine Erfindung warten, bis das Zeitungswesen sich kräftiger zu entwickeln begann; denn trotzdem man schon im 15. Jahrhundert „Neuigkeitsblätter“ druckte, kam doch erst im Jahr 1633 der Franzose Theophrastus Renaudot auf den Gedanken, ein Stellenvermittelungsblatt („Feuille du bureau d’adresses“) zu veröffentlichen. Dasselbe fand schon 1652 in London, aber erst 1727 in Berlin, 1763 in Leipzig Nachahmung. Eben so langsam war der Fortschritt vom Stellenvermittelungsblatt zu dem Universaldienst des Inserats in der Gegenwart. Die Verbreitung und Ausbeutung desselben hing vom politischen Zustand der Staaten und Völker ab; daher wurde in dieser Beziehung Frankreich bald von England und dieses von Nordamerika überflügelt, während Deutschland hinterher lahmte und erst, seitdem die deutsche Reichsmacht den Unternehmermuth gestärkt, Lord Macaulay’s Ausspruch anerkennt: „Die Annoncen sind dem Geschäft, was der Dampf für die Maschine ist: die große bewegende Kraft.“ Wenn auch bei uns noch nicht wie von Nordamerika erzählt werden kann, daß in einem Staat, dem von New-York, allein in einem Jahr (1878) etwa 20 Millionen Mark für Inserate verausgabt wurden, so überzeugt uns heute jedes Zeitungsblatt mit Inseraten, wie man diesen die rechte Form zu geben und sie so auffällig zu machen versteht, daß man bei den meisten eine illustrirte Zeitung vor sich zu haben glaubt. Welche typographische Kunststücke dabei geleistet werden können, davon theilt das Buch, das der Verfasser einer Leipziger humoristischen Gesellschaft (der „Insulaner-Riege“) gewidmet hat, selbst einige zum Theil grotesk humoristische Beispiele mit.

Die übrigen vier Abtheilungen des Werkes führen uns in das specielle Reklameverfahren der einzelnen Stände und Klassen ein und lassen Sitten und Unsitten der verschiedensten Völker und Zeiten, in Wort und Bild dargestellt, an uns vorüber gehen. Begegnen wir dabei manchem Lieblichen und Anmuthigen, so fehlt es auch nicht an Gegenständen so gräßlicher Natur, namentlich in der Reklame des Heldenmuths der Wilden, daß das Auge gern rasch daran vorüber geht. Desto mehr fesseln den Leser die Schilderungen und Beschreibungen mit den reichen Geschichts- und Anekdotenschätzen dieses Buchs. Friedrich Hofmann.

Der Reisewagen Napoleon’s I. Was ist aus jenem Reisewagen des französischen Kaisers geworden, den die Preußen nach der Schlacht bei Waterloo erbeuteten? Derselbe befindet sich auf der Herrschaft Krieblowitz in Schlesien, wo Feldmarschall Blücher in der letzten Zeit seines Lebens gern verweilte und wo er auch auf einer waldigen Anhöhe in der Nähe des Schlosses seine letzte Ruhestatt gefunden. Dieser Reisewagen, in welchem, als er in Genappe von Blücher’s Soldaten mit Beschlag belegt wurde, sich noch Hut und Degen des Kaisers befanden, der ihn soeben verlassen, wurde dem tapferen Marschall Vorwärts zum Geschenk gemacht, und er pflegte sich oft des sehr bequemen Fuhrwerks zu bedienen. Auch die sechs Grauschimmel, welche die Stadt Paris mit dem Wagen dem Kaiser nach seiner Rückkehr von Elba geschenkt hatte, waren in den Besitz des Fürsten Blücher übergegangen. Der Wagen, mit seinem Goldbeschlag äußerlich gut erhalten, wenn auch innerlich etwas in Verfall, steht noch in der Wagenremise zu Krieblowitz.

Gegen diese Mittheilung schlesischer Blätter wird von London aus Protest erhoben. Dort wird der bei Genappe erbeutete Wagen Napoleon’s I. in der Wachsfigurenausstellung der Madame Tussand, wie auch die beliebtesten Reisehandbücher mittheilen, gezeigt; er soll für 2500 Pfund gekauft worden sein: doch das soll nicht der Reisewagen des Kaisers, sondern sein Staatswagen sein. Daß der erstere, von Blücher’s Soldaten erobert, dem Fürsten zugefallen, ist eben so glaubwürdig wie historisch beglaubigt.

Deutsche Kriegergräber in Metz. In den denkwürdigen Augusttagen der Schlachtentrilogie um Metz sowie in den verschiedenen Ausfallgefechten bis zur Kapitulation hatten die Franzosen eine Anzahl schwerverwundeter Deutschen mit nach der Festung hineingenommen, wohl mehr, um dadurch eine größere Anzahl Kriegsgefangener den Bewohnern zu zeigen, als diese Unglücklichen wieder herzustellen; denn das wäre doch außerhalb der belagerten Festung eher gelungen, als in derselben, wo schon genug Kranke und Verwundete lagen und außerdem die Nahrungsmittel täglich knapper wurden.

Von diesen deutschen Verwundeten ist denn auch eine große Anzahl in Metz gestorben und begraben. Auf dem großen Militärfriedhofe befindet sich ein Grab, in welchem etwa 280 deutsche Krieger dem großen Appell entgegenschlafen; außerdem sind in den französischen Massengräbern (7203 französische Soldaten ruhen darin) auch noch vereinzelte Deutsche gebettet.

Außer einem kleinen, halb zerschlagenen Sandsteine, der kaum sichtbar und nur etwa 25 Centimeter über dem Boden emporsteht und die Aufschrift trägt: „Section Fosse Prussien“, bezeichnet kein Denkmal die Ruhestätte dieser Tapferen, während ein imposantes Denkmal für die französischen Soldaten und ein ebensolches für die gefallenen französischen Officiere errichtet ist, deren Unterhaltung die Stadt Metz übernommen hat. Auf einem der französischen Massengräber nur befinden sich drei Gedenksteine für darin ebenfalls ruhende tapfere deutsche Soldaten, gesetzt von überlebenden Angehörigen und Freunden; diese Steine tragen Aufschriften.

Der Metzer Turnverein sowie der Kriegerverein – beides Vereine, die sich zur Aufgabe gestellt haben, alljährlich im August die zahlreich sich um Metz befindenden Kriegergräber zu schmücken – haben nun die Initiative ergriffen, um auch den auf dem Friedhofe zu Metz ruhenden deutschen Soldaten, welche bei den Kämpfen um diese Stadt ihr Leben verloren, ein würdiges, wenn auch bescheidenes Denkmal zu setzen, und zwar unmittelbar bei ihren Gräbern, neben den französischen Denkmälern. Jeder der beiden Vereine hat zur Herstellung desselben bereits die nöthige Summe bewilligt, und soll dasselbe die Form eines Obelisken erhalten, der mit einem Adler gekrönt ist. Das Fundament ist bereits gelegt.

Fundbureaus. Unsere auf Seite 724 des vorjährigen Jahrgangs ausgesprochene Hoffnung, die im Bereiche der preußischen Staatsbahnen getroffene Einrichtung der Fundbureaus bald auf die gesammten deutschen Bahnen ausgedehnt zu sehen, hat sich bereits verwirklicht, indem der Deutsche Eisenbahn-Verkehrsverband gemeinsame Vorschriften für die Behandlung der im Bereiche der deutschen Eisenbahnen zurückgelassenen bezw. aufgefundenen Gegenstände vereinbart hat. Es sind nunmehr Fundbureaus in Karlsruhe, München, Nürnberg, Straßburg, Darmstadt, Berlin, Gießen, Altona, Breslau, Bromberg, Erfurt, Frankfurt a. M.-Sachsenhausen, Hannover, Köln, Magdeburg, Dresden, Stuttgart, Aachen, Stettin, Crefeld, Mainz, Glückstadt, Kiel, Lübeck, Marienburg, Schwerin, Nordhausen, Königsberg, Ludwigshafen a. Rh., Jena, Weimar, Meiningen und Neumünster eingerichtet.

Bekanntmachungen in den Wartesälen und Eisenbahnwagen werden den Reisenden weiteren Aufschluß geben.

Skat-Aufgabe Nr. 10.
Von K. Buhle.

Die Vorhand gewinnt mit folgender Karte:

(p. Z.) (p. K.) (p. 9.) (p. 8.) (p. 7.) (tr. As.) (tr. 9.) (tr. 8.) (tr. 7.) (c. As.)

obwohl kein Trumpf im Skat liegt, ein Grün(p.)-Solo mit Schneider, denn die Gegner bekommen höchstens 30 Augen.[1] Sie würde aber ihr Solo mit Schneider verlieren, sobald die Gegner nur ein Blatt von gleichem Werthe in Nebenfarben mit einander tauschen dürfen. – Wie sitzen die Karten und wie ist in beiden Fällen der Gang des Spiels?

Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 9 auf S. 452.
Die Kartenvertheilung ist folgende: Skat eD, eK.
I. Gegner zur rechten Hand: gU, eZ, eU, e9, e7, rZ, rO, r9, sK, sZ.
II. Gegner zur linken Hand: eO, gD, gK, gO, g9, rD, rK, sD, sU, s8.
I. Wenn der erste Gegner (z. r. H.) die Vorhand hat:

a. 1. sZ! s9, sD. 2. gD, gU, gZ. 3. gK, sK! g8. 4. s8, bel. s7. 5. sU, bel. sO ×

b. 1. r9! r8, rD. 2. rK, rO, rU. 3. s8, sZ, s9. 4. rZ! r7, eO! 5. e7, e8 ×

II. Wenn der zweite Gegner (z. l. H.) die Vorhand hat:

a. 1. g9!! gU, gZ. 2. sZ, s9, sD. 3. gD! sK! g8. 4. s8, bel. s7. 5. sU, bel. sO ×

b. 1. rD! rO, rU. 2. rK, rZ, r8. 3. s8! sZ, s9. 4. r9! r7, eO! 5. e7, e8. ×


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.)

R. S. in Berlin. Nicht bloß in einem südafrikanischen Freistaat ist, wie wir berichteten, der neunzigste Geburtstag Kaiser Wilhelm’s gefeiert. worden, sondern auch in einem südamerikanischen. Aus Sucre in Bolivia berichten die Zeitungen von einem glänzenden Fest, welches die deutsche Kolonie an diesem Tage beging und welchem der Präsident der Republik Dr. Gregorio Pacheco mit seinen Ministern und anderen hohen Würdenträgern beiwohnte. Der große Festsaal war mit den Farben von Deutschland und Bolivia geschmückt und neben der Nationalhymne von Bolivia ertönte die Wacht am Rhein. An begeisterten Toasten fehlte es nicht – und der Präsident nahm Anlaß, das Lob der deutschen Kolonie zu verkünden, welche immer auf die Zuneigung und Achtung der Bolivianer und auf die besondere Rücksichtnahme der Regierung rechnen dürfe: er sprach seine Sympathien für die ganze deutsche Nation und herzliche Glückwünsche für den erhabenen Kaiser aus.

Frau M. in Rostock. Sie sind eine Gegnerin des Balletts und brechen über die Ballett-Tänzerinnen den Stab vom Standpunkte der bürgerlichen Moral. Dem gegenüber wollen wir Sie darauf aufmerksam machen, daß in Nanterre, wo alljährlich ein Rosenmädchen gekrönt wird, diesmal eine junge Ballett-Tänzerin den Tugendpreis erhalten hat, und zwar nicht etwa wie die Boulotte aus Offenbach’s „Blaubart“ durch ein aus der Tugendlotterie ihr zugefallenes Los, sondern nach reiflichen Erwägungen der Preisrichter. Alice Ebrant ernährt seit zehn Jahren ihre Eltern und hat drei Brüder erziehen lassen – alles von den Einnahmen der Ihnen so verwerflich scheinenden Kunst.


Inhalt: Der lange Holländer. Novelle von Rudolph Lindau (Fortsetzung). S. 469. – E. Marlitt. S. 472. Mit Illustrationen S. 469, 473, 475 und 476. – St. Moritz-Bad. Ein Oberengadiner Sommerbild von Woldemar Kaden. S. 477. Mit Illustrationen S. 477, 478, 480 und 481. – Magdalena. Von Arnold Kasten (Fortsetzung). S. 479. – Blätter und Blüthen: Sklavenexekutionen in Afrika. S. 483. – Der Kampf zwischen den Wollenen und Baumwollenen. S. 483. – Ein litterarischer Schutzmann. S. 483. – Reklame über Reklame. Von Friedrich Hofmann. S. 484. – Der Reisewagen Napoleon’s I. S. 484. – Deutsche Kriegergräber in Metz. S. 484. – Fundbureaus. S. 484. – Skat-Aufgabe Nr. 10. Von K. Buhle. S. 484. – Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 9 auf S. 452. S. 484. – Kleiner Briefkasten. S. 484.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

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  1. Vergl. Allg. Deutsche Skatordnung, § 12. Anmerkung.