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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

den von den Schwingen unterstützten Lauf und Sprung die Beute zu erhaschen. Oft schlägt er den Nager, indem er mit ihm einen großen Bündel Genist oder Moos packt. Halbe Tage lang sitzt er wie gebannt an einer Stelle, wo ihm ein verletztes Rebhuhn oder ein angeschossenes Häschen entronnen ist. Qualvoll für das Opfer ist sein langsames Morden, herzzerreißend der Schrei der Todesangst unter seinen deckenden ausgebreiteten Schwingen. Tapfer, aber erfolglos wehrt sich gegen ihn der Hamster, zuweilen mit Erfolg dagegen die Kreuzotter, die einen langen Kampf mit ihm besteht.


Steinadler mit Beute.


Bussarde und Gabelweihen oder Milane gehören zu den sogenannten Schmarotzern unter den Tagraubvögeln, welche den edlen Falken den Raub abtrotzen. In der Nähe der Schauplätze der Großthaten der Edelfalken sitzen sie stunden- und tagelang auf der Lauer, und sobald jene in ihrer kühnen, gewandten Ausführung den Raub vollzogen haben, kommen die lästigen Dränger heran und folgen ihnen zu den Plätzen, wo sie kröpfen wollen. Mit unverschämtester Frechheit dringen die Gierigen auf sie ein wie Diebsgesindel und nöthigen die Falken, ihnen nicht „großmüthig“, wie falsche Beobachter und ungenügende Kenner der Thierseelen sich auszudrücken pflegen, sondern „widerwillig und gezwungen“, wie die richtige Bezeichnung nur sein kann, den Raub zu überlassen. Die Schmarotzer ziehen diesen Nutzen und Vortheil aus dem Unvermögen der edlen Falken, sich auf dem Boden zu vertheidigen. Wie letztere auf dem Boden nicht rauben können, so fehlt ihnen auch da die Wehrfähigkeit. Aber es kommt noch etwas Anderes hinzu. Je edler der Räuber ist, desto mehr haßt er das Aufsehen Erregende bei seinen Thaten, und wenn es Tumult und Aufruhr giebt, läßt er zuweilen schon sogleich nach der Ergreifung der Beute dieselbe wieder fallen. Schreiend haben wir sogar dem Hühnerhabicht in nächster Nähe das geschlagene junge Huhn abgejagt. Nichts haßt der edle Räuber mehr, als laute, auffallende Scenen, bei denen ihn das Gefühl der Unheimlichkeit und der Unsicherheit befällt. Denn wohlgemerkt! die Mordleidenschaft überragt um Vieles die Sättigungsgier; letztere tritt unter entgegenwirkenden Eindrücken weit eher zurück. Läßt doch der Edelfalk oft schon beim Ansichtigwerden der Schmarotzer die Beute sogleich fahren, während ihre Anwesenheit die Ausführung des Fangschlags nicht hindert.


(Fortsetzung folgt.) 




General von Werder.

Ein Nachruf von E. v. Wald-Zedtwitz.
(Mit Portrait S. 669.)

Ihre heldenmüthige, dreitägige siegreiche Vertheidigung Ihrer Position, eine belagerte Festung im Rücken, ist eine der größten Waffenthaten aller Zeiten. Ich spreche Ihnen für Ihre Führung, den tapferen Truppen für ihre Hingebung und Ausdauer meinen königlichen Dank, meine höchste Anerkennung aus und verleihe Ihnen das Großkreuz des Rothen Adler-Ordens mit Schwertern als Beweis dieser Anerkennung.“

Das waren die Worte, welche nach den ruhmreichen Schlachten des 15., 16. und 17. Januar 1871 Seine Majestät der König einem seiner ältesten Generäle, August von Werder, mit herzlichem

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 685. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_685.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2023)