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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

in die Nationsuniversität und 1863 in den Landtag nach Hermannstadt gewählt, betrat denselben als am 20. April gewählter Pfarrer von Agnethlen und als solcher 1864 bis 1865 den Reichstag in Wien. Hier stiegen die drohendsten Wolken für das Sachsenland abermals empor: die Zweitheilung des Reiches und die Einverleibung Siebenbürgens in Ungarn – und dazu die magyarische Staatsidee. Er kämpfte dagegen mit aller Entschiedenheit, bis der parlamentarische Sieg der Ungarn gelungen war und er selbst der Königskrönung in Ofen beigewohnt hatte. Es war nur eine Verlegung seiner patriotischen Thätigkeit auf ein weiteres Gebiet, als er am 19. September 1867 von der sächsischen Landeskirchenversammlung zum Superintendenten oder evangelischen Landesbischof Augsb. Bekenntn. gewählt und ihm als solchem am 12. November 1868 Hermannstadt als Amtssitz angewiesen wurde. Tapfer hat Bischof Teutsch im Verlaufe dieser zwanzig Amtsjahre für sein Herzenskleinod, die deutsche Schule, gekämpft.

Das Portrait, welches wir mitgeben, ist gut, aber es ist doch nur ein Holzschnitt, aus welchem kein Auge leuchtet. Denke man sich dieses Haupt auf eine hohe Gestalt, an deren fester und doch vornehmer Haltung die Jahre Nichts geändert haben, sehe man den ernsten und scharfen und doch so freundlichen Blick der Augen und höre den Vollklang der Stimme, der man anmerkt, daß sie von Herzen zu Herzen zu reden gewohnt ist: dann erst wird das wahre Bild des Mannes vor unserer Seele lebendig werden. Friedrich Hofmann.     

Weihnachten im Verein. (Mit Illustration S. 844 und 845.) Die Vereinsmitglieder sind in einer glücklichen Lage: erst kommt die Bescherung „daheim“ an die Reihe, das reizvolle, fröhliche Fest im Kreise der Familie, und dann schließt sich ein zweites Weihnachtsfest an: das „im Verein“. Oft schon viele Wochen vorher pflegen die schwierigen Berathungen stattzufinden, wie, wann und wo das wichtige Fest gefeiert werden, wer es leiten und wer alles Nöthige zum strahlenden Christbaum besorgen soll: die buntfarbigen Kerzen, die Lichtehalter, den Gold- und Silberflitter, die Süßigkeiten etc. Und ist der erwartete Abend endlich da, so stellen sich auch die sonst saumseligsten Mitglieder des Vereins mit ihren Frauen und erwachsenen Kindern rechtzeitig ein und nehmen an der herrschenden lebhaften Stimmung heiteren Antheil. Ein reiches Mahl, mit Humor gewürzte Toaste und Tafellieder befestigen die gute Laune, und sie erreicht ihren Höhepuukt, wenn’s an die Plünderung des Baumes geht und ein Zweig nach dem andern an den „Meistbietenden“ versteigert wird – zu wohlthätigen Zwecken oder zum Besten der „nimmersatten“ Kasse des Vereins. Diesen Moment stellt unser Bild dar. Die bedienende Kellnerin und die großen Maßkrüge lassen leicht erkennen, daß der in München lebende Künstler den Stoff zu seinem Bilde aus seiner nächsten Umgebung geschöpft hat. Mag aber auch das Fest in der schönen Isarstadt in manchen Aeußerlichkeiten ein besonderes Gepräge tragen: ähnlich gehoben und festesfroh geht es überall zu, wo „Weihnachten im Verein“ gefeiert wird. * *      

Das kaiserliche Schloß in Straßburg. (Mit Illustration S. 849.) Dieser Palast erhebt sich im Norden der alten Stadt und ungefähr in der Achse derselben von Süden gegen Norden. Er bildet mit den neuen Universitätsgebäuden den Mittelpunkt der Stadterweiterung am linken Ufer der Ill, wie die Universität für das Gebiet am rechten. – Die Façaden der beiden Gebäude sind sich einander zugewendet. Es wird eine stolze Straße sein, wenn einmal die monumentale Brücke über die Ill führen und die Straßenzeile ausgebaut sein wird, an deren beiden Eckquadraten gegen den Kaiserpalast hin sich öffentliche Gebäude – man spricht vom Landesausschußgebäude und der Landesbibliothek – erheben werden. Der Bau des Kaiserpalastes steht unter der Leitung des verdienten Landbaumeisters Eggert, der sich bei den Universitätsbauten als tüchtiger, allen Schwierigkeiten seiner Aufgabe gewachsener Architekt gezeigt hat. Er konnte den Bau vor etwa drei Jahren beginnen. Die für einen Kaiserpalast etwas geringen Verhältnisse – wir zählen ungefähr 75 Meter Façade auf 50 Meter Tiefe ohne Apsis – bemessen sich nach den finanziellen Mitteln, die vom Reichstage gefordert und von diesem bewilligt wurden. Der Stil ist der des toskanischen Palastbaues der Frührenaissance.

Eine mächtige Kuppel, die auf den Hauptraum im Innern deutet, überragt den gedrungenen Bau, der bis an das Gesims Rusticamauern zeigt. Die Nischen über dem Eingange sind mit trefflich ausgeführten allegorischen Figuren gefüllt; reiches Cartouchenwerk schmückt die Strebewände zwischen den Fenstern. Eine Eigenthümlichkeit des Baues ist die Dachbedeckung, die nach altgriechischem Muster aus mannigfach geformten Thonziegeln sich zusammensetzt und von „Villeroy und Boch“ geliefert wurde. Die Bauarbeit war von der bekannten Firma Holtzmann in Frankfurt a. M. übernommen worden, welche bei dem Universitätsbau ihre Leistungsfähigkeit in so glänzender Weise erprobt hatte.

Ein banges Gefühl erfüllt heute die Seele des Vorüberwandernden. Im vorigen Jahre, als wir bei den glänzenden Kaisermanövern unsern Kaiser und an seiner Seite den Kronprinzen in Straßburg sahen, dachten wir an die stolzen Tage des nächsten Kaiserbesuches im Kaiserpalast – und heute? Mögen, wenn das Kaiserbanner zum ersten Male über dem Gebäude schwebt, unsere Befürchtungen zerronnen sein, wie dichter Herbstnebel vor der siegenden Sonne!

Vor dem Friedensrichter. (Mit Illustration S. 853.) Auch bei dem glücklichen Volk der Gefilde, das, wie der Dichter singt, noch nicht zur Freiheit erwacht ist, spielen Ehestreitigkeiten eine große Rolle: hier sehen wir einen älteren Bauersmann mit seiner Frau vor dem Friedensrichter; sie führt offenbar das große Wort und droht durch ihre Beredtsamkeit den alten Mann, der ihr andächtig mit gefalteten Händen zuhört, ganz in den Hintergrund zu drängen. Der Friedensrichter, der sich seine Brille putzt, wahrscheinlich, um klarer in dem Fall zu sehen, wendet seine ganze Aufmerksamkeit der mit solchem Eifer und, wie es scheint, mit solcher Siegesgewißheit plaidirenden Bäuerin zu. Nach ihrer Tracht zu urtheilen, ist sie eine württembergische Oberländerin, denn sie trägt die sogenannte Radhaube. Diese besteht aus einem Drahtgestell, auf das ein schwarzer Spitzengrund und in der Mitte farbige Bänder aufgezogen sind; der Theil, der den Hinterkopf umschließt, besteht aus Goldstoff mit schwarzem Spitzenstoff überzogen und hat auf der hintern Radfläche eine Fortsetzung, den sogenannten Boden der Haube, der etwa handgroß aus reicher Goldstickerei mit farbigen Steineinlagen besteht; die Haube wird durch farbige Bänder unter dem Kinn festgehalten. Der schlichte Bauer wird schon durch den landesüblichen bunten Aufputz seiner Ehehälfte in den Schatten gestellt. Wie auch das Urtheil des Friedensrichters ausfallen mag: der Ehemann wird auf dem Heimweg keine besonders gute Stunde verleben. †      

Lohmeyer’s „Deutsche Jugend“. Wieder einmal wendet sich der beste, gediegenste Freund der deutschen Kinderwelt an die Kinder – die Eltern – mit der Ermunterung: wünscht – kauft! Er thut es zunächst im weihnachtlichen Gewande, in Buchform gesammelt. Durch viele Jahre hat er seinen Rang als werthvollste Jugendzeitschrift, als eines der erwünschtesten Buchwerke für den Weihnachtstisch behauptet; die Empfehlung, welche die Kritik ihm immer neu auf den Weg mitgiebt, ist nicht lauer geworden; die bedeutsamsten Anregungen zur Hebung unserer Jugendlitteratur – ja der Jugendlitteratur des gesammten Auslandes sind der mustergültig vornehmen Haltung dieser Schöpfung des unermüdlich für die Jugend arbeitenden und sorgenden Julius Lohmeyer zu danken. Einst mehr dem jüngeren Alter zugeneigt, hat sich der Inhalt immer mehr der reiferen Jugend zugewendet; minder mannigfaltig, ist er jetzt um so ausgiebiger für die Jahre vom 10. ab gerechnet. Auch das äußere Gewand ist neuerdings ein etwas anderes geworden, das Format handlicher, bezüglich der Illustration eine Wandelung in so fern eingetreten, als unter Würdigung der großen Vervollkommnung, welche neuerdings andere Vervielfältigungsarten neben dem Holzschnitte erfahren, sowie der wachsenden Vorliebe für die Farbe, der früher einzig und in hoher Vollkommenheit für das Blatt verwendete Holzschnitt zum Theile durch Benutzung anderer Technik und durch die Beigabe von Buntdrucken ersetzt erscheint. Hat sich damit der illustrative Theil auf der Höhe der Konkurrenz erhalten, so ist der textliche dem alten Motto des Blattes treu geblieben: „Für die Jugend ist das Beste gerade gut genug.“

Hochwillkommen ist sicherlich die Herabminderung des Preises auf die Hälfte des früheren. Diese dankenswerthe Maßregel der jetzigen Verlagsfirma Leonhard Simion, Berlin, macht die „Deutsche Jugend“ Kreisen zugänglich, welche sich einst die Anschaffung derselben versagen mußten, zum Vortheil einer weit geringwerthigeren Jugendlitteratur. Möchte über der Buchausgabe nicht vergessen werden, daß auch ein Abonnement auf das Blatt zu den Weihnachtsspenden zählt, welche des Dankes sicher sind!


Inhalt: Jascha. Von W. Heimburg. S. 841. – Skizzen von einer Sängerfahrt nach Amerika. Von Herm. Mohr. II. Buffalo-Chicago. S. 847. – Der Unfried. Eine Hochlandsgeschichte von Ludwig Ganghofer (Fortsetzung). S. 850. – Im Kinderhospital. Ein Skizzenblatt von Elise Polko. S. 855. – Der erste Generalpostmeister des Deutschen Reichs. Mit Portrait. S. 857. – Blätter und Blüthen: Weihnachtsbüchertisch. S. 859. – Der evangelische Bischof der Siebenbürger Sachsen. Von Friedrich Hofmann. S. 859. Mit Portrait. S. 841. – Weihnachten im Verein. S. 860. Mit Illustration S. 844 und 845. – Das kaiserliche Schloß in Straßburg. S. 860. Mit Illustration S. 849. – Vor dem Friedensrichter. S. 860. Mit Illustration S. 853. – Lohmeyer’s „Deutsche Jugend“. S. 860.



Soeben erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Anleitung zur Pflege der Zähne und des Mundes
nebst einem Anhang: Ueber künstliche Zähne
von Dr. Wilhelm Süersen senior.
Königlich Preußischer Geheimer Hofrath und Hofzahnarzt in Berlin.
Gekrönte Preisschrift, herausgegeben vom Central-Verein deutscher Zahnärzte.
Zehnte, neu durchgesehene Auflage. Preis broschirt M. 2.—, elegant gebunden M. 2.50.
Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.

Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 860. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_860.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2023)