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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

wiederum der Thierschutzverein in Darmstadt gesorgt; er liefert gut eingerichtete Nistkästen, die wahrlich recht billig sind; denn so ein „Wohnhaus“ für Staare kostet 85 Pfennig, eine „Villa“ für Meisen 80 Pfennig, für Rothschwänzchen und Fliegenschnäpper nur 45 Pfennig.

Bald werden die Osterglocken läuten; der junge Lenz wird seinen Einzug halten und aus der Fremde werden die gefiederten Sänger heimkehren. Viele von ihnen, viele Tausende der schönsten werden aber in der alten Heimath vergeblich nach einer passenden Wohnung suchen und sich gezwungen sehen, weiter zu wandern. Versuchen wir sie festzuhalten; hängen wir passende Nistkästen auf! Die fortgeschrittene Kultur hat die Wälder gelichtet und die Vögel vertrieben; die noch mehr fortgeschrittene Wissenschaft vermag den Schaden wieder gut zu machen und die nützlichen Vögel wieder an unsere Scholle zu fesseln. An diesem Sieg des menschlichen Geistes mitzuwirken, ist gewiß schön und der Mühe werth. *      

Vereidigung der Artilleristen in Berlin. Der größte mit Glas bedeckte Hof des Zeughauses, auf dem bei schlechtem Wetter auch die tägliche Paroleausgabe stattfindet, war in den letzten Tagen mehrfach der Schauplatz der Truppenvereidigung, indem einzelne Artillerie- und Infanterieabtheilungen aus den umliegenden Kasernen, statt auf deren Höfen, des heftigen Regens wegen, hier die feierliche Handlung vornahmen und inmitten der stolzen Trophäen dem Kaiser Friedrich den Eid der Treue leisteten. Unser Bildchen giebt einen dieser weihevollen Augenblicke wieder.

Vereidigung der Artilleristen im Zeughause zu Berlin.

Versuchspflanzungen. Die Erfahrungen und Beobachtungen, welche Hermann Soyaux auf seinen Reisen gemacht, hat er unter dem Titel „Deutsche Arbeit in Afrika“ (Leipzig, F. A. Brockhaus) zusammengestellt. Die Schrift enthält viele wichtige praktische Vorschläge und Ratschläge und besonders einen interessanten Abschnitt „Die Erziehung afrikanischer Eingeborener“, in welchem der Verfasser sich gegen die herrschende Ansicht von der Faulheit der Neger erklärt. Die Aufgabe, den freien Neger zur Plantagenarbeit zu erziehen, decke sich mit derjenigen, ihm überhaupt Kultur fruchtbringend zuzuführen. Bei dem Plantagenbau erklärt sich Soyaux entschieden für staatliche Versuchspflanzungen, um die Frage zu entscheiden, welches die Gewächse sind, die den werthvollsten Ertrag geben und welches die Methoden sind, diese Gewächse am billigsten zu kultiviren. Kleine Versuchspflanzungen, auf Gartenbeeten vorzüglich gepflegt, genügen dazu nicht, sondern nur Kulturen, die in großem Maßstabe betrieben werden; der Staat aber solle die Leitung und Kontrolle der Vorarbeiten übernehmen, um dadurch abschreckendem und lähmendem Schaden des Einzelnen vorzubeugen und zuverlässige Erfahrungen zu gewinnen; auch der Zusammenhang mit den Forschungsreisen, die der Staat so in die Hand genommen, werde von Wichtigkeit seine; eine solche Plantage werde das beste Hauptquartier für die wissenschaftlichen Forscher abgeben. Doch auch wenn der Staat sich nicht daran betheilige, müsse die Anlage von Versuchsplantagen als nothwendig angesehen werden. Untersuchungen über die physikalische und chemische Beschaffenheit des Bodens, den Charakter der ursprünglichen Vegetation, die klimatischen Verhältnisse würden ihm Fingerzeige genug geben.

„In einem Gebiet, dessen Wälder wildwachsenden Kaffee, Vanillearten, kakaoähnliche Gewächse, überhaupt nahe Verwandte anderer tropischen Nutzpflanzen aufweisen, auch mit Berücksichtigung der für Befruchtung oft unumgänglich nöthigen Insektenwelt, wird er sofort greifbare Anhaltspunkte haben; ebenso wird er da seine Schlüsse ziehen, wo schon etwa originale Nutzgewächse ihre Produkte dem Handel zuführen, nützliche Palmen einheimisch sind, Ernten guten Kautschuks gewonnen werden, wo die Qualität einheimischen Tabaks Vortheile bei rationellem Anbau verspricht oder etwa vorhandene Baumwolle oder Zuckerrohr in guter Qualität rentable Ernten in Aussicht stellen. Ueberhaupt wird es ihm das Nächstliegende sein, die einheimische Flora auf ihren kulturellen Werth zu prüfen, Versuche mit der Kultur schon bekannter Handelsgewächse aufzustellen und mit Hilfe der Wissenschaft in der bisher unbeachteten Vegetation Pflanzen zu finden, deren Fasern, Harze, Milchsäfte, Farbstoffe, Fruchtsäfte, ätherische Bestandteile etc. so werthvoll sind, daß sie ihn zu versuchsweisem Anbau veranlassen.“

Natürlich dürfen solche Probepflanzungen nicht unter außergewöhnlichen Verhältnissen angestellt werden, sondern man muß auf die Durchschnittserscheinungen achten; alle Beobachtungen müssen aufgezeichnet und in Beobachtungstabellen zusammengestellt werden, wie das in Britisch-Indien geschieht, wo man, durch Schaden klug geworden, noch jetzt Versuchsplantagen anlegt. Auch die Winke betreffs der Behandlung der Rohprodukte und der in solchen Pflanzungen einzufahrenden Viehzucht sind beherzigenswerth.

Wer interessirte sich nicht heute für unsere zukunftsreichen Kolonien, für die Ausbreitung deutscher Reichsmacht in fernen Zonen? Das Zusammenwirken aller erleuchteten deutschen Geister in Wort, Schrift und That ist unerläßlich, wenn unser Kolonialbesitz bald zur Blüthe gelangen soll, und einige Bausteine dazu hat auch Soyaux in seinem Werke beigetragen. †      

Der englische Thronfolger führt bekanntlich den Titel „Prinz von Wales“, und hierzu gab folgender Vorfall die Veranlassung: Als König Eduard I. Wales erobert hatte, residirte er eine Zeit lang in dem Lande, aber die Bewohner und namentlich der Adel verhielten sich noch lange Zeit feindselig gegen den neuen Herrscher. Der König glaubte den Grund darin zu finden, daß die alten Barden, die Sänger und Dichter des Volkes, die Erinnerung an den Ruhm und die Tapferkeit der Vorfahren der Unterjochten in der großen Menge wach erhielten, und befahl, diese Träger der nationalen Dichtung zu tödten. Doch die Bedrohten entflohen oder wurden von den Bewohnern verborgen gehalten; das Volk aber kam zu der Einsicht, daß es sich dem Sieger werde unterwerfen müssen, und suchte im Vereine mit den Edelleuten möglichst günstige Bedingungen zu erzielen. Der König war zu Zugeständnissen bereit und versprach sogar, ihnen als Statthalter einen Waleser von Geburt, der kein Wort Englisch verstehe, zu geben. Das war mehr, als die Besiegten erwartet hatten; aber die Enttäuschung blieb nicht aus, als Eduard I. ihnen erklärte, er habe zu diesem Posten seinen eigenen Sohn ernannt, der eben erst im Schlosse Carnarvon geboren worden war und natürlich kein Wort Englisch verstand. Der Titel: „Prinz von Wales“ aber ist seit dieser Zeit ausschließliches Privileg des ältesten Sohnes der englischen Herrscher geworden.

Abschied. (Vergl. die Kunstbeilage.) Das Originalgemälde von Mathias Schmid, von dem wir unseren Lesern zum Ostergruß eine Nachbildung bringen, stellt alle Vorzüge des bedeutenden Künstlers zur Schau, der in die großartige Scenerie seines tiroler Heimathlandes oft so ernst wehmütige Bilder aus dem Volksleben von wunderbarer Naturtreue hineinschafft. Auf unserem Bilde, wo der Bursche bereits das geschnürte Bündel neben sich liegen hat, um fortzuwandern, ist besonders der Gesichtsausdruck des Mädchens von zartester Innigkeit. Die Stimmung des Landschaftsbildes ergänzt diejenige des scheidenden Paares; über dem Ganzen liegt der Hauch stiller Wehmut ausgebreitet. †      


Inhalt:

[ Das Inhaltsverzeichnis wird derzeit nicht transkribiert. ]



manicula Hierzu die Kunstbeilage: „Abschied“, Ostergruß der Gartenlaube an ihre Leser.


Nicht zu übersehen!

Mit nächster Nummer schließt das erste Quartal dieses Jahrgangs unserer Zeitschrift. Wir ersuchen daher die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das zweite Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.


Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen Reichspostamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche Nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 PFennig erhäht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 69 PFennig).

      manicula Einzeln gewünschte Nummern liefern wir pro Nummer incl. Porto für 35 Pfennig (2 Nummern 60 Pf., 3 Nummern 85 Pf.). Den Betrag bitten wir bei der Bestellung in Briefmarken einzusenden.

Die Verlagshandlung.     

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_199.jpg&oldid=- (Version vom 23.7.2023)