Seite:Die Gartenlaube (1888) 317.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

Die Erfolge dieses zielbewußten Strebens, dieser Anstrengung aller Kräfte und des muthigen, rastlosen Vorwärtsschreitens auf dem begonnenen Wege waren bisher große und glänzende und sie werden sicherlich auch fernerhin in ähnlicher Weise nicht ausbleiben. Stolze und schöne Worte sind es denn auch, welche der Berliner Magistrat seinem letzten Verwaltungsbericht vorangesetzt hat, welche eine ehrlich verdiente Anerkennung des allgemeinen Arbeitens und Ringens enthalten und die hier als Schlußstein unserer flüchtigen Betrachtung dienen mögen: „Wohl keine Stadt diesseit des Oceans hat in den letzten fünfundzwanzig Jahren, im Verhältniß zu ihrer bisherigen Volkszahl, ein so staunenerregendes Wachsthum aufzuweisen. Die Lage Berlins, fast im Mittelpunkt von Deutschland und Europa, welche erst im Jahrhundert der Eisenbahnen voll zur Geltung kommen konnte, der Fleiß und die Genügsamkeit seiner aus einer Mischung verschiedenartiger Volkselemente hervorgegangenen Bewohnerschaft, endlich die günstigen politischen Gestaltungen der letzten Jahrzehnte haben in glücklicher Wechselwirkung zu dieser von der älteren Generation seiner Einwohner in ihren Jugendjahren nicht geahnten Entwickelung beigetragen. Berlin, die Hauptstadt des mächtigsten Gliedes der europäischen Staatengruppe, die Residenz eines auf dem ganzen Erdball bewunderten Fürsten, ist zugleich der bedeutendste Handels- und Börsenplatz des kontinentalen Europas geworden, auf dessen Wichtigkeit als Weltmarkt, als internationales Komptoir zur Regelung von Schulden und Anleihen auswärtiger Länder England nicht ohne Grund eifersüchtig zu werden begonnen hat.“




Nachdruck verboten.     
Alle Rechte vorbehalten.
Der Kampf um die Kunst.
Von Karl Erdm. Edler.
(Schluß.)

Ein Arzt war in der Rettungsanstalt augenblicklich zur Stelle, die Wiederbelebungsversuche zeigten sich erfolgreich. Jakobäa schlug die Augen auf und blickte erstaunt um sich. Dann führte man sie in ihre Wohnung. Fräulein Nina setzte sich auf den Rand ihres Bettes und blickte die nun Schlummernde mit feuchten Augen an. Sie war zu Tode erschreckt und zugleich schmerzlich gekränkt. Monsieur Demarre im Himmel und sämmtliche Theater auf Erden waren ihr durch den unglückseligen Schritt dieses Kindes, das sie wie eine Mutter behütet hatte, verleidet worden.

Florian hatte vorhin, am offenen Fenster sitzend, den Schritt Jakobäas gehört, als sie fortgegangen war. Rasch hatte er den Rock umgeworfen und war ihr in der unerklärlichen Unruhe, welche ihn jetzt immer hinter ihr hertrieb, aus dem Fuße gefolgt. So war es möglich geworden, daß er sie retten konnte. Als er daheim die Tragbahre ihrer leichten Last entledigt, die Träger entlohnt und die Tante mit wenigen barschen Worten von dem Vorgefallenen unterrichtet hatte, schlug er die Thür hinter sich zu, daß das ehrsame Bürgerhaus von oben bis unten erdröhnte. Nachdem er trockene Kleider angezogen, kam er herüber. Die Tante ging sogleich hinaus, um – wie sie sagte – Thee zu kochen, eigentlich aber, um Florian allein zu lassen. Es war zum ersten Male, daß er Jakobäas kleines Stübchen betrat. Sie schlummerte noch; er setzte sich an ihr Bett und sah sie an.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_317.jpg&oldid=- (Version vom 24.7.2016)