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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

für alles Soldatische; daß der Enkel Kaiser Wilhelms eben durch und durch Soldat ist, hat ihm schon früh, gerade in der Reichshauptstadt, die Sympathien der weitesten Kreise eingetragen, als deren lautes Echo man jene oben erwähnten Huldigungen betrachten konnte. Aber auch seitdem die Kaiserkrone das jugendliche Haupt des bisherigen Kronprinzen Wilhelm schmückt und er als Kaiser Wilhelm II. den Thron seiner Väter bestiegen, hat er schon vielfach seine Sorgfalt für die Armee, seine rege Antheilnahme an derselben bewiesen. „So gehören wir zusammen – Ich und die Armee – so sind wir für einander geboren und so wollen wir unauflöslich fest zusammenhalten, möge nach Gottes Willen Friede oder Sturm sein“ so lautete es in seinem ersten Armeebefehl. Trotz der so zahlreich an ihn herantretenden Regierungsgeschäfte erübrigte Kaiser Wilhelm doch noch immer Zeit, sich direkt mit seinen Truppen, zunächst durch die Oertlichkeit veranlaßt, mit denen des Gardecorps, in Verbindung zu setzen. Von seiner Sommerresidenz, dem Marmorpalais bei Potsdam, kommend, besuchte er in der Generalmajorsuniform des Garderegiments zu Fuß gerade während der letzten Wochen wiederholt ohne jegliche vorherige Anmeldung das Bornstedter Exerzierfeld und übernahm mehrfach persönlich die Führung der Regimenter, beispielsweise jüngst die seines Leibhusaren- und die des 3. Gardeulanenregiments, als schneidiger Reiter zuerst alle Hindernisse überwindend und an der Spitze der Kavalleriemassen dem markirten Feinde entgegenstürmend. Daß dieser Feind auf lange hinaus nur eben ein markirter sein möge – wer hätte im Deutschen Reiche nicht diesen Wunsch, zumal ihn, alle Kriegsgerüchte und Kriegsgelüste mit einem Schlage vernichtend, Kaiser Wilhelm selbst, umgeben von den Fürsten seines Reiches, vor den Vertretern des gesammten Volkes so warm erst kürzlich geäußert! Wir werden diesen denkwürdigen historischen Vorgang unsern Lesern in einer der nächsten Nummern in getreuer bildlicher Darstellung vorführen.

Schäferidyll. (Mit Illustration S. 505) Es gab eine Zeit, wo die Schäferidyllen Mode waren und wo man auf allen Porzellantassen und Tellern die lieben Schafe mit ihren Hirten und Hirtinnen sah. Das war die selige Rokokozeit, in welcher selbst eine Königin wie Marie Antoinette in ihrem Trianon sich mit dem ganzen Hofe an selbst ausgeführten Schäferspielen ergötzte; doch das waren buntbebänderte elegante Salonschäfer, und auch die Maler und Dichter liebten es, solche Gestalten auf die Leinwand zu zaubern oder in ihren Versen zu feiern. Heutigentags ist man, wie das reizende Genrebild von Blume-Siebert zeigt, der Wahrheit der Natur wieder nahe gekommen. Das ist ein urwüchsiger alter Schäfer, der hier sein Enkelchen und zugleich das jüngste Lämmlein der Herde auf seinem Schoße hält und mit schmunzelndem Behagen sich darüber freut, wie das Kleine sich an dem zarten Thierlein ergötzt und jedenfalls verspricht, einmal des Großvaters Laufbahn einzuschlagen, auf der man es zwar nicht zu Gold und Ehren, doch zu friedlichem Behagen bringen kann. Und auch die Mutter, die mit nicht geringerer Freude auf ihren Liebling blickt, die Tasse, aus der er gewiß oft getrunken, in der Hand, ist ein echtes Landweib, frisch und kernig, und keine Chloe oder Daphnis hat zu ihr Modell gesessen. Auch der treue Schäferhund betrachtet das Familienbild mit Antheil, während das Mutterschaf offenbar mit Angst über dem Geschicke seines Sprößlings wacht.

Ein Schwefelbad in Algier. (Mit Illustration S. 509.) Auf der Eisenbahnlinie Bona-Constantine, unweit von Guelma, liegt die kleine Station Hammam-Meskoutine (Bad Meskoutine), welcher im Vorjahre die Reisegesellschaft des Wiener wissenschaftlichen Klubs einen Besuch gemacht hat. Von der üppigen Vegetation der Landschaft an beiden Seiten des Bahnweges vermag man sich kaum einen richtigen Begriff zu machen, es ist ein wahres Paradies, das sich den Blicken der Reisenden zeigt. Knapp vor der Station Hammam-Meskoutine, zur Linken der Bahnlinie und nur wenige tausend Schritte von derselben entfernt, erscheint plötzlich ein etwa 100 Klafter hoher, fast freistehender Hügel, von dem sich kaskadenartig die schneeweißen siedenden Wasser schäumend herabstürzen. Dichte Dampfwolken steigen von den kleinen Quellenteichen oben auf der Höhe des Hügels auf, in denen das kochende (96 Grad Celsius) sprudelnde Schwefelwasser brodelt und unaufhörlich in neuen reichen Mengen aus dem vulkanischen Innern der Erde aufquillt. Ein märchenhaft schöner Anblick bietet sich dem Beschauer schon im Eisenbahncoupé oder auch vom Fuße des rauchenden Hügels aus dar. Hundert und hundert Stufen, die sich aus dem sich ansetzenden schwefelsauren Kalk im Laufe der Jahrhunderte vielleicht der Jahrtausende, gebildet haben schaffen da eine Scenerie, die eine geradezu imposante Wirkung ausübt. Vom grellsten Weiß der Schaumkämme der Meereswogen und des Schnees unserer Alpen bis ins Orangegelb und Rothbraun und Blaugrau wechseln die Farbentöne der einzelnen Partien dieses kegelförmig aus dem Thale aufstrebenden Hügels … Und wirft die glühende Sonne Afrikas in diese herabstürzenden dampfenden Wasserbäche, in diesem tausendfache Wassergeriesel, das den kleinen Berg wahrhaft lebendig macht, ihre Strahlen, dann glitzert diese Zauberwelt in Milliarden Demanten auf.

Daß sich das phantasiereiche Arabervolk eine phantastische Legende zu diesem Märchenhügel und zu den unweit desselben frei aufragenden Felsenriffen gedichtet hat, eine Sage, die noch heute im Munde der dortigen Bevölkerung lebt, wird nicht Wunder nehmen … Die Mythe der Araber erzählt, daß das brausende Geräusch, das aus dem Innern des Hügels tönt, eine Musik sei, welche die Djenouns, die Dämonen, welche diese Tiefen bewohnen, anstimmen, und daß alle diese Felsenriffe und Steintrümmer ringsum einst weidende Schafe, Ziegen, Pferde, Männer, Frauen und Kinder gewesen sind, welche den Zorn dieser unterirdischen Mächtigen auf sich geladen haben. Jeder einzelne dieser Riesensteine, die zu Füßen des wasserspeienden Hügels wie eine Trümmerwelt liegen, ist den Arabern ein Schrein, in welchen die Römer kostbare Schätze eingeschlossen haben; doch wurden die Schlüssel zu diesen Behältern von ihnen hinweggenommen und nur die Christen allein vermögen diese geheimnisvollen Kassetten zu öffnen.

Theodor Storm †. Am 4. Juli ist ein deutscher Dichter gestorben, der auch über den Kreis seiner begeisterten Anhänger hinaus sich einen angesehenen Namen verschafft hatte. Theodor Storm war ein dichterischer Aquarellmaler und seine stimmungsvollen Natur- und Lebensbilder haben einen eigenartigen Reiz; vor allem gelang es ihm, idyllisches und märchenhaftes Stillleben zu schildern. Sein poetischer Blumengarten ist nicht gerade groß, doch es sind anmuthige und würzige Blüthen, die ihn schmücken. Er ist in erster Linie als Novellist berühmt geworden, denn seine „Gedichte" (1852) obschon sie in mehreren Auflagen erschienen, haben wohl in vielen Kreisen Anklang gefunden wegen ihrer Sinnigkeit und ihres schlichten Gefühlston; aber es wurde kaum eins derselben volksthümlich. In seinen Novellen jedoch ist er ein eigenartiger Miniaturmaler. Es sind bisweilen ganz kleine hingehauchte Figurenbilder idyllischer Genrescenen, die aber gleichsam mit der stillen Friedenslampe eines tiefinnerlichen Gemüthslebens beleuchtet werden. Oft liegt etwas von jenem träumerischen Zug darin, den wir in Wilhelm Jensens Romanen finden. Seine bekannteste Erzählung ist „Immensee“ sie ist in einer großen Zahl von Auflagen erschienen, neuerdings in einer Prachtausgabe; wir erwähnen noch „Im Sonnenschein“, „Ein grünes Blatt“ , „In der Sommermondnacht“, „Ein stiller Musikant“, „Die Regentrude“, „Renate“.

Ein Bildniß und eine kurze Lebensskizze des Verewigten brachte die Gartenlaube im vorigen Jahrgang Seite 597 und 610 zu seinem 70. Geburtstage. Nun hat der Dichter die glänzenden Augen für immer geschlossen und von seinem schönen Poetensitz in Hadenmarschen wurde seine sterbliche Hülle nach Husum gebracht, der theuren Vaterstadt, wo er zum langen Schlummer bestattet sein wollte. Eine unendliche Zahl von Leidtragenden hatte sich versammelt, grüne Lorbeerkränze und Kränze von Garten- und einfachen Feldblumen bedeckten den Trauerwagen, Bürger Husums, Mitglieder der Regierung, Vertreter der deutschen Schriftstellerwelt, Freunde des todten Sängers von nah und fern gaben ihm das letzte Geleit. Thränenden Auges verabschiedete sich am Grabe auch die geliebte Frau mit den Söhnen und Töchtern.

Himmlische Diamanten. Der Goldregen ist jedermann aus der Sagen- und Märchenwelt bekannt. In Wirklichkeit findet er bekanntlich nicht statt; er ist nur eine sinnvolle Schöpfung der menschlichen Phantasie. Aber Thatsache ist es, daß mit den leuchtenden Meteoren manchmal Diamanten zur Erde niederfallen. Der Beweis ist erst neuerdings geliefert worden. Am 1. September 1886 war ein Meteorstein in einem Gewichte von vier Pfund im Distrikte von Krasnoslobodsk, Gouvernement Pensa in Rußland, niedergefallen. Bei der vorgenommenen wissenschaftlichen Untersuchung fanden sich in dem unlöslichen Rückstande kleine Theilchen, welche härter als Korund waren und sich auch durch ihre Dichte und die anderen specifischen Eigenschalten als Diamanten kennzeichneten; die Steinmasse enthielt etwa ein Prozent Diamant. – Leider besitzt der himmlische Diamantenstaub nur einen wissenschaftlichen Werth, aus dem Verkauf desselben wurde man keinen besonderen Gewinn erzielen, da der aus dem Weltall kommende Diamant demjenigen ähnlich ist, den wir in winzigen Partikelchen künstlich zu erzeugen vermögen, dem schwarzen sogenannten Karbonat.

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Vom Werth des deutschen Waldes. Der deutsche Wald ist unbezahlbar, er ist der Liebling der Nation. Dichter haben ihn unzählige Male verherrlicht und politische Kämpfe wurden um den Waldbesitz und die „Waldfreiheit“ geführt. Wir wollen trotzdem versuchen, den Werth desselben in klingender Münze zu berechnen. Natürlich kann dabei nur von einer annähernden Summe die Rede sein. Von den 311 Millionen Hektaren Wald, welche in Europa noch stehen, besitzt das Deutsche Reich 13,9 Millionen Hektar Waldboden. Hier und dort wurde der Kapitalwerth einzelner Waldstrecken berechnet und für die königlich sächsischen Staatsforsten wurde das Sümmchen von 292 Millionen Mark ermittelt. Legen wir dasselbe als Werthschätzung für den Wald in allen deutschen Staaten zu Grunde, so erhalten wir die runde Summe von 24 Milliarden Mark, die den Kapitalwerth des deutschen Waldes darstellt. Das ist ein hübsches Nationalvermögen, welches Dank der fürsorglichen modernen Forstwirthschaft noch unsern Ururenkeln erhalten bleiben wird.



Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

B. K. in Trier. Auch in diesem Jahre sollen die Kriegergräber und Denkmäler von Metz wie alljährlich von dem Kriegervereine dieser Stadt in Gemeinschaft mit 20 andern Kriegervereinen in Lothringen am 14. und 18. August geschmückt werden. Da das Material zur Ausschmückung nicht ausreicht, so werden von den Vereinen alle Kameraden und Gönner der Kriegergenossenschaften um Geldspenden ersucht.

O. R. in St. Unter den letzten Photographien Kaiser Friedrichs nach dem Leben zeichnen sich die von den Hofphotographen Byrne u. Komp. Richmond Surrey (bei London) aufgenommenen durch eine vorzügliche technische Ausführung aus. Dieselben sind im größerem und kleinerem Format bei William Luks 14 Bedford Street in London erschienen.

G. O. in H. Spitzenklöppelschulen unter königlicher Verwaltung bestehen in Jöhstadt, Hammer-Unterwiesenthal, Unterwiesenthal, Oberwiesenthal, Elterlein, Ehrenfriederdorf.

Frau L. B. in R. W. v. Hillerns Roman „Aus eigener Kraft“ erschien im Jahrgang 1870 der Gartenlaube.

M. E. in Essen. Wir ersuchen behufs brieflicher Beantwortung Ihrer Anfrage um Mittheilung Ihrer genauen Adresse.

W. M. in Tilsit. Ja, wenden Sie sich direkt an die Vorsteherin des betreffenden Hospitals.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 516. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_516.jpg&oldid=- (Version vom 9.12.2020)