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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

Tages zum Frühstück welche zu verzehren; er fand viele Aehnlichkeit im Geschmacke mit Froschschenkeln.

Mit Hühnerfleisch dagegen vergleichen alle, welche davon gekostet haben, das Fleisch der großen Eidechsen und mit Hühnereiern die Eier derselben. Wenn unsere einheimischen Eidechsen eine Länge von anderthalb bis zwei Metern und ein Gewicht von einigen Kilos erreichten, so würde man ohne Zweifel den Versuch gemacht haben, Eidechsen und selbst Schlangen in die Fastenküche hineinzuziehen, wie es in den südlichen und besonders tropischen Ländern geschehen ist; wer aber möchte Zeit und Mühe mit dem bei uns herumkriechenden Kleinzeug verschwenden, das kaum einen hohlen Zahn zu füllen im Stande wäre?

Krokodile, Alligatoren und Kaimane werden nur an wenigen Orten verspeist. Die Eingeborenen sind nur selten hinlänglich bewaffnet, um eine erfolgreiche Jagd ohne allzugroße Gefahr ausüben zu können, und die Europäer nehmen wohl die Häute zu Schuhwerk, verschmähen aber das Fleisch wegen des Moschusgeruches, den es von zwei großen Bisamdrüsen annimmt, die an dem Unterkiefer liegen und deren Inhalt von eingeborenen Afrikanerinnen, Asiatinnen und Südamerikanerinnen gleich hoch geschätzt wird. Die großen Segelechsen und Varane oder Warneidechsen der alten Welt, Amboinas und Ostindiens, werden aber mit eben solcher Vorliebe gejagt wie die Fasanen, welchen sie im Geschmacke ähneln sollen, und Mexikaner wie Brasilianer halten Hunde, welche ebenso aus Leguane und Tejueidechsen dressirt sind wie unsere Vorstehhunde auf Hasen und Feldhühner. Ein mir befreundeter Schweizer, der eine große Plantage in Brasilien besaß, versicherte mir, daß ihm zwischen den Truthühnern, die er dort auf seinem Hofe mästete, und den Tejuechsen, die er im Walde jagte, die Wahl wehe thue.

Die wilden Eingeborenen in Brasilien essen gerne Riesenschlangen und die Australier sogar Giftschlangen, Schwarzottern, welchen sie den Kopf abgehauen haben. Wyder in Lausanne, ein wahrer Schlangenvater, in dessen Zimmern die Nattern dutzendweise herumkrochen, hat mir einmal vor Zeiten eine vortreffliche Suppe vorgesetzt, deren Fleischbrühe aus Vipern gekocht sein sollte. Er sagte dies erst nachher. Ich weiß nicht, ob es wahr war, oder ob er mich nur foppen wollte.




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Die Alpenfee.
Roman von E. Werner.
(Fortsetzung.)

Gronau sprang plötzlich auf und trat dicht vor den jungen Arzt hin. „Doktor,“ sagte er langsam und nachdrücklich. „Was Sie da über das Nordheimsche Patent und die Erfindung des Präsidenten sagten, ist entweder ein heilloser Irrthum, oder – ein heilloser Schurkenstreich!“

„Schurkenstreich?“ wiederholte Benno erschrocken. „Was meinen Sie damit?“

„Ich meine, oder vielmehr ich weiß, daß diese Erfindung von Ihrem Vater stammt, und Nordheim weiß das so gut wie ich; wenn er sie also für die seinige ausgegeben hat –“

„Um Gotteswillen, Sie wollen doch nicht etwa sagen –“

„Daß der hochangesehene Herr Präsident ein Schurke ist – nun, das wird sich ja zeigen! Es ist immerhin möglich, daß ein anderer, ein Fremder gleichzeitig auf dieselbe Idee gerieth, damals gab sich ja jeder Ingenieur mit dem Problem ab; Nordheim aber hat den fertigen Plan seines Freundes in Händen gehabt, hat ihn eingehend studirt, hat ihn gelobt und bewundert, da ist jede Möglichkeit eines Zufalls ausgeschlossen. Wir müssen der Sache auf die Spur kommen. Besinnen Sie sich Benno, wissen Sie wirklich nichts über den Grund jenes Bruches, von dem Sie mir erzählt haben?“

„Nein, durchaus nichts! Das habe ich soeben Wolfgang erklärt, der die gleiche Frage an mich stellte.“

„Der Chefingenieur?“ fiel Gronau hastig ein. „Wie kam er dazu?“

„Er glaubte, in dem Anerbieten jener Stellung, von der ich Ihnen vorhin sprach, die Hand des Präsidenten zu erkennen und meinte – aber nein, nein! Lassen Sie uns nicht weiter gehen in solchen schmachvollen Voraussetzungen, das ist so eine Unmöglichkeit.“

„Ihnen scheint manches unmöglich, Doktor; Sie haben sich als Mann noch ein Kinderherz bewahrt,“ sagte Veit ernst. „Wer sich aber so lange unter den Menschen umhergetrieben hat wie ich, der glaubt schließlich nicht mehr an solche Unmöglichkeiten. Sie wissen mit voller Sicherheit, daß Nordheim ein Patent auf die Berglokomotive genommen hat?“

„Gewiß, das ist eine Thatsache, die ich verbürgen kann.“

„Dann ist er ein Dieb!“ brach Gronau mit rücksichtsloser Heftigkeit aus. „Ein dreifach schändlicher Dieb, weil er den Raub an seinem Freunde beging!“

„Hören Sie auf, ich bitte Sie!“ wehrte Benno angstvoll ab; aber jener fuhr mit unerbittlicher Konsequenz fort:

„Ich frage Sie, warum brach Ihr Vater, der in Leben und Tod an seinen Freunden festhielt, gerade mit dem, der ihm am nächsten stand? Warum blieb Nordheim, wenn er wirklich ein so genialer Kopf war, bei der einen Erfindung stehen und warf den Ingenieur gänzlich bei Seite in seinem späteren Leben? Wissen Sie eine Antwort darauf?“

Reinsfeld schwieg; er hätte unter anderen Umständen einen derartigen Verdacht weit von sich gewiesen, aber die Bestimmtheit, mit der die furchtbare Anklage ausgesprochen wurde, das Gespräch mit Wolfgang, das Räthselhafte seines Bruches, der bei seinem sanften, liebevollen Vater eine so grenzenlose Bitterkeit zurückließ, daß er nicht einmal mehr den Namen des einst so geliebten Freundes hören wollte – das alles stürmte betäubend auf ihn ein, er war kaum noch eines klaren Gedankens fähig.

„Wir müssen uns Gewißheit verschaffen,“ sagte Gronau entschlossen. „Wo sind die Papiere, die alten Zeichnungen und Entwürfe Ihres Vaters? Sie haben ja das alles sorgfältig aufgehoben, wie Sie mir sagten. Es muß sich irgend etwas finden, und findet sich nichts, so trete ich selbst vor den Herrn Präsidenten hin und frage ihn, wie die Sache eigentlich zusammenhängt; ich bin doch neugierig, was für ein Gesicht er dazu machen wird! Wo sind die Papiere, Benno? Heraus damit, wir haben keine Zeit zu verlieren!“

Benno deutete auf einen kleinen Schrank, der sich in einer Ecke des Zimmers befand.

„Dort finden Sie alles, was ich von Andenken an meinen Vater besitze,“ sagte er gepreßt. „Hier ist der Schlüssel, sehen Sie das Ganze durch, ich –“

„Nun, Sie werden mir doch hoffentlich dabei helfen! Die Sache geht doch zuerst und vor allen Dingen Sie an. Was zögern Sie denn noch?“

Der Doktor zögerte in der That, aber Veit hatte bereits das Schränkchen geöffnet und wenige Minuten später lag der nicht sehr umfangreiche schriftliche Nachlaß des verstorbenen Ingenieurs auf dem Tische ausgebreitet. Sein alter Jugendfreund ging sehr gründlich zu Werke bei der Durchsicht: jede Zeichnung wurde eingehend geprüft, jeder Brief gelesen, jedes Blatt umgewandt, aber umsonst! Es fand sich nichts, was auf jene Angelegenheit Bezug haben konnte; kein Entwurf, keine Notiz, keine briefliche Aeußerung, nichts, was den ausgesprochen Verdacht hätte bestätige können. Benno, der nur mit innerem Widerstreben an die Durchsicht gegangen war, athmete unwillkürlich auf bei diesem Resultate, während Gronau die Papiere mit einer unwilligen Bewegung von sich schob.

„Narren die wir sind!“ sagte er. „Das war vorauszusehen! Nordheim hätte den schändlichen Streich überhaupt nicht gewagt, wenn noch irgend etwas existirte, was ihn verrathen konnte. Er wird seinem Freunde unter irgend einem Vorwande den Plan abgeschwatzt und sich dann gegen jede Entdeckung gesichert haben. Mein alter Benno war nicht der Mann danach, einen solchen Fuchs zu entlarven, wenn er nicht vollgültige Beweise in Händen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 676. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_676.jpg&oldid=- (Version vom 17.1.2018)