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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

Halbheft 16.   1890.
      Die Gartenlaube.

Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

Jahrgang 1890.      Erscheint in Halbheften à 25 Pf. alle 12–14 Tage, in Heften à 50 Pf. alle 3–4 Wochen vom 1. Januar bis 31. Dezember.


Ein Mann.

Roman von Hermann Heiberg.
     (1. Fortsetzung.)
4.

Im Arbeitszimmer des verstorbenen John Ericius saßen sich die Witwe und Richard Tromholt gegenüber wie zwei Menschen, von denen der eine gebeugt und des Rathes bedürftig, und der andere in ehrlichem Eifer bemüht ist, einen solchen nach bester Einsicht zu ertheilen.

Kurz vorher hatte Richard Tromholt auf Wunsch der Witwe das Testament durchgelesen und hatte nun auch die ihn selbst betreffende Stelle des letzten Willens kennen gelernt.

Der Verstorbene hatte ihm darin das glänzendste Zeugniß seines Vertrauens ausgestellt, indem er ihm die Ordnung seines Nachlasses im Verein mit dem langjährigen Prokuristen des Hauses, einem Herrn Karl Acht, übertrug und es der Entscheidung dieser beiden Generalbevollmächtigten anheimstellte, ob das Geschäft in Kiel veräußert oder für Rechnung der Familie weitergeführt werden sollte. Bezüglich der Limfordener Werke war diese Entscheidung sogar Richard allein überlassen.

Wie es von dem gewiegten Geschäftsmann nicht anders zu erwarten gewesen, waren für jeden Fall die genaueren Bedingungen vorgesehen.

Obwohl das Benehmen der Witwe Richard keinen Zweifel darüber ließ, daß sie sich diesen Bestimmungen nicht etwa nur zwangsweise, sondern mit demselben Vertrauen, das ihr verstorbener Mann ihm bezeigt hatte, unterwarf, ja daß sie in ihrer dermaligen hilflosen Lage auf ihn als auf ihre treueste, festeste Stütze blickte, mußte er sich angesichts der großen Verantwortung, die es zu übernehmen galt, doch eine Bedenkzeit erbitten, ehe er sich für das eine oder das andere entschied.

Bezüglich Limfordens zwar stand Tromholts Entschluß, wenn irgend möglich den Betrieb der dortigen Werke fortzusetzen, fest; was jedoch die Kieler Firma betraf, so schwankte er noch, und jedenfalls mußte er seine endgültige Entscheidung von einer genauen Einsicht in die Geschäftsbücher und einer Rücksprache mit Herrn Acht, seinem Mitbevollmächtigten, abhängig machen. Diesen verhinderte

Waldschnepfe.
Zeichnung von F. Specht.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 485. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_485.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)