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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

Blätter und Blüthen.

Vermißten-Liste. (Fortsetzung von Seite 667 den Jahrg. 1889.)

206) Tiefbekümmert bittet eine Mutter um Nachrichten über ihren Sohn, den Schlossergehilfen Paul Haag, gen. Joseph Paul, welcher am 18. April 1868 zu Erlangen in Bayern geboren ist. Haag begab sich 1881 nach Philadelphia, wo ihn noch im Jahre 1887 Briefe unter der Adresse Joseph Paul, 828 Palm-Str. erreichten. Der an diese Adresse im September 1887 gerichtete Brief seines Vormundes kam als unbestellbar zurück. Einem seiner Briefe nach hatte der Vermißte die Absicht, zur See zu gehen.

207) Der Seemann Isidor Reinhard Staberow, geb. am 8. März 1824 zu Tharand in Sachsen, schrieb zum letzten Male aus Greenock, wo er sich im August 1876 auf das Schiff „Arabia“ (Kapitän Kleanforth) als zweiter Steuermann verdungen hatte, um nach Quebec zu fahren. Weiteren eingezogenen Mittheilungen zufolge soll Staberow am 18. Jan. 1879 das Schiff „Alice“, auf welchem er als Only Mate angestellt war, in New-York verlassen haben, woselbst er 338 Peace Street gewohnt hat. Alle bisher angestellten Nachforschungen nach dem Verbleib Staberows sind erfolglos geblieben.

208) Der Schuhmacher Karl Illmer, geb. im Jahre 1827 zu Bistritz in Siebenbürgen, wanderte nach Bukarest aus, von wo er im Jahre 1872 die letzte Nachricht gab.

209) „Eine alte arme Mutter verzehrt sich in Sehnsucht nach ihrem Sohne,“ dem Tischler Philipp Heinrich Wagner, geb. am 22. Aug. 1859 zu Katzenelnbogen (Reg.-Bez. Wiesbaden). Wagner hat in Wiesbaden gelernt und war dann als Geselle in Bruchsal, Weingarten (Baden), Nordhausen, Witzenhausen, Tuttlingen und Triberg thätig. Aus Triberg (Baden) kam noch im Jahre 1884 Nachricht, die bis heute die letzte geblieben ist.

210) Eine mittellose Frau mit 4 unerzogenen Kindern sucht ihren Mann, den Tagarbeiter Heinrich Teichert, geb. am 1. September 1856 zu Krolkwitz, Kr. Freistadt in Schlesien. Teichert gab das letzte Lebenszeichen Mitte September 1888 von Ketzin (Reg.-Bez. Potsdam) aus, wo er als Ziegelarbeiter Stellung hatte.

211) Am 9. Mai 1887 schrieb der Tapezier Ferdinand Dürauer, welcher am 7. Oktober 1861 zu Palt in Oesterreich unt. der Enns geboren ist, aus Finthen bei Mainz, daß er nach Metz oder Paris gehen wolle. Dürauer hat seitdem nicht wieder geschrieben und ist auch durch die Bemühungen des österreichisch-ungarischen Konsulats in Paris nicht aufzufinden gewesen.

212) Ein hochbetagter Vater bittet inständigst um Nachrichten über seinen Sohn. Derselbe, Hugo Emil Edmund Dähn, geb. am 1. Mai 1852 zu Roda bei Ilmenau in Thüringen, wanderte nach Brasilien aus. Seine ersten Briefe kamen aus Rio Grande do Sul, Rio de Janeiro etc. Seit 1882 fehlt jegliche Nachricht über ihn. Das deutsche Konsulat zu Rio Grande konnte den Angehörigen nur mittheilen, daß Dähn 1879 im dortigen Hospital krank daniedergelegen habe, und das deutsche Konsulat zu Paranagua hat festgestellt, daß der Verschollene etwa im Jahre 1886 sich noch in S. Joao de Triumpho aufgehalten habe, dann aber weggegangen und vorübergehend in Curitiba gesehen worden sei.

213) Seit Dezemb. 1887 fehlt jede Nachricht von Heinrich Friedrich Carl Joachim Möller, geb. am 14. März 1861 zu Kietz bei Neustadt in Mecklenburg, seines Zeichens Schlächter; Möller befand sich im Juni 1887 auf St. Vincent, einer der capverdischen Inseln, wohin er als Oberheizer mit dem Postdampfer „Leipzig“ gekommen war, am 26. Dezemb. desselben Jahres hielt er sich in Bremerhaven auf, von wo er einige Tage nachher wahrscheinlich nach London abgereist ist.

214) Der Maurer Gustav Robert Bosse, geb. am 18. Dezemb. 1850 zu Braunschweig, hat im Juni 1887 seine Wohnung in Groß-Zschocher b. Leipzig verlassen, um nach Leipzig auf Arbeit zu gehen, ist aber nicht wieder nach Hause zurückgekehrt. Bosse ist durch eine Flechte an der rechten Backe kenntlich.

215) Louise Dorothea Lütt, geb. am 19. Febr. 1829 zu Ludwigslust in Mecklenburg, war am Himmelfahrtstage des Jahres 1854 oder 1855 anläßlich des Todes ihres Bruders in Bützow (Mecklenb.) anwesend und soll dann mit einem Bauunternehmer von Cöslin ausgewandert sein. Alle Nachforschungen nach der Verschollenen sind vergeblich gewesen.

216) Der Agent Joseph Heger, geb. zu Klabawa bei Pilsen in Böhmen am 15. Oktob. 1861, schrieb aus Sidney, daß er am 4. Juli 1888 mit einer Anzahl Eingeborener, welche ihm am selben Tag von einem Bekannten namens Cunningham zugeführt werden sollten, nach Deutschland zurückzureisen gedenke. Heger aber ist bis jetzt weder in seiner Heimath angekommen, noch ist sonst wieder etwas von ihm vernommen worden.

217) Der Feuerversicherungsbeamte Gustav Franz Stöckert, geb. am 4. Oktob. 1855 zu Angermünde, wird seit dem Jahre 1884 vermißt. Der letzte Wohnort Stöckerts war Lübeck, die letzte Kunde von ihm kam im April 1884 von Hamburg.

218) Josef Endler, geb. am 26. Septb. 1858 zu Tiefenbach (Gemeinde Prichowitz), war Maler und hielt sich zuletzt in Riga auf. Er wollte am 2. Jan. 1882 von Bremen aus nach St. Jago (Südamerika) fahren. Das sind die letzten spärlichen Nachrichten, welche Mutter und Geschwister noch von dem Verschollenen empfangen haben.

219) Der Kürschnergehilfe Felix Max Siegel, geb. zu Taucha bei Leipzig am 4. Aug. 1857, hat sich, nachdem er im Januar 1881 von Braunschweig nach seinem Geburtsort zurückgekehrt war, am 5. März desselben Jahres dort wieder abgemeldet, um auf die Wanderschaft zu gehen. Seitdem ist von Siegel, um dessen Verbleib sich die Mutter ängstigt, nichts wieder gehört worden.

220) Der am 12. April 1864 zu Hamburg geborene Otto Heinr. Frauen reiste im März 1881 nach New-York und weiter nach St. Louis. Dort arbeitete er bis August 1883 bei den Juwelieren Herold u. Postel und siedelte dann nach New-Orleans über, wo er von Jan. bis März 1884 bei Herrn Bierhorst in Arbeit stand. Später begab er sich nach Mac Lean, von wo im August 1884 die Nachricht kam, daß er beabsichtige, nach New-Orleans zurückzukehren.

221) Sebastian Eduard Sellms, geb. am 13. Dezemb. 1847 zu Hamburg, ging 1868 nach New-York und später nach Savannah in Georgia, wo er laut eigenen Mittheilungen im Dezemb. 1883 noch als Besitzer eines Materialwarenladens (180 St. Julian und 179 Bryanst.) lebte. Schon im Jahre 1884 blieben alle an Sellms gerichteten Briefe unbeantwortet. Einem Schreiben des deutschen Konsuls nach soll Sellms nach Colorado übergesiedelt sein.

222) Im Jahre 1867 machte sich der Kellner Carl Gustav Leberecht Jährig, geb. am 14. Oktob. 1845 zu Beiersdorf (Oberlausitz), auf, um nach Hamburg zu gehen. Einer Mittheilung der Polizeibehörde in Hamburg zufolge hat sich Jährig im Juli 1867 von dort entfernt, der spätere Aufenthalt desselben ist nicht zu ermitteln gewesen. Die betagte Mutter des Verschollenen bittet ihren Sohn um Heimkehr oder wenigstens um Nennung seines Aufenthaltsortes.

223) Seit dem Jahre 1883 werden vermißt die Geschwister Schuster, Adelheid Kornella, geb. am 14. Juni 1869 zu Warschau, und Hedwig Pauline, geb. am 22. März 1872 ebendaselbst.

224) Der Schmiedegesell August Albert Thie, geb. am 6. Oktob. 1823 zu Forsthaus Polte bei Bittkau an d. Elbe, brachte seine Frau im Jahre 1866 nach Magdeburg und ging im Jahre darauf nach Melbourne (Australien), von wo er Ende 1875 das letzte Mal schrieb. Thie war in Melbourne Besitzer eines Panoptikums.

Im Glaspalast zu München. Als vor zwei Jahren nach Schluß der so glänzend verlaufenen Internationalen Ausstellung die Ansicht in Künstlerkreisen laut wurde, München sei als Kunststätte bereits stark genug, um seinen jährlichen „Salon“ zu haben, da gab es viele, die dazu bedenklich den Kopf schüttelten und ein großes Fiasko weissagten. Sie sind heute, wo der alte Glaspalast zum zweiten Male seine Thore zur „Jahresausstellung“ öffnet, glänzend widerlegt, denn jetzt steht durch die Fülle und den Werth des darin Angesammelten die Thatsache fest, daß München die erste Kunststadt Deutschlands ist, trotzdem der bayerische Staat in seiner Fürsorge für die Kunst nicht überall die Unterstützung gefunden hat, die er verdient hätte.

Aber die Münchener Kunst ist bereits selbständig geworden, auch ist es ihren Vertretern gelungen, ein so gutes Verhältniß zum Auslande herzustellen, daß eine überraschende Anzahl französischer, italienischer, englischer, amerikanischer, niederländischer und skandinavischer Bilder und Skulpturen einging. Nirgends in Deutschland ist zur Zeit ein solcher Ueberblick über das ganze internationale Kunstgebiet möglich als in dieser Jahresausstellung, sie enthält eine solche Fülle von vortrefflich gemalten Werken der verschiedensten Meister, daß es schwierig wird, sich zurechtzufinden. Ein hoch gesteigertes technisches Können fällt sofort auf, außerdem aber auch eine bewußte Rückkehr von den Absonderlichkeiten der Helllichtmalerei, von den sozialistischen Tendenzbildern zu dem einfach Schönen und Erfreulichen. Eines Hauptzugstückes, dessen Namen auf allen Lippen wäre, entbehrt die Ausstellung, dafür finden sich in jedem Saal Anziehungspunkte, vor welchen immer neue Gruppen in Betrachtung stehen. München kann mit großer Genugthuung auf dies Unternehmen blicken, das nicht nur den alljährlich durchfluthenden Fremdenstrom vergrößern hilft, sondern zugleich in glücklicher Weise die Bedeutung und Eigenart der Hauptstadt des zweiten deutschen Bundesstaats bezeichnet.

Noch bleibt zu bemerken, daß auch dieses Jahr wieder eine Reihe von künstlerisch ausgestatteten Veröffentlichungen des Buch- und Kunsthandels die Münchener Jahresausstellung zum Mittelpunkt haben. Wir nennen die „Ausstellungshefte“ der Zeitschrift „Die Kunst für Alle“ (München, Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Friedrich Bruckmann), die „Münchener Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen“ (Münchener Kunst- und Verlagsanstalt Dr. E. Albert u. Ko.); vielfach überraschend dürfte gewirkt haben, daß auch eine große Tageszeitung, die „Allgemeine Zeitung“ ihren Lesern in besonderen Kunstbeilagen bildliche Proben aus dem Glaspalast mitgetheilt bat. Br.

Deutschlands merkwürdige Bäume. Die Eiche bei Krayn. (Zu dem Bilde S. 549.) Es ist eine stolze Gesellschaft, die da auf einer Wiese nahe bei dem Dorfe Krayn zwischen Goldberg und Liegnitz in Schlesien beisammen steht. Es sind 6 uralte Eichen, die auf unserem Bildchen sichtbar sind; diejenige aber, welche im Vordergrunde steht, ist die älteste und stärkste. Neun Meter mißt sie im Umfange, und wie viele Stürme schon über sie hinweggebraust sind, wie oft der Blitzstrahl sie heimgesucht hat, das verkündet uns die vielfach zerrissene und zersplitterte Krone.

„Mehr als tausend Jahre“ soll sie zählen – so geht es im Volksmund und so berichtet eine schöne Inschrift an dem Baume:

„Wohl mehr als tausend Jahre zähl’ ich schon;
Ich sah dereinst das Deutsche Reich erstehn;
Ich sah im Jahre sechs es wiederum vergehn.
Seitdem ich jüngst gesehn sein frisches Auferstehn,
Möcht’ ich um keinen Preis es nochmals sehn im Untergehn.
Das walte Gott auf seinem ew’gen Thron!

Schönau, im August 1871. Die älteste der alten Sechs.“

Freilich, ob der begeisterte Dichter und der willige Glaube des Volkes sich nicht zu hoch verstiegen haben, muß zweifelhaft erscheinen. Denn nach den Ansichten eines Fachmannes, welche der Leser im „Gartenlaube-Kalender“ von 1887 auseinandergesetzt findet, sind Eichen von 600 Jahren mindestens ebenso selten wie Menschen von 100 Jahren.

Wie dem aber auch sein mag, ein gut Stück Geschichte schaut von diesem knorrigen Geäste und Gezweige auf den Menschen der Gegenwart hernieder. Und es ist geschichtlicher Boden, auf dem die Eichen von Krayn

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