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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

geselligen Formen grundverschieden, ja sie ändern sich vielfach schon, wenn man aus den Städten nur in die benachbarten Orte kommt. Da giebt es denn gerade für diejenigen, die am eifrigsten bemüht sind, Verstöße gegen das Uebliche zu vermeiden, der Sorgen genug, und die Redaktionskorrespondenz der „Gartenlaube“ könnte von ergötzlichen Verlegenheiten berichten.

Eine junge glückliche Braut fragte elf Monate vor ihrer Hochzeit an, welchen Platz an der Seite ihres Bräutigams sie bei der Trauung einzunehmen habe – an der rechten oder an der linken Seite; ihr „sehr verständiger“ Bräutigam behaupte: an der rechten, als der Ehrenseite, ihre Mutter aber: an der linken, um schon mit dem Platze die Stellung der Frau ihrem Gatten und Herrn gegenüber anzudeuten. Ein junger Norddeutscher fragte ganz empört kurz an: „Ist es erlaubt, Spargeln mit den Fingern zu essen? Das ist ja barbarisch!“ Und eine kleine neugebackene Hausfrau verlangte Entscheidung, ob sie ihr Dienstmädchen mit „Du“ oder „Sie“ anreden solle.

Wir wollen diesen Dreien den Gefallen thun, ihre Fragen an der Hand eines hübschen Buches von Marie Calm, das den Titel „Die Sitten der guten Gesellschaft“ (Stuttgart, J. Engelhorn) führt, kurz zu beantworten. Der vorsorglichen und etwas ehrgeizigen Braut giebt Marie Calm den Trost, daß die Braut in den meisten Gegenden bei der Trauung an der rechten Seite des Bräutigams stehe; eine feste allgemeingültige Regel aber giebt es nicht, und man thut deshalb gut, sich vorher nach dem besonderen Brauch der Gegend an geeigneter Stelle – am besten vielleicht bei dem Geistlichen, der die Trauung vollziehen soll – zu erkundigen. – Der Spargelfreund mag sich beruhigen: die Sitte erlaubt es allerdings, die köstlichen Stangen mit den Fingern zu essen. Der Gebrauch stammt aus England, wo man die langen dünnen Spargeln nicht ißt, sondern nur aussaugt. Unsere dicken, fleischigen Braunschweiger Spargeln, die man wirklich verspeist, gestatten auch die Benutzung der Gabel und selbst des Messers. – Die „Dienstmädchenfrage“ löst unsere Beratherin mit der energischen Erklärung: „Die Herrin wird das Mädchen mit ,Sie‘ anreden und nicht mit dem ,Du‘, das noch in vielen Häusern Sitte ist und welches, da das frühere familienhafte Verhältniß nicht mehr damit verbunden ist, das Mädchen unter die Bettlerin stellt, die uns um ein Almosen anspricht und die wir doch ,Sie‘ nennen.“

Wir möchten glauben, daß selbst gesellschaftlich Bewanderte noch manches Belehrende in dem anziehend geschriebenen Buche finden dürften, wenngleich Takt und Erfahrung bei älteren Personen die Theorie ja vielfach grau erscheinen lassen. Vor allem aber möge das junge Volk, das eben erst in die Gesellschaft eingetreten ist oder eingeführt werden soll, sich die Rathschläge einer erfahrenen und feinfühligen Dame gefallen lassen; es fährt dabei nur gut, lernt manches, was es noch gar nicht näher beachtet hat, und – spart das Porto für umständliche Briefe an die gefälligen, aber auch recht viel beschäftigten Redaktionen!**      

Der Ehrenthurm für Friedrich Fröbel auf dem Kirchberg bei Oberweißbach in Thüringen, dessen Bau der „Thüringer Waldverein“ in die Hand genommen und zu dessen Förderung auch die „Gartenlaube“ ihre Stimme erhoben hatte (vgl. Jahrgang 1887, Nr. 48), ist nunmehr fertig gestellt und am 27. Juli feierlich eingeweiht worden. Der Thurm ist massiv aus Bruchsteinen ausgeführt, von rechteckiger Grundform, unten mit einem zweistöckigen Anbau nach Osten, der Kellerraum und Schutzzimmer bietet. Auf 181/2 Meter Höhe krönt den Steinbau ein hölzerner Aufsatz, welcher ein auf allen Seiten mit Fenstern versehenes, geschlossenes und doch die Aussicht in keinerlei Weise behinderndes Zimmer bildet. Ueber dem Eingang zum Thurme aber ist ein Medaillonbildniß Friedrich Fröbels in die Mauer eingelassen, ein Werk des Bildhauers Hercher in Rudolstadt, während der Thurm selbst von dem Architekten C. Radi in Rudolstadt entworfen und ausgeführt worden ist. Welch schöne und beherrschende Lage der Thurm hat, davon kann sich der Leser am besten eine Vorstellung machen, wenn er den Jahrgang 1887 zur Hand nimmt und dort das Bildchen S. 796 betrachtet. Es zeigt ihm das Pfarrhaus von Oberweißbach, die Geburtsstätte des Vaters der Kindergärten, und darüber emporragend den Berg, welchen Fröbel so gern erstieg, sich von seiner Kuppe aus am Anblick der aufgehenden Sonne oder an der köstlichen Fernsicht zu laben.=      

Dem „Gartenlaube-Kalender“ für 1891 auf den Weg. Sie haben eigentlich etwas Grausames, diese Kalender, die das neue Jahr vor uns heraufführen, ehe noch das alte hinuntergesunken, die gleichsam einen neuen Rock vor uns ausbreiten, den man sich anziehen soll, eh noch der alte abgetragen ist. Ich muß gestehen, ich betrachte den jeweils neuen „Gartenlaube-Kalender“, der nun seit Jahren regelmäßig so im August auf meinem Schreibtisch sich einfindet, immer zuerst mit gemischten Gefühlen: Sapperment – da liegt er schon wieder vor Dir, der Bote des neuen Jahres, und Du wolltest doch noch so viel thun im alten – und dann schwirrt mir der Kopf vor der Menge von Unterlassungssünden und halbfertigen Leistungen, die mir alle auf einmal einfallen, wenn ich das rothe Bändchen mit seinem golden leuchtenden Titel und der – ich weiß nicht, ist es richtig so oder nur schmerzhafte Einbildung – besonders deutlich leuchtenden goldenen Jahreszahl sehe, die immer um eins größer wird. Und fast mit Widerstreben gingen auch diesmal die Finger daran, den Deckel aufzuschlagen und etwas in dem Büchlein zu blättern. Mittlerweile ist mir aber doch die Erinnerung lebendig geworden, daß ich das vorige Jahr auch so dasaß und blätterte und in Gedanken eine Art Selbstparade abhielt, und daß ich dabei unversehens ins Lesen gerathen war – ich hatte mich, ehe ich mir’s selber recht bewußt geworden war, so in „Onkel Leos Verlobungsring“ vertieft, daß darüber der Ankläger in meinem Inneren ganz stille wurde, weil niemand mehr da war, der ihm zuhörte. Mit merklich geglätteten Stirnfalten betrachte ich schon auch den „Einundneunziger“; er wird mir ja wohl ähnlich angenehme Stündchen gewähren, wie sein nicht minder kritisch aufgenommener Vorfahre. Und richtig, während ich so die Blätter unter dem Daumen vor meinem Gesicht vorübersausen lasse und bald ein hübsches Bildchen, bald eine brauchbare Notiz entdecke, da fällt mir auf einmal der alt vertraute Name Heimburg ins Auge: er steht unter derselben Ueberschrift, der ich vom vorigen Jahre her ein so freundliches Gedenken bewahre: „Aus meinen vier Pfählen“. Und ich lese und lese fort – das „Flickdorchen“ der Heimburg und die anderen Erzählungen von Hans Arnold und Joachim Dürow, merke mir auch manchen Artikel zum Späterlesen – denn es ist spät geworden inzwischen – dann klappe ich das rothe Büchlein zu, und merkwürdig: die längst noch so vorwurfsvoll leuchtende Jahreszahl 1891 hat ihre Schrecken für mich vollständig verloren; nicht mehr grämlich und mißtrauisch, sondern mit behaglichem Vergnügen betrachte ich den frühen Boten eines neuen Jahrganges – ich war in ausgezeichneter Stimmung!

Nun denn, was der „Gartenlaube-Kalender“ an mir gethan hat, das möge er an Tausenden bewähren! Und somit sei ihm ein herzlich „Glück auf!“ mitgegeben auf seinen Weg! H. E.      

Für einen Volksdichter. Wohl manche unserer Leser erinnern sich noch des Lebensbildes des „märkischen Hans Sachs“ im Jahrgang 1881 der „Gartenlaube“. Dort war erzählt von einem braven Drechslermeister zu Freienwalde, der durch Noth und Armuth hindurch den köstlichen Quell der Dichtung in seiner Brust bewahrte, dem ein treues Weib zur Muse ward, die seinem Namen zu einem hohen Klange verhalf im deutschen Dichterwalde – dem Namen Karl Weise. Freilich, irdische Schätze hat sich der schlichte Handwerksmann weder mit seinen Poesien noch mit seiner fleißigen Hände Arbeit errungen. Schon damals, als jenes Lebensbild erschien, sollte es zugleich dazu dienen, dem schwer mit des Daseins Noth ringenden Manne einen Nothpfennig für das nahende Greisenalter vom deutschen Volke zu erbitten.

Und so wendet sich nun auch heute wieder ein aus den Kreisen des Handwerkerstandes hervorgegangener Ausschuß mit der Bitte um Gaben an das deutsche Volk, insbesondere an die Standesgenossen des Verewigten, um einerseits dem Dichter, der inzwischen am 31. März 1888 gestorben ist, ein würdiges Grabdenkmal, andererseits der Witwe Befreiung von der drückenden Noth des Lebens zu verschaffen. Um dieses letzteren Zweckes willen besonders unterstützt auch die „Gartenlaube“ gern jene Bitte, und es bleibt nur noch zu erwähnen, daß die Spenden von dem Vorsitzenden des Handwerkervereins zu Freienwalde a. d. O., Herrn Gustav Kramer, entgegengenommen werden. =      


Kleiner Briefkasten.

O. F. in Mannheim. Sie finden die einschlägigen Bestimmungen in der „Deutschen Wehrordnung“. § 108,3 schreibt vor, daß „Heimathsscheine, Auslandspässe und sonstige Reisepapiere Militärpflichtigen nur für die Dauer der ihnen bewilligten Zurückstellung zu gewähren sind.“ Entlassung aus der Reichsangehörigkeit aber (d. h. Genehmigung zur Auswanderung) darf nach § 27,1 nicht ertheilt werden: „Wehrpflichtigen, welche sich in dem Alter vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 25. Lebensjahre befinden, bevor sie ein Zeugniß der Ersatzkommission darüber beigebracht haben, daß sie die Entlassung nicht bloß in der Absicht nachsuchen, um sich der Dienstpflicht im Heere oder in der Marine zu entziehen.“

P. G. in Leoben. Die „Sandwiches“ haben ihren Namen nicht etwa von den Sandwichinseln, sondern von einem Lord Sandwich, der die feinschmeckenden Brötchen zuerst in London für seinen Frühstückstisch bereiten ließ. Ob dieser Lord derselbe Chef der englichen Admiralität ist, auf dessen Namen Cook 1778 die neu entdeckten Inseln in der Südsee taufte, darüber schweigt leider die Geographie, jedenfalls aber kann die Menschheit die Erfindung der Sandwichbrötchen ebenso dankbar hinnehmen, als die Entdeckung der Sandwichinseln!

Richard M. in München. Anfrage „Schistoskop“. Wir ersuchen Sie um genaue Angabe Ihrer Adresse, damit wir Ihnen brieflich antworten können.



Auflösung des Doppelräthsels auf S. 612:

Linkes Quadrat: Elsa,
unteres 0 „      : Raab,
rechtes 0 „      : Elba,
oberes 0 „      : Nero;
Diagonale 1 – 4: Esra,
     „       2 – 7: Aloë
     „       3 – 6: Baal,
     „       5 – 8: Bern.

Auflösung des Sternbildräthsels auf S. 612:

Die Namen der Thierkreisbilder liefern die zur Lösung des Räthsels
nöthigen Buchstaben, und zwar immer den so und so vielten Buchstaben
des betreffenden Namens, der durch die über dem Thierbilde stehende
römische Zahl angedeutet ist. Sind diese Buchstaben festgesetzt, so wird
beim Stern unter dem Widder begonnen und, von Stern zu Stern den
Verbindungslinien folgend, stets der durch das Bild markirte Buchstabe
abgelesen. Man erhält dann die Worte: Die Wunder des Himmels.

(Die Sternbilder heißen: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe,
Jungfrau, Wage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische.)

Auflösung des Buchstabenräthsels auf S. 612:       Leinwand – Einwand.

Auflösung des Homonyms auf S. 612:       Der Aar – die Aar.

Auflösung des Zifferräthsels auf S. 612:       Bast – Stab.

Auflösung des Kapselräthsels auf S. 612:       Geld, Geduld.

Auflösung des Logogriphs auf S. 612:       Barke – Barbe – Barde.

Auflösung des Scherzbilderräthsels auf S. 612:       Kamerun.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 644. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_644.jpg&oldid=- (Version vom 6.5.2023)