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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)


dort in den Dörfern an Markttagen erscheinen; sie setzen sich auf die hohen Barbierstühle und geben ihr Haar der Schere preis. Außerdem kommen aus Italien, besonders aus Sicilien und Neapel, in Marseille große Haarsendungen an. Bei uns in Deutschland fehlt es zwar auch nicht an falschen Haaren, doch ist das Angebot hier kein so starkes. Im ganzen geben unsere Mädchen auf dem Lande mehr auf diese angeborene Schönheit als auf bunten Tand, den sie mit dem Opfer derselben erkaufen könnten. †     

Unglückstage. Der Mensch liebt es bekanntlich, sein Unglück dem feindlichen Schicksal in die Schuhe zu schieben. Deshalb ist von altersher der Glaube an unglückliche Tage und Zeiten ein bei allen Völkern fest eingewurzelter. Die alten Römer schlossen während des ganzen Monats Mai keine Ehe, außerdem sahen sie als besonders große Unglückstage den 7. Mai, 8. Juli, 8. November an, weil da die Unterwelt offen stand. Bei allen christlichen Völkern gilt bekanntlich der Freitag, der Todestag Christi, für unglücklich, aber die Russen setzen ihm noch den Montag an die Seite und kennen außerdem eine ganze Menge besonderer Unglückstage. Die Araber dagegen haben deren vier in jeder Woche: Sonntag, den Todestag des Propheten, Montag und Donnerstag; als ganz besonders schlimm wird aber der Sonnabend angesehen. Eine eigene Wissenschaft der Glücks- und Unglückstage haben die Tibetaner, Siamesen und Japaner ausgebildet, sie muß vor Antritt einer Reise, zum Beginn eines Hausbaus etc. sorgfältig berücksichtigt werden. In Madagaskar giebt es ganze Unglücksmonate: die während derselben geborenen Kinder wurden früher einfach umgebracht. Die Hindu sehen in dem Mittwoch den Verderbenbringer, dagegen gilt ihnen der Freitag für glücklich; dafür galt der Freitag, als Tag der holden Göttin Freya, auch den alten Germanen, bis ihm das Christenthum die schlimme Bedeutung beilegte. Die großen germanischen Glückstage aber waren Donnerstag (nach dem mächtigen Gott Donar oder Thor so benannt) und Mittwoch (Wodanstag), dessen alter Name im englischen Wednesday noch anklingt. Der letztere wurde, als der dem neuen Glauben gefährlichste, von der christlichen Geistlichkeit in Deutschland ganz ausgetilgt, und der farblose „Mittwoch“ an seine Stelle gesetzt, der die Bedeutung des Glückstages gänzlich verloren hat. Dem deutschen Gebirgsvolk in Bayern und Oesterreich gelten dafür die drei „großen Tage“ Dreikönig, Johanni und Fastnacht.

Der christliche Kalender beherrscht heute Brauch und Vorstellung des Volkes, aber in seinem Aberglauben, z. B. in der Furcht vor den sogenannten „Rauhnächten“, in denen die alten Götter als unheimliche Gespenster noch immer umgehen sollen, tauchen deutlich genug die Anklänge an eine ferne Vergangenheit empor, und eine Menge uraltheidnischer Vorstellungen sind in seine Glücks- und Unglückstage mitherüber genommen worden. Br.     

Selbstmassage. Die Massage ist in einem Jahrzehnt zu einem vielverbreiteten Heilmittel geworden. Vor einiger Zeit konnten wir in den Mittheilungen eines bewährten Arztes unsere Leser auf die Thatsache aufmerksam machen, daß in Deutschland zu viel Männer und Frauen die Massirkunst erlernt haben und infolge dessen viele Masseure und Masseusen durch Ausübung ihrer Kunst nicht den Lebensunterhalt finden konnten, den sie sicher erhofften. Heute ist diesen neuen Heilgehilfen ein Nebenbuhler entstanden – in Gestalt eines Apparates, der es jedem möglich machen soll, sich selbst zu massiren. Zwei Gummiwalzen, die eine glatt, die andere gezahnt, vertreten die Hand und die Finger. Da die Walzen auch an einem krummen Stiel (wie bei den bekannten Rückenkratzern) befestigt werden können, so kann mit dem Apparat jede Körperstelle bearbeitet werden. Die Sache sieht sehr verlockend aus; denn in keinem anderen Falle ist der Menseh so sehr geneigt, die Selbsthilfe als die höchste Tugend anzuerkennen wie auf dem Gebiete der Heilkunde. Soweit es sich um die Heilung bestehender Krankheiten handelt, ist sie leider am allerwenigsten berechtigt, und schon das alte Spottsprichwort: „Arzt, heile dich selbst!“ beweist es recht drastisch.

So werden auch von den wirklich Kranken wohl nur wenige die Selbstmassage anwenden dürfen und auch diese nur auf Anrathen und unter Aufsicht des Arztes. Aber wir wollen das Gebiet der Anwendung der Massage nicht so eng begrenzen. Der berühmte arabische Arzt Avicenna hat schon vor Jahrhunderten gesagt: „Die Medizin ist die Erhaltung der Gesundheit und die Heilung der Krankheiten“ – und er hat damit die Hygieine, die Erhaltung der Gesundheit, an die erste Stelle gerückt.

Unsere Zeit strebt nach dieser Richtung gewaltig vorwärts, und sie hat allerlei Vorschriften aufgestellt, um die Gefahren abzuwenden, welche die Gesundheit des Kulturmenschen bedrohen. Für die große Schar derjenigen, welche zu einer mehr oder weniger sitzenden Lebensweise genöthigt sind, wird allerlei Gymnastik empfohlen. Die Massage ist nun eine sehr wirkungsvolle passive Gymnastik und verdient auch Beachtung als Mittel zur Förderung und Stärkung der Gesundheit. Für diesen Zweck scheint uns der von den Eisenwerken Gaggenau hergestellte Apparat zur Selbstmassage besonders geeignet. Ein Bureaumensch, ein Stubenhocker, den ja sonst eine Legion allgemein bekannter Leiden bedroht, kann die Selbstmassage mit großem Nutzen anwenden. Diese Klasse der Menschen soll ja Hausgymnastik treiben; viele versuchen es damit, aber bei den meisten schläft die Sache mit der Zeit ein. Das ewige Einerlei lähmt die Ausdauer. Darum greifen viele zu Hanteln, Stäben, Gummisträngen und anderen ähnlichen Werkzeugen und fachen dadurch die erlahmende Thatkraft von neuem an. Der Nutzen dieser Hilfsmittel ist unbestreitbar, und diesem häuslichen Gesundheitsrüstzeug kann sehr zweckmäßig auch der Apparat zur Selbstmassage angereiht werden. Ein weises Maß ist hier selbstverständlich innezuhalten, denn die Wirkung dieser „Gummihand“ ist recht eingreifend, und gewisse Stellen des Körpers, wie z. B.. die Herzgegend, wo die großen Nerven und Blutgefäße ziemlich ungeschützt liegen, müssen besonders geschont werden.

„Abwechslung ergötzt!“ Das ist eine alte Losung der Menschheit. In dieser Hinsicht kann man mit den Erfindungen solcher hygieinischer Apparate zufrieden sein; denn sie gewähren den Heilsuchenden ein reichhaltiges Programm für ihre gesundheitlichen Uebungen. *     


Allerlei Kurzweil.
Charade.
Bilderräthsel.
Auflösung der geometrischen Aufgabe
auf S. 708:

Wenn der Sommer Wald und Wiesen
Mit dem frischen Grün geschmückt,
Hat dich meiner Erst’ und Zweiten
Holder Sang gar oft entzückt.

Meine Dritte gilt gemeinhin
Als des Mannes echte Zier,
Auch besitzt sie große Kräfte,
Denn sie öffnet Thor und Thür.

Einen König nennt mein Ganzes –,
Nur ein Bild der Phantasie –,
Doch umgeben von dem Zauber
Deutscher Märchenpoesie.

Magisches Dreieck.
Auflösung des Bilderräthsels „indianischer Muschelgürtel“ auf S. 708:

Die Buchstaben sind so zu ordnen, daß die
einander entsprechenden senkrechten und
wagerechten Reihen Wörter von
folgender Bedeutung ergeben:
1. Schwimmvogel, 2. Vulkan in der Nähe
des Südpols, 3. musikalisches Instrument,
4. wildes Thier, 5. Fluß in Kaukasien,
6. Note, 7. Consonant.
  A. St.

Der Gürtel besteht aus weißen und dunklen (braunen) Muscheln.
Ordnet man die Buchstaben jeder Sorte arithmetisch nach der Anzahl der
Muscheln (jede Sorte für sich), so ergeben die weißen Muscheln:
„Die viel reden“, und die dunklen: „die luegen viel“.
Auflösung des Anagramms auf S. 708:
Auflösung der Skataufgabe Nr. 6 auf S. 708:
Messen + i = Nemesis; Karat + m = Makart; Eldena + s = Seeland;
Brahma + c = Marbach; Stoa + h = Athos; Samen + i = Amiens;
Hera + l = Rahel; Speise + l = Pleiße; Erbsen + i = Serbien;
Gerona + n = Garonne; Rasen + g = Angers; Sehne + s = Hessen;
Alter + h = Thaler; Carmen + o = Menorca; Wechsel + s = Schwefel.
„Im Schillingshof“.
Der Spieler drückt richtig Trumpf-Daus und -Zehn. Bei folgender Sitzung:
      Vorhand: gW, eK, eO, e7, gO, g9, g8, g7, aO, a8,
00 Mittelhand: rW, sW, c9, c8, rK, rO, r9, r8, sK, s9
wird der Gegner in Vorhand, um nicht eine schwach besetzte Zehn des Freundes zu gefährden,
am besten Trumpf oder Grün (p.) anspielen. Danach nimmt das Spiel folgenden Verlauf:
a
b

01. e7! rW, eW (+ 04)
02. gD, g7, e9 (– 11)
03. rK, rD, eK (– 19)
04. gO, e8, gk (– 07)
05. rO, rZ, eO (– 16)
06. g9, sW, gZ (– 12)
07. r9, r7, sO (– 03)
08. rS, s7, s8 (– 00)
09. sK, sD, gW (– 17)
10. g8, s9, sZ (– 10)

01. g7, e9! gK (– 04)
02. rK, rD, eK (– 19)
03. gO, eS, gZ (– 13)
04. rO, rZ, eO (– 16)
05. gO, sW, gD (– 13)
06. r9, r7, sO (– 03)
07. r8, s7, s8 (– 00)
08. sK, sD, e7 (– 15)
09. g8, rW, sZ (– 12)
10. s9, eW, gW (+ 04)


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 740. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_740.jpg&oldid=- (Version vom 20.6.2023)