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verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

Die Accumulatorvorrichtung, die zur Sicherheit doppelt vorhanden ist, befindet sich in dem mittleren Thurme unseres Bildes. In den beiden Seitenthürmen befinden sich noch Ausgleichungsröhren von 2 m Durchmesser, welche bei jedem Hube das Gewicht der Wassersäule der Hebekolben ausgleichen und somit die Gleichförmigkeit der Bewegung vermehren. Eine noch weiter eingehende Beschreibung würde aber unsere Leser wohl ungeduldig machen.

Die Kosten der ganzen Anlage sind nicht unbedeutend und belaufen sich auf 1 870 000 Franken. Der Bau nahm einen Zeitraum von nahezu 5 Jahren in Anspruch. Durch die Anlage ist jedoch das angestrebte Ziel erreicht worden, der Kanal genügt jetzt wieder allen Anforderungen und wird selbst erheblich gesteigerten Ansprüchen gegenüber ausreichen.

Das Schenkendorfdenkmal zu Tilsit. (Mit Abbildung.) Am 21. September wurde zu Tilsit das Denkmal für Max v. Schenkendorf enthüllt, ein Werk des Bildhauers Martin Engelke in Dresden-Blasewitz. Es war eine überaus würdige, frohe Feier. Galt es doch, einem der besten Söhne der Provinz in Erinnerung an die ruhmreichste Zeit dieser „Wiege des preußischen Königthums“ ein seiner Bedeutung entsprechendes Denkmal zu weihen. Was in den kummervollen Tagen von 1806/1807 das preußische Königshaus zu Tilsit gelitten, was der König Friedrich Wilhelm III. in Memel und Königsberg in den folgenden Jahren zur Wiederaufrichtung des Vaterlandes geplant und geschaffen hat: es ist durch Schenkendorfs Lieder verherrlicht. Dem großen Gedanken der Befreiung des Vaterlandes waren alle seine Kräfte geweiht. Ihm verdanken wir auch das bekannte Lied „Freiheit, die ich meine“. Als Hausgenosse des Landhofmeisters von Auerswald war es ihm vergönnt, im Schlosse zu Königsberg das Antlitz der Königin Luise zu schauen und ihr in Liedern die felsenfeste Zuversicht auf eine Befreiung des heißgeliebten Vaterlandes vorzuführen. So hat Schenkendorf an seinem Theile dazu beigetragen, daß die edle Dulderin in Zeiten der [schwer]sten Noth die beseligende Hoffnung auf [eine] bessere Zukunft hegen durfte. Als aber am 19. Juli 1810 die schwergeprüfte Königin Luise an gebrochenem Herzen starb, da gab er dem Schmerze des gesammten Vaterlandes beredten Ausdruck:

Das Schenkendorfdenkmal zu Tilsit von Martin Engelke.
Nach einer photographischen Aufnahme von R. Minzloff in Tisit.

„Rose, schöne Königsrose,
Hat auch dich der Sturm getroffen?
Gilt kein Beten mehr, kein Hoffen
Bei dem schreckenvollen Lose?“

Endlich jedoch nahte der Tag der Befreiung! In derselben Stadt, welche den tiefsten Fall des Vaterlandes und die herbste Enttäuschung der Königin Luise gesehen hatte, sollte sich auch das Unglück wenden, als am ersten Tage des ewig denkwürdigen Jahres 1813 mit dem Erscheinen des Yorkschen Corps in den Straßen Tilsits jene heilige Begeisterung aufflammte, welche jung und alt um den König scharte und dem geknechteten Preußenvolke die Freiheit wiedergab. Und in dieser Stadt ist der Mann geboren, der der heiligen Streiter Ruhmesthaten durch seine Sangesweisen für alle Zeiten verherrlichte und der Sehnsucht nach einem einigen und mächtigen Vaterlande mit einem deutschen Kaiser an der Spitze beredte Worte verlieh. –

Diesem Gedanken hat der Künstler die lebendige Verkörperung gegeben in seinem Denkmal. Ein unten 41/2 Meter im Quadrat messender, nach oben sich verjüngender Stufenbau aus gestocktem Granit trägt einen reich gegliederten polirten Granitwürfel mit der Inschrift auf der Vorderseite:

„Max von Schenkendorf,
geb. in Tilsit d. 11. Dec. 1783,
gest. in Coblenz d. 11. Dec. 1817,“

auf der Rückseite des Dichters Schwur:

„Ich will mein Wort nicht brechen,
Will predigen und sprechen
Vom Kaiser und vom Reich.“

Auf diesem 31/2 Meter hohen Postamente steht die 2,80 Meter hohe Bronzebildsäule des Dichters. Hochaufgerichtet, Begeisterung auf dem edlen Antlitz, die Rechte zum Treuschwur erhoben, während die Linke die Lieder ans Herz preßt, steht in der Tracht der Freiheitskämpfer, schwertumgürtet die jugendlich straffe Kriegergestalt da, ein Bild der Kraft, in jedem Zuge „zugleich ein Sänger und ein Held“. E. K.     

Maximilians I. Rückkehr nach Gent. (Zu dem Bilde S. 784 u. 785.) Karl der Kühne, der mächtige Herzog von Burgund, war vor den Mauern von Nanzig den Streichen der siegreichen Eidgenossen erlegen und hatte sein stolzes Erbe einer zwanzigjährigen Jungfrau, seiner einzigen Tochter Maria, hinterlassen. Lange schon war diese Tochter dem Erzherzoge Maximilian, dem Sohne des deutschen Kaisers Friedrich III., verlobt, und es hatte sich der seltene und darum für menschliches Empfinden so wohlthuende Fall ereignet, daß wirkliche gegenseitige Liebe einem politischen Handelsgeschäft – denn das war die Verlobung der beiden gewesen – die Weihe gab. Erzählte doch eine hübsche Legende, daß in Marias Herzen schon das Bild des deutschen Kaisersohnes eine heiße Leidenschaft entfacht hätte. Und als nun nach ihres Vaters Tode Aufruhr im eigenen Lande und die Ländergier des französischen Ludwigs XI. die Einsame umdrohten, da eilte der ritterliche Maximilian herbei, seine Braut zu schützen und seine Rechte geltend zu machen. Bereits im April 1477, wenige Monate nach dem Tode Karls des Kühnen, fand durch Stellvertretung die Vermählung statt, welche für die Habsburger der Ausgangspunkt zur Gewinnung einer weltbeherrschenden Macht werden sollte. Am 18. August wurde die Hochzeit in Gent prunkvoll begangen, unter dem Jubel des Landes, das sich durch diese Wendung der Dinge der drohenden französischen Herrschaft glücklich entrückt sah.

Aber noch hatte Maximilian den neuerworbenen kostbaren Besitz in einem mehrjährigen wechselvollen Krieg gegen die Ansprüche Ludwigs XI. zu vertheidigen, und es gelang ihm auch, die nördlichen Provinzen, das heutige Belgien und die Niederlande, durch den Sieg bei Guinegate im Sommer 1479 zu behaupten. Max selbst hatte im Kampfe mit außerordentlicher Tapferkeit mitgefochten und mehrere Feinde mit eigener Hand getödtet. Um so größer war die Begeistermig für ihn, als der Sieger nun am 7. August 1479 heimkehrte zu seiner schönen Gemahlin nach Gent.

Das ist der Augenblick, den unser Bild darstellt. Auf der Freitreppe des Rathhauses begrüßt Maria ihren ruhmgekrönten Gemahl und bringt ihm den jungen Erstgeborenen des Hauses, Philipp, der später den Beinamen des „Schönen“ erhielt, entgegen. Mit glücklichem Aufblick zu der reizenden Gruppe zügelt Maximilian sein in prächtiges Stahlgewand gehülltes Streitroß und seine kampfesstarke Rechte erfaßt mit zärtlichem Druck das schmale Händchen der lieblichen Frau, die ihm nur zu kurz noch erhalten bleiben sollte. An allen Fenstern der engen Gasse zeigen sich die Köpfe der jubelnden Genter, und nur mit Mühe vermag der stämmige Hellebardier im Vordergrunde die drängenden Massen zurückzuhalten, die den glorreichen Helden gern in allernächster Nähe gesehen hätten.

Kaum 21/2 Jahre nachher, im Jahre 1482, starb Maria durch einen Sturz vom Pferde. Ihr Tod war das Zeichen zu einem allgemeinen Aufruhr im Lande, und nur unter schweren Opfern gelang es Maximilian, Ruhe und feste Ordnung wiederherzustellen. Jenes Knäbchen aber, das auf unserem Bilde dem reisigen Manne seine Aermchen entgegenstreckt, wurde der Vater Kaiser Karls V., in dessen Reich die Sonne nicht unterging. =     

„Trau, schau, wem!“ (Zu dem Bilde S. 793.) Wenn diese drei Wörtchen schon in der menschlichen Gesellschaft Geltung haben, um wie viel mehr müssen sie erst unter Bestien berechtigt sein, und dazu noch unter Bestien in Ostafrika, wo Kultur und Zahmheit erst ihren Einzug halten sollen! Da ist ja eine nette Gesellschaft am Rande des Dschungels zusammengerathen. Ein junger Löwe, der die Macht seiner Pranken ’mal probiren möchte, ein Kafferbüffel, einer von jener Sippe, die schon so viele Menschenleben und darunter die berühmter Forscher auf dem Gewissen hat, und als drittes im feinen Kollegium das hinterlistige Krokodil! Trau, schau, wem! Wird es wohl zum Kampf kommen? Wer wird Sieger bleiben?

Wir finden die Antwort auf diese Frage in dem interessanten, wenn auch über zehn Jahre alten Werke „Quer durch Afrika“ von Verney Lovett Cameron. Bei Gelegenheit seines Aufenthalts in dem heutigen „Deutsch-Ostafrika“ südlich von Tabora an dem Ngombefluß erzählt er eine „Jagdgeschichte“, welche den trefflichsten Text zu unserem Bilde abgiebt. Sie lautet:

„Während meiner Streifereien bemerkte ich die Ueberreste eines Löwen, eines Büffels und eines Krokodils, die in einem Haufen zusammenlagen, und man erzählte mir über diesen seltsamen Anblick eine merkwürdige Geschichte. Als nämlich einst ein Büffel zur Tränke gekommen, da sei ein Löwe auf ihn gesprungen, beide seien in das Wasser gefallen und da von einem Krokodil ergriffen worden; dieses wurde wieder durch die konvulsivischen Anstrengungen der beiden Thiere sechzig Fuß weit von dem Ufer geschleift, und da war dann das Trio in unlöslicher Vereinigung liegen geblieben.“

So weit der berühmte Reisende Cameron. Und die Moral von der Geschicht’? – Trau, schau, wem! *     


Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

Dr. G. A. S. in B. Die ursprüngliche Skizze des Bildes in Halbheft 17 d. Jahrg. S. 537 „Leipziger Sommergartenleben zu Großvaters Zeiten“ ist von dem verstorbenen Major W. Berggold gezeichnet worden.

H. F. in B., Südamerika. Sollte wirklich das richtige deutsche Sprachgefühl Ihnen und Ihrer Umgebung soweit abhanden gekommen sein, daß Sie die „Gartenlaube“ fragen müssen, ob man „bei dem Buche“ sagt? „Bei das Buch“ ist ein mundartlicher Fehler, aus dem man beinahe die engere Heimath Ihrer tadelsüchtigen Verwandten erschließen könnte.

K. S. in Mücheln. Das Gedicht „Die Fürstengruft“ suchen Sie in Schillers Werken deshalb vergeblich, weil es nicht von Schiller, sondern von Chr. Friedr. Daniel Schubart ist.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1890, Seite 803. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_803.jpg&oldid=- (Version vom 22.6.2023)