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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Blätter und Blüthen.

Moltkes Ruhestätte. (Mit Abbildung.) Im Parke von Creisau, etwa einen Kilometer vom Herrenhause entfernt, liegt auf einem mit niedrig gehaltenen Fichten dicht bewachsenen Hügel eine kleine Kapelle, ganz überwachsen von den üppigen Ranken der Kletterrose. Moltke hat sie einst erbauen lassen, als ihm – am Weihnachtsabend des Jahres 1868 – der größte Schmerz seines Lebens widerfuhr, die geliebte Lebensgefährtin von seiner Seite gerissen wurde. Wenn man das von einem bläulichen Lichte übergossene Gewölbe betritt, so hat man den Sarg der Gattin zur Linken, rechts davon steht ein zweiter Sarg, der die sterblichen Ueberreste von Moltkes Schwester, zugleich der Stiefmutter seiner Gemahlin, birgt. Zwischen beiden war bisher eine Lücke – jetzt ist sie gefüllt: hier haben sie die Gebeine des großen Feldmarschalls zur letzten Ruhe bestattet.

Die stille Grabkapelle war, als der schlichte Gutsherr von Creisau noch lebte, ein fast tägliches Wallfahrtsziel des einsamen Mannes. Dann legte er wohl einen frisch erblühten Zweig, eine Rose auf den Sarg der Verstorbenen und weilte bei ihr in treuem Gedenken. Jetzt ist er auf ewig an ihrer Seite gebettet, im Tode vereint mit der, die im Leben ihm zu früh entrissen. Ein segnender Christus, eine Nachbildung der Statue von Thorwaldsen, breitet seine Hände über den drei Särgen aus und ein Bibelwort verkündet uns, in welchem Geiste die hier Ruhenden auf Erden gewandelt: „Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung.“

Von der Höhe des Hügels fliegt unser Blick hinaus auf das schöne Schlesierland, auf die Schlachtfelder des großen Königs und der Befreiungskriege. Manch edles Soldatenherz ist hier verblutet, manch wackerer Sohn der deutschen Erde ruht hier vom heißen Streite. Ihre Geister aber umschweben raunend die Kapelle, darin der todte Feldherr schläft.

Die Grabkapelle in Creisau.
Nach einer Zeichnung von R. Püttner.


„Der internationale Verein der Freundinnen junger Mädchen“ nennt sich eine Gesellschaft, deren Zweck es ist, die jungen, auf Erwerb ins Ausland gehenden Mädchen mit Rath und That zu unterstützen. Denn nicht nur materielle Schwierigkeiten sind es, welche ihnen drohen, sondern oft schwere sittliche Gefahren, deren Opfer schon viele Ahnungslose geworden sind. Vor dem einen wie vor dem andern will sie der bereits über die meisten großen Städte von Europa verbreitete Verein schützen. Der Centralvorstand befindet sich in Neuchâtel und besteht aus drei Frauen. Ihm zur Seite stehen die Nationalvorstände der verschiedenen Länder, an welche sich das auswandernde junge Mädchen um Empfehlung zu wenden hat. Es erhält darauf hin die Adresse einer „Freundin“ in seinem neuen Bestimmungsort und hat bei der Ankunft dieselbe aufzusuchen.

Es wird ausdrücklich betont, daß der Verein sich mit Stellenvermittlung nicht befaßt; aber das Mädchen hat doch in den schweren Zeiten des Suchens einen Halt, eine Menschenseele, die sich ihrer annimmt, die ihr Herbergen, Lehrerinnenheime oder eine andere billige Unterkunft nachweisen kann. Hat das Mädchen dann eine Stelle, so wird es ihm ein großer Trost sein, an freien Nachmittagen die „Freundin“ aufzusuchen; verläßt es den Ort wieder, so erhält es die Adresse einer andern „Freundin“, die am neuen Bestimmungsort ihm wieder Fürsorge und Wohlwollen zuwenden wird. Selbstverständlich wird dieser Verein erst dann zu einer ebenso starken als wohlthätigen Macht gelangen, wenn er einmal in jeder größeren Stadt zahlreiche Mitglieder aufzuweisen hat. Denn es sind ja nicht nur Lehrerinnen und Erzieherinnen, die auf ihn angewiesen werden sollen, sondern auch alle dienenden Mädchen, welche den Willen haben, sich anständig und gut zu halten. Gerade für die letzteren ist die Erlaubniß, am Sonntag Nachmittag zu kommen, unschätzbar, denn sie bewahrt sie vor dem Wirthshausgehen und vor dem Sinken durch schlechte Gesellschaft. Manche der „Freundinnen“ versammeln an solchen Sonntagen eine Anzahl junger dienender Mädchen unter ihrer Aufsicht, lassen sie spielen, vorlesen, singen und haben alle die Erfahrung gemacht, daß die Mädchen gerne kommen und für freundliche Zusprache dankbar sind. Dies allerdings ist freie Liebesthat, die recht lebhafte Nachahmung seitens der vielen halbbeschäftigten und unbefriedigten Frauen der höheren Stände finden sollte! Verpflichtet sind die „Freundinnen“ nur zu den obengenannten Diensten, zu Rath und Auskunft.

Der deutsche Nationalvorstand giebt den „Rathgeber für junge Mädchen, welche in die Fremde wollen,“ heraus; er enthält nebst einer Anzahl Rathschläge ein Verzeichniß der Herbergen und Vereine in den größeren Städten. Den „Rathgeber“ erhält das junge Mädchen von der „Freundin“ ihres eigenen Ortes, diese schreibt ihren Namen, sowie den ihres Schützlings und die Adressen derer hinein, die ihm auf der Reise und am Bestimmungsort nützlich sein können. Der Nationalvorstand giebt vierteljährliche Mittheilungen über den Fortgang der Sache und das Mitgliederverzeichniß heraus, das deutsche sowohl als das internationale. Beides wird den Mitgliedern unentgeltlich zugestellt, und aus dieser Liste sind die Adressen sämmtlicher „Freundinnen“ zu ersehen, so daß das Mädchen schon an seinem Wohnort in Briefwechsel mit einer derselben treten kann.

Der jährliche Mitgliederbeitrag beträgt nur eine Mark! Einzusenden ist derselbe an eine der Damen des deutschen Nationalvorstandes: Frau Generalsuperintendent Baur in Koblenz, Fräulein Agnes Vollmar in Berlin und Fräulein Schellbach in Naumburg a. d. S. Möchten doch recht viele Frauen und Mädchen in gesicherter und glücklicher Lebensstellung den Entschluß fassen, als „Freundin“ das Los derer zu erleichtern, die mit der Noth des Lebens kämpfen müssen! Es ist nicht viel, was von ihnen verlangt wird, und sie werden sicher in der neuen Fürsorge eine Quelle wirklicher Befriedigung und Freude finden. Unsere Zeit hat auf den verschiedensten Gebieten schon gezeigt, was einmüthiges Zusammenwirken vieler kleiner Einzelkräfte zustandezubringen vermag. –

Auch die Frauenvereine sind bereits eine Macht geworden und haben manche schwierige soziale Frage mit Glück in Angriff genommen. Und eine solche dringende soziale Frage liegt gewiß auch in der schutzlosen Stellung der arbeitenden Mädchen im Ausland. Deshalb betrachten wir die Gründung des „Vereins der Freundinnen“ als eine segenbringende That und empfehlen ihn warm der Beachtung unserer Leserinnen in allen Welttheilen!

Wild-, Wald- und Weidmannsbilder von Guido Hammer. Die Liebe zum Walde ist dem deutschen Volke angeboren, und wer den Wald und sein tausendfältiges, geheimnißvolles, scheues und doch so trautes Leben mit warmen und wahren Worten zu schildern versteht, der hat die Herzen der Leser gewonnen; um wie viel mehr gelingt es aber dem, der den beredten Worten noch treffliche Zeichnungen hinzuzufügen vermag! Diese Kunst besitzt der langjährige Mitarbeiter der „Gartenlaube“ Guido Hammer. Im Jahre 1857, also gerade vor einem Menschenalter, hat er mit seinem illustrierten Artikel „Der Hirsch im Winter“ die Reihe der trefflichen „Wild-, Wald- und Weidmannsbilder“ eröffnet, welche jung und alt mit Spannung verfolgte. Nun bringt er uns gegen 70 dieser Bilder zu einem prachtvoll ausgestatteten Buche vereinigt, das unter dem obengenannten Titel im Verlage von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig erschienen ist. Wir möchten das Werk nicht nur Jagdfreunden in die Hand geben; es eignet sich vor allem für die reifere heranwachsende Jugend, um in ihr die Liebe zur Natur zu erwecken oder zu stärken. Eltern und Erzieher sollten nimmer vergessen, welche Früchte die Beschäftigung mit der Natur trägt! „Habe ich doch dem Walde mein Allerbestes zu verdanken,“ sagt Guido Hammer selbst in seinem Vorwort zu dem Buche, „denn neben unschuldiger Lust und Freude, welche er mir in reichstem Maße gewährte, hat sein erhebender Einfluß mich auch immerdar wie der Geist eines guten Engels

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891). Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_355.jpg&oldid=- (Version vom 23.8.2023)