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verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

getreulich behütet und beschützt und so zum Charakter, überhaupt zu einem besseren Menschen werden lassen, der dadurch vor vielem Verderblichen bewahrt worden ist, was die Ueberkultur einer Großstadt sonst so leicht über einen Schwachen zu bringen vermag.“

In diesem Sinne haben die Artikel Guido Hammers in der „Gartenlaube“ seit Jahrzehnten gewirkt; in diesem Sinne sei auch das treffliche Buch dem weiten Leserkreise derselben empfohlen.*     

Maifischmarkt in Düsseldorf. (Zu dem Bilde S. 345.) „Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zu Muthe,“ meint Heinrich Heine. Wer aber auch nicht gleich ihm in der rheinischen Kunststadt das Licht der Welt erblickt hat, wird doch stets gern an die Zeit erinnert werden, die er dort verbracht hat. Freundlich liegt die Stadt am Niederrhein, dessen flache Ufer freilich keine Rebenhügel und keine Burgruinen mehr aufzuweisen haben. Die Stromseite bietet auch kein sonderlich schönes oder überraschendes Bild, wie in Köln oder Mainz, dafür ist Düsseldorf aber im Innern überall hell und gefällig, vielfach auch malerisch, wie z. B. der Alte Markt mit dem Rathhause und dem Reiterdenkmal des Kurfürsten „Jan Willem“, wie das Volk ihn nennt. An modernen Monumentalbauten fehlt es ebenfalls nicht, und einen ganz besonderen Reiz erhält die Stadt durch ihren Hofgarten mit seinen herrlichen Alleen und Anlagen. Handel, Industrie und Verkehr blühen, weithin berühmt sind Düsseldorfs Senfe und Punschextrakte – noch berühmter jedoch seine Maler und ihr „Malkasten“.

Ich weiß es noch wie heute, obwohl schon manches Jahr dazwischen liegt, wie ich neben Meister Kaspar Scheuren, dem unübertroffenen Aquarellisten rheinischer Ansichten, den nun auch bereits der kühle Rasen deckt, zum ersten Male auf den Ananasberg im Hofgarten stieg und dann von ihm in das originelle Künstlerheim des „Malkastens“ eingeführt wurde. Bei einer anderen Gelegenheit – es war im Anfang des Mai – wanderten wir zusammen durch die Straßen, als er plötzlich stehen blieb und auf den belebten Markt vor uns mit den Worten deutete: „Da meint nun so mancher, nur der Fischmarkt auf dem Quai von S. Lucia in Neapel oder die Pescheria in Venedig seien des Malens werth. Nun ja, die köstlichen zerlumpten Kerle und schwarzhaarigen Frauenzimmer fehlen hier und ebenso die vielgestaltigen Meereserzeugnisse, die als ‚Frutti di mare‘ dort feilgeboten werden. Ist trotz alledem aber dieser Blick auf unseren Maifischmarkt es nicht werth, im Bild künstlerisch festgehalten zu werden?“

Der Maler, dem wir das Bild auf S. 345 verdanken, hat das gethan und das geschäftige Drängen und Treiben auf dem Markte mit großer Naturwahrheit wiedergegeben. Ringsum Lärm und Bewegung. Wer Lust hat, kann die ausgiebigsten Dialektstudien machen und dabei wahrnehmen, daß die rheinische Mundart fast in jeder Stadt ihre besondere Klangfarbe und bezeichnenden Unterschiede hat. Mit lauter Stimme preisen Verkäufer und Verkäuferinnen ihre Ware an. Eifrig handeln an den verschiedenen Ständen die „Stützen der Hausfrau“ und untersuchen prüfend die in Körben und auf Tischen zur Schau gelegten Fische. Wirthe und Händler stellen sich ein, und bedächtigen Ganges tragen behäbige Bürgersfrauen ihren Einkauf heim. Aber auch wohlsituirte Herren, Beamte, Kaufleute u. dergl., verschmähen es nicht, dem Maifischmarkte einen Besuch zu machen, um in eigener Person dort einzukaufen. „Denn,“ meint jeder nachher am Stammtisch, „über einen leckeren Maifisch in Gelee mit Salat geht noch lange nichts!“

Wie schon der Name besagt, gehört der Maifisch gleich den Maiglöckchen und dem Waldmeister, der zur Bereitung des köstlichen Maitranks dient, zu den besonderen Gaben, die der „Wonnemond“ spendet. Er gehört zur Familie der Lachse, genauer zur Sippe der Renken, und heißt eigentlich Schnäpel (Coregonus oder Salmo oxyrhynchus). Der Maifisch ist ein Meeresbewohner und hat seine Heimath in der Nord- und Ostsee, von wo er aber alljährlich, „wenn’s Mailüfterl weht“, in die mit dem Meere zusammenhängenden Flußläufe, namentlich Rhein, Elbe und Weser, tritt, um darin aufwärts zu ziehen und dann in der Zeit vom September bis Dezember zu laichen. Die Züge dieser Fische geschehen mit einer gewissen Regelmäßigkeit, ja sie sollen dabei, ähnlich wie die der Kraniche, die Figur eines Dreiecks bilden, jedoch nur langsam vorwärts kommen. Während dieser Wanderung flußaufwärts, auf der sie jedoch im Rhein höchstens bis zur Gegend von Speier gelangen, werden die Maifische nun massenhaft gefangen und verspeist. Man bezahlt, je nach der Reichhaltigkeit des Fanges, gewöhnlich 40 bis 80 Pfennig für das Kilogramm und genießt sie entweder frisch oder auch eingesalzen und geräuchert. Am Rheine speist man sie ausschließlich frisch. Namentlich in den Städten des Niederrheines ist es jedesmal ein besonderes Ereigniß, wenn die ersten Maifische auf den Markt kommen, und die Lokalzeitungen versäumen es nicht, davon gebührend Notiz zu nehmen. In den Wirthschaften veranstaltet man besondere „Maifischessen“, bei denen natürlich auch entsprechend gezecht wird, da der Fisch bekanntlich schwimmen muß, und in den Familien gehört der Maifisch zu den bei groß und klein beliebtesten Schüsseln. F. R.     

Sonne und Schornstein. Es wird vielfach behauptet, daß die Oefen rauchen, wenn die Sonne auf den Schornstein scheint; andere erklären das für ein unsinniges Geschwätz, denn die Sonne scheine oft auf den Schornstein und die Oefen rauchen nicht immer dabei. Wer hat nun recht? Eigentlich niemand; allerdings stehen Sonne, Schornstein und Ofen in gewisser Beziehung zu einander, und unter Umständen können die Oefen rauchen, wenn die Sonne scheint. Dies tritt ein, wenn sich Folgendes ereignet. Scheint die Sonne von der einen Seite auf den Schornstein, so kann die an der erwärmten Wand gelegene Luftsäule erwärmt werden. Die Luft steigt alsdann an dieser Seite in die Höhe, während sie auf der anderen, nicht erwärmten Seite das Bestreben haben wird, niederzufallen. So bildet sich im oberen Theile des Schornsteins ein Luftwirbel, der bei einem schwachen Zuge in den Schornstein tiefer hinabsteigen kann und dann das Rauchen des Ofens verursacht. In der Regel aber rauchen die Oefen aus anderen Gründen, und zumeist sind daran die Menschen schuld und nicht die Sonne! *     

Erfrieren ohne Frost. Die Empfindlichkeit der Pflanzen gegen Frostgrade ist sehr verschieden. In den kältesten Gebieten der Erde, in Jakutsk und Werchojansk in Sibirien, wo die niedrigsten Temperaturen auf der Erde (von –62,0° und –63,2°C.) beobachtet wurden, wachsen noch zahlreiche Kräuter und Sträucher, gedeihen kräftig Birken- und Lärchenbäume, obwohl sie im Winter wochenlang dem Einflusse von Temperaturen ausgesetzt sind, bei denen das Quecksilber gefriert. Andererseits giebt es empfindliche Pflanzen, bei denen der Tod schon eintritt, wenn die Temperatur noch nicht einmal auf 0° gesunken ist. Die Gärtner meinen z. B., daß Tabak, Melonen, der buntblätterige Coleus etc. erfrieren, wenn sie während einer einzigen Nacht einer Temperatur von +2° ausgesetzt werden. Nun ist es klar, daß bei diesen Graden, die noch über dem Gefrierpunkte liegen, das Wasser in den Geweben der Pflanzen nicht gefriert und also diese auch nicht im eigentlichen Sinne erfrieren können. Aber die Blätter solcher Pflanzen sehen am andern Morgen schlaff aus; sie schrumpfen zusammen und werden schwarz, sie welken und fallen ab, kurz sie gleichen ganz den durch Frost getödteten Pflanzen. Und doch sind sie nicht erfroren. Sie sind nur verdorrt. Denn die Abkühlung des Bodens hat bei ihnen die saugende Kraft der Wurzeln gelähmt, und diese waren nicht mehr imstande, den durch die Athmnng der Blätter erzeugten Wasserverlust zu ersetzen. Schützt man die Töpfe solcher Gewächse durch wärmende Sägespäne, Baumwolle etc. und stellt sie in kalten Herbstnächten ins Freie, so ertragen sie selbst Lufttemperaturen von + 0,5°, ohne daß bei ihnen die Erscheinungen des Verdorrens oder des in diesem Falle sogenannten „Erfrierens“ zu Tage treten. *     




Kleiner Briefkasten.

H., Altenessen. Ein Handwerksmeister, welcher nicht regelmäßig wenigstens einen Lohnarbeiter beschäftigt, gehört in die Klasse derjenigen Leute, auf welche durch Beschluß des Bundesrathes die Versicherungspflicht ausgedehnt werden kann, was aber noch nicht geschehen ist. Vorderhand steht ihnen nur das Recht der freiwilligen Selbstversicherung zu, jedoch nur dann, wenn sie das vierzigste Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben und noch nicht invalid sind. Die Vortheile der Uebergangsbestimmungen in § 157 des Gesetzes kommen indessen nur den Versicherungspflichtigen zugute, also kann ein Handwerksmeister, welcher jetzt 71 Jahre alt ist, die letzten Jahre ohne Gehilfen gearbeitet hat und jetzt schon „fast arbeitsunfähig“ ist, Anspruch auf Altersrente nicht erheben.




Inhalt: Lea und Rahel. Roman von Ida Boy-Ed (4. Fortsetzung). S. 341. – Elfenbesuch bei den Zwergen. Bild. S. 341. – Maifischmarkt in Düsseldorf. Bild. S. 345. – Der Schatz der Cobra. Von Dr. A. Nagel. S. 346. – Helmuth von Moltke †. Stimmungsbild von Hermann Heiberg. S. 349. Mit Abbildungen S. 349, 350 und 353. – Eine unbedeutende Frau. Roman von W. Heimburg (Schluß). S. 351. – Die Ueberführung der Leiche Moltkes nach dem Lehrter Bahnhof. Bild. S. 353. – Blätter und Blüthen: Moltkes Ruhestätte. Mit Abbildung. S. 355. – „Der internationale Verein der Freundinnen junger Mädchen“. S. 355. – Wild-, Wald- und Weidmannsbilder von Guido Hammer. S. 355. – Maifischmarkt in Düsseldorf. S. 356. (Zu dem Bilde S. 345.) – Sonne und Schornstein. S. 356. – Erfrieren ohne Frost. S. 356. – Kleiner Briefkasten. S. 356.




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Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner.0 Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.0 Druck von A. Wiede in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1891). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1891, Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_356.jpg&oldid=- (Version vom 23.8.2023)