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verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

eine eingehende Beachtung schenken und eine selbständige Darstellung widmen; auch hierin soll das Werk seinem Streben nach Vollständigkeit treu bleiben, wie auf der andern Seite seine Unparteilichkeit in der Würdigung der neuauftauchenden Talente bekunden. „Die neue Auflage,“ sagt der Verfasser, „beweist wohl zur Genüge, daß meine Darstellungsweise sich nach wie vor des Beifalls einer großen Zahl von Litteraturfreunden erfreut, abgesehen von ihren ästhetisch-kritischen Tendenzen, wie sie denn auch der praktischen Aufgabe, das große Lesepublikum gegenüber der Fülle der überreich gebotenen Litteraturschätze zu orientieren, genügen wird.“ Und an einer andern Stelle heißt es: „Trotz aller eingehenden und unparteiischen Würdigung unserer Dichter, Denker und Geschichtschreiber, trotz aller Hochachtung für die schöpferische Kunst in ihrer Eigenthümlichkeit, die als das A und O aller Litteraturwirkung auch in den Vordergrund dieses Werkes tritt, trägt dasselbe doch eine Fahne voraus, welche die Gleichstrebenden um sich versammeln, feindlichen Richtungen siegreichen Widerstand leisten soll. Es ist die Fahne der modernen Bildung, welche die echte Poesie der Gegenwart nicht preisgeben darf, wenn sie eine Poesie der Zukunft werden will. Alles, was nicht aus dem Geiste unserer Zeit herausgedichtet ist, bleibt schwächliche Nachdichtung und trägt von Haus aus den Stempel des Dilettantismus. Ebenso aber ist alles, was diesem Geiste huldigt, doch in platter Hingabe, ohne künstlerischen Adel und Schwung dem Gericht der Kritik und früher Vergänglichkeit verfallen. Das Ideal, das unserer Kritik vorschwebt, ist die moderne, vom Geiste des Jahrhunderts getragene und nach künstlerischen Zielen strebende Dichtkunst. Ehre den berufenen Talenten, die diesem Ideal nacheifern; doch Krieg dem nachahmenden Dilettantismus, in welcher Gestalt er erscheinen mag; er sündigt gegen den Geist der Zeit; Krieg dem flachen Realismus, er sündigt wider das Gesetz der Kunst.“

Und wie der Erfolg dieses Werkes beweist, ist die Zahl der Gleichstrebenden nicht gering und wird sich mit jeder neuen Auflage desselben vermehren.


Friedrich Königs Denkmal in Eisleben. Es war am 29. November 1814, da verkündigte ein Leitartikel an der Spitze der englischen Zeittung „Times“ den Lesern die große Neuigkeit, daß sie ein Blatt in Händen hielten, von dem, mit Hilfe „der größten Verbesserung, welche die Buchdruckerkunst seit ihrer Erfindung erfahren hat,“ nicht weniger als elfhundert Exemplare in einer Stunde gefertigt worden seien. Es war das ein bedeutungsvoller Augenblick in der Geschichte der Buchdruckerkunst, das erste Öffentliche Auftreten der Erfindung eines Deutschen aus Eisleben, der Schnellpresse von Friedrich König.

Den Lesern der „Gartenlaube“ ist Friedrich König kein Unbekannter. Sie haben aus dem Jahrgang 1883 das Leben dieses genialen Mannes kennengelernt, ein echtes Erfinderleben, voll bitteren Ringens und herber Enttäuschungen, groß durch eine wunderbare Vereinigung von geistigem Scharfsinn und sittlicher Charakterstärke, die beide nicht erlahmten, wenn auch spät, zu spät für ihn selbst die Krone des Erfolges erreicht wurde. Friedrich König starb am 17. Januar 1833 und hinterließ dem treuen Genossen aus den Jahren des Kampfes, dem Schwaben Andreas Friedrich Bauer, eine fertig ausgebildete Erfindung, aber ihre Früchte zu genießen, war ihm nicht mehr vergönnt. Sein Lohn ruht allein in dem dankbaren Gedächtniß der Nachwelt.

Und es fehlt nicht an äußeren Zeichen dieses dankbaren Gedächtnisses. Auf seinem Grabe zu Oberzell bei Würzburg, wo heute noch die blühende Buchdruckmaschinenfabrik von König und Bauer ihren Sitz hat, steht seit dem Jahre 1842 ein Denkmal, das auf der einen Seite Gutenberg an seiner Presse thätig, auf der anderen eine im Betrieb befindliche Schnellpresse zeigt. In diesen Tagen aber, am Sonntag den 3. Mai, ist auch in Eisleben ein Denkmal für Friedrich König enthüllt worden. Als die „Gartenlaube“ zum fünfzigjährigen Todestage Königs das Leben dieses Mannes erzählte, da schloß sie mit der Frage: „Wird jetzt die Stadt Eisleben ihres zweiten großen Sohnes, wird die deutsche Nation des Vollenders der Erfindung Gutenbergs gedenken und ihn ehren durch ein Denkmal, das er vor vielen anderen verdient hat?“ Nun, diese Anregung ist, in ihrem ersten Theile wenigstens, auf fruchtbaren Boden gefallen. Das neue Denkmal, welches wir unseren Lesern in Abbildung vorführen, steht im Stadtgraben von Eisleben an der Friedrich Königstraße. Es ist eine überlebensgroße Büste aus Bronze auf Granitsockel, im ganzen etwas über drei Meter hoch, hervorgegangen aus der künstlerischen Meisterhand des Professors Fritz Schaper in Berlin. Auf der Vorderseite steht die Inschrift: „Dem Erfinder der Schnellpresse Friedrich König, einem Sohne Eislebens.“

So zeigt nun ein schönes Monument aus Stein und Erz der Mit- und Nachwelt das Bild des großen Erfinders. Eine andere stets frische Erinnerung an diesen Landsmann Luthers halten unsere Leser allwöchentlich in Händen, denn – jede Nummer der „Gartenlaube“ ist ein Denkmal der Kunst Friedrich Königs.

Friedrich Königs Denkmal in Eisleben.
Entworfen von Fritz Schaper.
Nach einer Photographie von Louis Elbelt in Eisleben.


Ein Fest der Opfer. Aus Berlin berichtet man von gefährlichen Wucherern, welche unter der Maske solider Geschäftsleute Geld zu den höchsten Zinsen herleihen. Von den gewöhnlichen Wucherern unterscheiden sie sich dadurch, daß sie nicht bloß den Geplünderten den Hals zuschnüren, sondern von ihnen noch allerlei gesellschaftliche Liebesdienste verlangen. Die Behörden hatten ein Verzeichniß dieser feineren Wucherer entworfen und besonders den Offizieren und jüngeren Beamten mitgetheilt; doch das hatte nur die Wirkung, daß die letzteren auf Geldquellen hingewiesen wurden, welche sie bisher nicht kannten. Auch die Anweisung an die Gerichte, von solchen Prozessen den höheren Behörden Anzeige zu machen, wurde von den Geldgebern nur zu Drohungen und neuen Erpressungen benutzt. Einer dieser „Kaufleute“ wollte eines Tages seine sämmtlichen Opfer bei sich versammeln, um durch diese vornehmen Gäste sich Ansehen in weiteren Kreisen zu verschaffen. Seiner Einladung leisteten alle Folge, denn sie war mit einer Drohung verknüpft, welche ihre Wirkung nicht verfehlte. Und so mußten bei einem glänzenden Mahl die Opfer auf das Wohl ihres Gastgebers trinken, der zugleich ihr geheimer Würgengel war. †     


Rembrandt mit seiner Frau Saskia. (Zu unserer Kunstbeilage.) Wohl kein anderer Maler hat seine Eigenart in so bestimmter und fesselnder Weise seinen Bildern aufzudrücken gewußt als Rembrandt. Sind ja doch gerade daran neuerdings weitgehende Erwägungen angeknüpft worden in dem Buche „Rembrandt als Erzieher“, das seinerzeit in der „Gartenlaube“ (Jahrgang 1890, Nr. 22) eine ausführliche Würdigung gefunden hat. Diese mächtige Handhabung des Lichts, das aus tiefem Dunkel wirkungsvoll hervortritt und vor allem die Gesichter der dargestellten Personen charakteristisch und scharf beleuchtet, dieses scheinbare Verschwimmen aller festen Formen, während sie doch noch in leiser Andeutung abgegrenzt sind, dabei diese kraftvolle Führung der Gesichtszüge – das alles sind Eigenschaften, welche Rembrandt in einzigartiger Weise auszeichnen. Sie treten besonders da hervor, wo Rembrandt das Größte geleistet hat, auf bem Gebiete des Porträts, und hier wieder vorzugsweise in seinen Selbstbildnissen. Ein solches, ungefähr aus dem Jahr 1636, also aus dem dreißigsten Lebensjahr des Künstlers stammend, ist in unserer Beilage wiedergegeben nach dem Original in der Dresdener Galerie. Der junge Maler schwingt lebensfroh mit der Rechten den Pokal, auf seinem Schoße sitzt die schöne Saskia, seine erste Frau, die ihm nur allzufrüh durch den Tod entrissen wurde. Seine geniale Hand hat die Freude des Augenblicks verewigt und für die Nachwelt eine jener glücklichen Stunden festgehalten, wie sie das spätere Leben für ihn selbst nicht allzuhäufig mehr hatte.




Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

P. F. in Rastatt. Wenn von „Fays echten Sodener Mineralpastillen“ in Ihrer Zeitung behauptet wird, daß dieselben ein Mittel gegen die Influenza bilden, bei dessen Anwendung die Krankheit nicht so heftig auftrete wie sonst und in kürzester Zeit ende, so ist das eine ungerechtfertigte Uebertreibung. Nach einer Bekanntmachung des hochverdienten Karlsruher Ortsgesundheitsrathes sind die genannten Pastillen wohl imstande, die katarrhalischen Beschwerden einer Influenzaerkrankung zu lindern, dagegen nicht, die Krankheit als solche rascher zu beenden oder schwere Komplikationen zu verhüten.

T. B. in Germersheim. Die übliche Reisezeit für den Harz ist Juni bis Ende September. Nach der Versicherung des neuesten, bereits in elfter Auflage erschienenen und von dem „Harzklub“ durchgesehenen Harzführers aus der Serie von Meyers Reisebüchern (Leipzig, Bibliographisches Institut) ist der September sogar häufig der schönste Monat, weil dann in der Regel die Luft nebelfreier ist. Für dieses Jahr haben Sie also noch nichts versäumt.

J. Für Ihren reichen Beitrag zu Gusten der schlesischen Weber unsern verbindlichen Dank! Was Ihre Anregung betreffend Verwendung der Weber als Cigarrenarbeiter anbelangt, so werden wir dieselbe im Auge behalten, um sie bei gebotener Gelegenheit zu verwerthen.

S. M. K. K., Texas. Mit Belehrung aus so weiter Ferne ist in Ihrem Falle nicht viel zu machen. Alles, was wir thun können, ist, daß wir Ihnen Muth zusprechen. Glauben Sie uns, diejenigen, die in Gesellschaft nicht viel reden, das sind nicht immer die schlechtest Angesehenen; wahre Menschenkenner – und an deren Urtheil muß Ihnen doch zunächst liegen – werden immer den guten Kern auch aus dem herausfinden, der nicht viel aus sich zu machen versteht. Also nur Kopf in die Höhe! Und sorgen Sie dafür, daß Sie immer vor Ihrem eigenen Gewissen gerechtfertigt dastehen, dann werden Sie auch mit der Zeit lernen, sich über das Urtheil der „Gesellschaft“ hinwegzusetzen.




Inhalt: Lea und Rahel. Roman von Ida Boy-Ed (7. Fortsetzung). S. 389. – Elisabeth Leisinger als Frau Fluth in den „Lustigen Weibern von Windsor“. Bildniß. S. 389. – Weinblüthe. Gedicht von Ida John. S. 392. Mit Bild S. 393. – Elisabeth Leisinger. Von Heinrich Ehrlich. S. 394. (Mit Bildniß S. 389.) – Der Planet Mars. Von Dr. Carl Cranz. S. 395. Mit Abbildungen S. 395, 396, 397 und 398. – Mein Dienst auf der „Elisabeth“. Von H. Rosenthal-Bonin. S. 399. Mit Abbildungen S. 399, 400 und 401. – Zur Bekämpfung der hohen Schulter. Mit Abbildungen. S. 404. – Hohenkrähen und sein „Poppele“. Mit Abbildung. S. 405. – Blätter und Blüthen: Verbesserung des Trinkwassers. S. 407. – Rudolf von Gottschalls Nationallitteratur. S. 407. – Friedrich Königs Denkmal in Eisleben. Mit Abbildung. S. 408. – Ein Fest der Opfer. S. 408. – Rembrandt mit seiner Frau Saskia. (Zu unserer Kunstbeilage.) S. 408. – Kleiner Briefkasten. S. 408.




manicula0 Hierzu Kunstbeilage VII: „Rembrandt mit seiner Frau Saskia“.




Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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