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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Weltkenntniß aneignen, ohne die man heutzutage auf Reisen nicht durchkommt und doch auch nicht für die Erste, Beste gehalten werden möchte!

Ich hoffe mich klar und vertrauensvoll ausgedrückt zu haben, woraus Sie ersehen werden, daß es mir nur um eine geistreiche bildende Korrespondenz mit einem feinen Herrn zu thun ist, der nebenbei mit Herz begabt ist und auf das Innere sieht, wie aus Ihrem Inserat hervorgeht. Auf Wunsch sende ich Photographie, bin aber auch zu persönlicher Vorstellung bereit, wenn Sie solche vorziehen sollten. Meine Mittel erlauben es mir, jedem Ihrer allerwerthesten Vorschläge entgegenzukommen, was noch durch ein Aeußeres unterstützt wird, von welchem ich aus Bescheidenheit nichts weiter sagen will.

Ich hoffe mich nicht in Ihnen getäuscht zu haben, insofern als indem wenn Sie bereits einer zuvorigen Reflektantin den Vorzug gegeben haben sollten, Sie es mir dann wenigstens zu wissen thun und einige Bestellungen bei mir machen werden. Für diesen Fall halte ich mein Prima-Handschuh-Geschäft bestens empfohlen. Preisliste gratis und franko. An Kunden werden alle Sendungen portofrei effekuiert und Ausbesserungen unentgeltlich vorgenommen. Da ich keinen Grund habe, mich meinerseits anonym oder inkognito zu verhalten, erlaube ich mir zu sein

Ihre  

einem guten Erfolge entgegensehende  
Julie Banz.  
Krummwinkel bei B …  

Gumpengasse 2.’"  

„Wissen Sie, daß es mir vorkommt, als hätten wir miteinander einer Lustspiel-Vorstellung beigewohnt, Doktor," rief Albert Gerlach, nachdem auch die Krummwinklerin weidlich belacht worden war. "Sie sind ganz fröhlich geworden, und selbst der alte Aristoteles dort oben scheint verstohlen zu lächeln."

„Ja, und doch hat auch dieses ‚Lustspiel‘ seine ernste Seite. Das heißt: jeder dieser Briefe zeigt uns eine aus den Eigenthümlichkeiten unserer Zeit herausgewachsene Menschenart, stellt also gewissermaßen ein Blatt aus der Zeitgeschichte dar.“

„Nicht abzuleugnen! Aber heute erlaube ich Ihnen nicht mehr, irgend ein Ding der Welt mit Weltweisheit zu beleuchten. Sie sollen zur Ruhe gehen und im Traume weiter lachen. Gute Nacht!“


Blätter und Blüthen.

Eine gestörte Mahlzeit. (Zu dem Bilde S. 521.) Wir sind an einem der Ströme Südamerikas, die durch tropische Waldungen ihre Fluthen dem Atlantischen Ocean entgegenwälzen. Eine großartige Wildniß umfängt uns; mit urwüchsiger Macht schießt hier die Vegetation empor und die Thierwelt scheint zu verschwinden in diesem Pflanzenmeer. Doch der Naturforscher versteht sie auch hier zu belauschen. Am Ufer eines Flusses, am Stamme eines halbgestürzten Baumes, der in seinem Fall von einem anderen niedergestreckten Riesen des Urwaldes aufgehalten wurde, erblickt er eine sonderbare Familie. Es sind Thiere, die auf den ersten Blick unseren Schweinen nicht unähnlich sehen und von deutschen Reisenden Wasserschweine genannt wurden; die Indianer nennen sie Capügua, woraus die Spanier Capybara gemacht haben, und in den Verzeichnissen der Wissenschaft sind sie unter dem Namen Hydrochoerus Capybara eingetragen. Merkwürdige „Charakterzüge“, wie sie sonst das Thierleben so oft bietet, kann man dem Wasserschwein nicht ablauschen. Es ist plump gebaut, trotzdem nicht ungeschickt in seinen Bewegungen, aber träge von Natur. Wenn die Noth es zwingt, kann es mit Leichtigkeit über meterhohe Hindernisse springen, es schwimmt auch meisterhaft; allein für gewöhnlich offenbart sich in seinem Thun und Treiben eine plumpe Schwerfälligkeit und Gemächlichkeit. In einer Beziehung ist das Thier besonders bemerkenswerth: es ist das größte Mitglied der Ordnung der Nager, der riesige Vetter unserer Ratten und Mäuse. Ein erwachsenes Exemplar erreicht die Größe eines jährigen Hausschweines, ein Gewicht von beinahe einem Centner und eine Höhe von 50 cm und mehr am Widerrist. Seine Färbung ist undeutlich, braun mit einem Anstrich von Roth oder Röthlichgelb.

In seiner Heimath lebt es nur an Flußufern, von denen es sich selten entfernt; es nährt sich von allerlei Sumpf- und Wasserpflanzen, wälzt sich im Schlamm und wäre ein rechtes Schwein, wenn es nicht einen Theil seiner Zeit im Wasser zubringen würde. Man kann die Jungen dieser Thiere leicht zähmen, in Europa besaß Brehm ein gezähmtes junges Wasserschwein, das seinem Rufe folgte – aber es gehorchte nur, wenn es eben wollte, eine besondere Freude bereitete es dem Naturforscher nicht.

Draußen in den Wäldern des Orinoko, Amazonas und La Plata wird es von den Indianern gejagt, die gern sein Fleisch verzehren, obwohl es einen thranigen Beigeschmack hat. Aus letzterem Grunde verschmähen die weißen Bewohner Südamerikas dieses Wildbret und jagen die Capybara nur zur Belustigung.

Tag und Nacht aber beschleicht die gemüthlichen Familien der Wasserschweine der schlimmste Raubgesell Südamerikas, der schlaue Jaguar; wie ein Blitz fällt er auf die Ahnungslosen nieder. Sprungbereit sehen wir ihn auch auf unserem Bilde. Die Familie thut sich gütlich an den Wasserpflanzen, die am Ufer wachsen. Da wittert das Männchen die Nähe des Erzfeindes; ein Ferkelchen schnobert empor und blickt entsetzt in die funkelnden Lichter des Jaguars. Doch es ist bereits zu spät: bevor die Wachsamen die Flucht ergreifen und ihre Gefährten warnen können, saust der Räuber hernieder und streckt sein Opfer zu Boden. Mit einem durchdringenden Schrei, der wie „Ap!“ klingt, stürzen die übrigen ins Wasser; man sieht nur die Nasenspitzen aus der Fluth hervortauchen und bald sind auch diese im Rohrdickicht verschwunden. Eine Scene des unerbittlichen Kampfes ums Dasein, der die ganze Welt erfüllt, hat sich abgespielt; vielleicht erreicht den Räuber in demselben Augenblick ein gleiches Geschick. Lautlos stiegt ein winziger vergifteter Pfeil durch die Luft, den ein Indianer gegen den Jaguar abgeschnellt hat – und in wenigen Minuten ist auch der Sieger neben seiner Beute ein Opfer des Todes. * 

Haushaltungsschulen. Der Gedanke, Haushaltungsschulen für Arbeiterinnen zu gründen, hat in manchen Gegenden des Deutschen Reiches bereits Verwirklichung gefunden, so in Berlin, Karlsruhe, Frankfurt a. M., Kassel. Gegenwärtig geht man auch in Oesterreich daran, solche ins Leben zu rufen. Bereits besteht eine derartige Schule zu Dornbirn in Vorarlberg, eine Fabrikschule zu Aussig in Böhmen verfolgt die gleichen Zwecke, und nunmehr gedenkt man auch in Wien eine ähnliche Anstalt zu errichten. Bei der Kostspieligkeit der Lebensführung in der österreichischen Hauptstadt thun jeder Frau, vor allem aber der des verhältnißmäßig gering bezahlten Arbeiters, wirtschaftliche Kenntnisse dringend noth; man klagt über den Verfall so vieler Haushaltungen und glaubt in dem Umstande, daß die erwerbende und seit ihrer Kindheit in der Fabrik oder an der Nähmaschine beschäftigte Frau ihrem Haushalte nicht entsprechend vorstehen kann, mindestens theilweise die Ursache erblicken zu können. –

Dadurch, daß diesem Uebelstande abgeholfen, die Frau in den Stand gesetzt wird, den Mittagstisch einfach, aber schmackhaft herzustellen, das schmale Einkommen sparsam zu verwalten, hofft man, der Geldnoth der Arbeiterfamilien wenigstens von einer Seite her vorzubeugen und den Versuchungen, welche die zahlreichen Bier- und Weinhäuser der Residenz dem heimkehrenden Familienvater bieten, einen Damm entgegenzusetzen. Vorläufig sollen Abendkurse eingeführt werden, in denen die Arbeiterinnen Kochen, Nähen und Flicken wie alle anderen Verrichtungen, welche in ihrem kleinen Haushalte vorkommen, erlernen können. Geeignete Vorträge sollen zur Belehrung über den Nährwerth der Speisen, über häusliche Oekonomie, Kinderpflege etc. dienen. Zur Anbahnung des Unternehmens, das vorläufig noch der Privatwohlthätigkeit überlassen bleibt, hat sich ein Ausschuß gebildet, an dessen Spitze der k. k. Central-Gewerbeinspektor, Hofrath Migerka, steht. R. U. 




Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angaben von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

Frau Oberst B., Sachsen. Haben Sie denn die „Gartenlaube“ Jahrgang 1890, Seite 723 nicht gelesen? Dort steht ein Artikel, der genau das ausspricht, was Sie wollen. Im übrigen sind wir der Ansicht, daß in Beziehung auf richtige Haltung beim Schreiben die Eltern mehr thun können als die Lehrer. Die letzteren haben meist eine große Anzahl von Kindern gleichzeitig vor sich, können also naturgemäß die einzelnen nicht in gleichem Maß beaufsichtigen wie die Eltern zu Hause.

F. B., Linz a. d. Donau. Die Zubereitung von Rhabarberstengeln als Gemüse ist dieselbe wie die von Schwarzwurzeln. Absieden in Salzwasser, Aufkochen in einer leichten Buttersauce. Aber der eigenthümliche Rhabarbergeschmack ist nicht jedermanns Sache, darin liegt wohl der Grund, warum das allerdings sehr gesunde und verdauungbefördernde Gemüse nicht allgemein gegessen wird. Am besten macht sich Rhabarber noch mit Zucker, Wein und Gewürz versetzt als süße Speise. Sie finden in Webers „Universal-Lexikon der Kochkunst“ (Leipzig) eine ganze Anzahl Rezepte zu Kompott, Marmelade, Gelee, Auflauf, Kuchen und Pudding, ja auch zu einem Rhabarberwein. – Die Wurzel der Rhabarberpflanze dient zu den bekannten medizinischen Zwecken, doch verwendet man dazu nicht die hauptsächlich in England gezogenen, theilweise getriebenen großblätterigen Sorten, sondern eine in Mittelasien gedeihende Pflanze, deren Wurzeln dann getrocknet aus Arabien zu uns gelangen.

'B. F. in Lüttich. Der verstorbene Komponist Wilhelm Taubert war beinahe 80 Jahre alt. Sie finden näheres über ihn in einem für Musikfreunde höchst brauchbaren, empfehlenswerthen Nachschlagebuch, „Julius Schuberths Musikalisches Konversationslexikon“, herausgegeben von Professor Emil Breslauer, das kürzlich bei J. Schuberth u. Komp. in Leipzig in elfter Auflage erschienen ist.




Inhalt: Baronin Müller. Roman von Karl v. Heigel (4. Fortsetzung). S. 517. – Gestörte Mahlzeit. Bild. S. 521. – Wo eines Kaisersohnes Wiege stand und ein Kurhut vergessen ward. Von Hugo Arnold. S. 522. Mit ABbildungen S. 517, 524 und 525. – Aus der Kleinwelt. Zur Erinnerung an die Erfindung des Mikroskops. Mit Abbildung S. 526. – Denksprüche. Von Daniel Sanders. S. 528. – Der Dorfbarbier. Bild. S. 529. – Die Kamerunerin. Eine romantische Geschichte von H. v. Götzendorff-Grabowski (1. Fortsetzung). S. 528. – Blätter und Blüthen: Eine gestörte Mahlzeit. S. 532. (Zu dem Bilde S. 521.) – Haushaltungsschulen. S. 532. – Kleiner Briefkasten. S. 532.




manicula 0 Hierzu Kunstbeilage IX: „Jägerschliche“. Von Franz v. Defregger.



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 532. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_532.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2023)