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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

für den praktischen Gebrauch eignet, so ist an der Verwendungsstelle Frankfurt ein zweiter Spannungsumwandler angeordnet, welcher die hochgespannte Elektricität wieder in niedriggespannte verwandelt. Die letztere ist nun gebrauchsfähig und geeignet, ohne weiteres zur Beleuchtung zu dienen. Man kann sie aber auch in eine Dynamomaschine leiten, wo der geheimnißvolle Vorgang der Umwandlung elektrischer in mechanische Kraft noch einmal vor sich geht. Eine Maschine letzterer Art nennt man sekundäre Dynamo, während die in Lauffen die primäre Dynamo genannt wird. Der Kreislauf ist also folgender: 1. Lauffener Turbine als mechanische Kraft; 2. Primäre Dynamo zur Erzeugung der Elektricität; 3. Stromumwandlung zur Erhöhung der Spannung; 4. Streckenleitung; 5. Stromumwandlung zur Erniedrigung der Spannung; 6. Sekundäre Dynamo zur Verwandlung der Elektricität in mechanische Kraft.

Vor dem Versuche hatte man insbesondere von der Neigung des hochgespannten Stromes, sich über die Isolatoren hinüber einen Weg zu bahnen, Schwierigkeiten befürchtet. Indeß hat dieser Umstand nur in geringem Grade Störungen veranlaßt, was wohl in erster Linie dem Umstande zuzuschreiben ist, daß man die Leitungen mit der größten Sorgfalt anlegte und außerdem eine mit Oelrinnen versehene Sicherheitsisolierung benutzte, welche sich gut bewährte.

Was die vielbesprochenen Gefahren der Leitung bei zufälliger Berührung anbetrifft, so sind diese auf derjenigen Strecke überhaupt nicht zu befürchten, wo der Strom die niedrige Spannung hat. Die Leitung für den hochgespannten Strom aber ist innerhalb der Umwandlungsräume sorgfältig in Verschluß gelegt und für Unberufene unzugänglich. Eine Berührung der Leitung mit hochgespannter Elektricität würde freilich unbedingt tödlich sein. Es ist daher bei der Lagerung der Leitung auf der Strecke alle mögliche Sorgfalt verwendet worden, die Drähte ruhen auf zuverlässigen Stangen in acht Metern Höhe. Der Strom kann zudem gebotenen Falls augenblicklich abgestellt werden. Wer also die Gefahr nicht sucht, wird von ihr auch nicht betroffen werden, und die getroffenen Vorkehrungen scheinen um so sicherer, als die Leitung entlang der Bahn angelegt ist und mithin jederzeit unter Aufsicht steht.

Zur Zeit werden von berufenen Technikern unter Mitwirkung der in erster Linie interessierten Staaten Preußen und Württemberg weitere Versuche angestellt, welche den Zweck haben, einzelne Mängel aufzufinden und abzustellen, sowie auch alle Vortheile im Betriebe zu erforschen. Insbesondere gilt es, das Verhalten des „Drehstromes“ näher zu untersuchen, den Dolioo-Dobrowolski, der Oberingenieur der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft in Berlin, vor kurzer Zeit erfunden hat. Dieser Drehstrom scheint wegen seiner vorzüglichen Brauchbarkeit dem Streite zwischen den bisher verwendeten Strömen „Gleichstrom“ und „Wechselstrom“ kurzer Hand ein Ende machen zu wollen und hat zum glücklichen Ergebniß der umliegenden Versuche wesentlich beigetragen.

Es sei hier noch anerkennend hervorgehoben, daß sich die eben genannte Allgemeine Elektricitätsgesellschaft, sowie die Maschinenfabrik Oerlikon-Zürich durch ihre elektrischen Maschinen und Apparate, ferner die Firma F. A. Hesse in Heddernheim durch die Lieferung der Leitung um die technische Ausführung der Anlage besonders verdient gemacht haben.

Und so hoffen wir, daß das mit so vielem Fleiße, so großem technischen Wissen und Können, mit opferwilliger Unterstützung der interessierten Staaten und Freunde durchgeführte Werk auf dem ganzen Erdenrund Anerkennung finden und segensreich wirken werde!

Wird nun aber die Technik bei dem erreichten Ziele stehen bleiben? – Sicherlich nicht! Sehen wir uns doch den jetzigen Kreislauf etwas näher an! Fern im Atlantischen Ocean oder wer weiß wo lockt der warme Sonnenstrahl den Wassertropfen als unsichtbares Gas zum Aether empor. Dort vereinigt sich das Gas mit seinesgleichen zu himmelhohen Wolken, fällt aus großer Höhe als Regen herunter, treibt – etwa in Lauffen – unsere Turbine und fließt dann wieder dem Meere zu. Das ist ein weiter Umweg! Wäre es denn da nicht einfacher, die Wärme der Sonne ohne weiteres in elekrische Kraft zu verwandeln? Was ist Wärme, was ist Licht, was ist Kraft? Die Naturphilosophen vermuthen aus guten Gründen, das sei alles eins und dasselbe, nur in anderer Erscheinungsform. Was ist also anzustreben? Einfach die unmittelbare Uebertragung der Sonnenwärme und Sonnenkraft in eine solche Kraft, wie sie sich für unsere Verbrauchszwecke eignet. Jeder muß sich irgendwo, womöglich auf seinem eigenen Dache, den hellen warmen Sonnenschein sammeln können, ihn aufspeichern, etwa wie wir jetzt in den Speicherbatterien die Elektricität ansammeln, um zu gelegener Zeit damit seine Maschinen, seine Beleuchtung, seine Wärme und Kochvorrichtung in Thätigkeit zu setzen.

Die bisher schon erreichten Ziele sind so überraschend und wunderbar, daß wir schon ein Recht haben, dieser Träumerei ein wenig nachzuhängen. A. Hollenberg.     




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Das Los des Schönen.

Erzählung aus dem achtzehnten Jahrhundert. Von Stefanie Keyser.0 Mit Abbildungen von René Reinicke.

(Schluß.)

Rasche Schritte erklangen auf der Treppe, und ein Offizier trat über die hohe Schwelle. Es war die kräftige Gestalt und das wüste Gesicht dessen, der vorhin auf der Straße so häßlich gelacht hatte. „Besuch?“ fragte er enttäuscht.

„Ein Freund, den ich bei der letzten Aushebung von jungen Mannschaften kennen lernte,“ sagte Altendorn und machte die Herren mit einander bekannt.

Lieutenant von Sorben maß den Inspektor mit einem raschen Blick. „Nun, vor einem Freund werden Sie keine Geheimnisse haben. Ist es wahr, was auf der Parade erzählt wurde? Sind Sie des Teufels, daß Sie sich in das alte Rattennest, in den Pulverthurm versetzen lassen wollen und sogar daran denken, sich dort zu verheirathen?“ Und als Altendorn bestätigend nickte, fuhr er spöttisch fort: „Verlangt mich zu wissen, ob Sie das erreichen werden.“

„Ich bin nicht Leibeigener,“ entgegnete Altendorn kurz.

Ehrhardt bemerkte ein ganz leises Achselzucken des fremden Offiziers; dann fügte derselbe lachend hinzu: „Das Glück kommt immer an den Unrechten. Wenn mir angeboten würde, die ausgezeichneteste Mariage im ganzen Land zu schließen, in Monbijou zu wohnen, das schönste Weib zu haben und die allerhöchste Gunst obendrein zu bekommen, ich würde meine Fortune nicht so von mir stoßen.“

Heinrich hatte sich hoch aufgerichtet. „Wenn wir Freunde bleiben sollen – kein solches Wort mehr!“

Der Andere zuckte abermals die Achseln. Schon wieder im Begriff zu gehen, bemerkte er die blitzenden Sterne auf der Fensterbank. „Dies Souvenir sollte ich kennen,“ meinte er und nahm es in die Hand, bevor Altendorn dazwischen treten konnte.

„Ein Medaillon mit einem pfeildurchbohrten Herzen?“ Er pfiff leise vor sich hin.

„Sie sind unzart, Sorben,“ sagte Altendorn ernst. „Das Medaillon ist verloren worden und wird zurückgegeben werden.“

„Vorausgesetzt, daß es zurückgenommen wird.“ entgegnete der Andere nachdrücklich. Und als Altendorn auffuhr, fragte er kurz: „Wurden Sie etwa bei dem letzten Fest die Diana los, welche auf dem Naturtheater im Schloßgarten Sie schlafenden Endymion embrassierte oder wenigstens embrassieren wollte? Die Darstellung war sehr lebhaft und soll frei erfunden gewesen sein. Denn die Mythologie weiß nichts davon, daß Endymion das Gesicht abwendete und dann eiligst Reißaus nahm.“ Er schlug ein lautes Gelächter auf. „Sind Sie ein Thor! Solche Amourschaft zu refusieren! Das Weib war schön mit dem keuschen Halbmond auf der hohen Frisur und dem kurzgeschürzten Florröckchen. Und wie meisterhaft stellte sie ihre schmachtende Liebe in der großen Pantomime dar!“

Altendorn ballte in zorniger Qual die schlanken nervigen Hände.

„Echauffieren Sie sich nicht,“ beruhigte ihn Sorben, noch immer lachend. „Ich bin überzeugt: das pfeildurchbohrte Herz hat Ihnen Diana heimlich in Ihre Pelztoga gesteckt und Ihr spröder Nacken hat empört das goldene Joch gesprengt.“ Er besichtigte die zerrissene feine Kette, die an dem Medaillon hing.

„Wollen Sie es übernehmen, das verlorene Schmuckstück der Gräfin Wildern im Namen des ehrlichen Finders zu überbringen?“ fragte Altendorn, mühsam seine Fassung bewahrend.

Sorben dachte nach. „Ich werde mich dadurch nicht gerade einschmeicheln, aber das ist mir egal. Lange halte ich mich hier doch

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 683. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_683.jpg&oldid=- (Version vom 10.10.2023)