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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

gefunden. In Amerika kommen frische Maiskolben als Gemüse oder Eingemachtes auf den Tisch, dort aber hat man auch in der Fabrikation des Maismehls und der Erhöhung seiner Backfähigkeit die größten Fortschritte gemacht, und wer bei uns Maisbrot einführen will, der muß sich eingehend mit dem Studium amerikanischer Verhältnisse befassen.

Der Geschmack des Maisbrotes ist allerdings ein anderer als der unserer gewöhnlichen Brotsorten, und wenn vielen schon das englische Luftbrot unangenehm fade schmeckt, so wird auch das Maisbrot in dem Volksgeschmack in gewisser Hinsicht einen starken Gegner finden. Doch dieser wird überwunden werden, wenn das höhere Gebot der Noth, der Mangel an anderweitigen Brotfrüchten sich fühlbar macht.

Ein andrer Einwand gegen die Einführung des Maisbrotes als Volksnahrung wird auf Grund der Thatsache erhoben, daß der Genuß verdorbenen Maises eine sehr schwere Erkrankung, die sogenannte „Pellagra“ oder „Mailänder Rose“, erzeuge. Diese Thatsache kann aber nicht ins Gewicht fallen; denn auch unsere bisherige Brotfrucht, der Roggen, ist einer Erkrankung ausgesetzt, dem „Mutterkorn“, und ein aus derartigem Mehle bereitetes Brot erzeugt die gefürchtete Kriebelkrankheit. Dank den Fortschritten der Landwirthschaft und der Ueberwachung des Verkaufs von Nahrungsmitteln ist sie bei uns zur Seltenheit geworden, und so dürfte es auch möglich sein, die Verwendung von verdorbenem Mais zu verhüten.

Die größte Aussicht auf Erfolg werden in Deutschland Mischungen aus Weizen, Roggen und Maismehl haben.

Auf der Ausstellung zu Leipzig wurden wohl Backwaren aus verschiedenen Mehlgemischen dem Publikum dargeboten, aber es fehlte in dieser Beziehung an Bestimmtheit und Nachdruck. Wenn wir bedenken, daß in den letzten zwanzig Jahren die brotessende Bevölkerung der Welt sich um 27 Prozent vermehrt hat, die Anbaufläche der Getreidearten aber nur um 20 Prozent größer geworden ist, so müssen wir zu der Ueberzeugung gelangen, daß die fetten Jahre nicht so bald eintreten werden. Wir werden zwischen den Brotfrüchten nicht viel wählen können, werden vielmehr nehmen müssen was uns geboten wird – und darum ist es wünschenswerth, das Volk frühzeitig an ein andres Brot zu gewöhnen, das ebenso nahrhaft ist wie das alte, das wohl etwas anders schmeckt, aber auf dem Weltmarkt leichter zu beschaffen ist. Dies möge ein Wink sein für die nächsten Ausstellungen für Kochkunst und Volksernährung! *      


Christoph Kolumbus.

Ein Gedächtnißblatt zum vierhundertsten Jahrestag der Entdeckung Amerikas.
Von C. Falkenhorst.

Ein unzertrennliches Band verknüpft den Namen des Christoph Kolumbus mit der Großthat der Entdeckung Amerikas, und wie diese Großthat von keiner andern auf dem Gebiet der Entdeckungsreisen übertroffen wird, so verdunkelt auch der Ruhm des Kolumbus den aller anderen Weltentdecker und Seefahrer. Kolumbus gehört zu den wenigen Heldengestalten der Menschheit, welche von allen Völkern und in allen Welttheilen in dankbarer Erinnerung verehrt werden. Um den kühnen Genuesen hat die Nachwelt einen Kranz von Sagen und Legenden gewoben, in denen er nicht nur als Bahnbrecher, sondern auch als Märtyrer erscheint. Die wissenschaftliche Forschung hat im Laufe der letzten Jahrzehnte viele von diesen Legenden in das Reich der Uebertreibungen verwiesen; in ihrem Lichte erscheint Kolumbus auch mit menschlichen Schwächen und Fehlern behaftet, nicht als eine ideale Gestalt, wie wir sie aus den Jugendbüchern früherer Zeiten kennengelernt haben, aber dennoch groß durch die unbeugsame Energie in Verfolgung seiner Ideen.

Im Laufe dieses Jahres wird die Welt den vierhundertjährigen Gedenktag jenes wichtigen Ereignisses feiern, den Gedenktag der ersten Landung des Kolumbus am Gestade einer der amerikanischen Inseln; dieses Jubiläum der Entdeckung Amerikas erweckt überall das lebhafteste Interesse für das ruhmreiche Zeitalter der großen Entdeckungen, und wenn jetzt nicht nur der engere Kreis der Gelehrten, sondern auch weite Volksschichten sich ausführlicher mit den Lebensschicksalen des Entdeckers der Neuen Welt beschäftigen werden, so wird aus der geschichtlich geläuterten Betrachtung für sie die wichtige Ueberzeugung entspringen, daß unser Held viele der Leiden, die er erdulden mußte, selbst verschuldete, daß die Welt gerechter ist, als man gewöhnlich meint.

Um Kolumbus in richtiger Weise würdigen zu können, muß man vor allem den Schauplatz kennenlernen, auf dem er auftrat, muß man sich in den Geist des Zeitalters vertiefen, dessen Kind der glückliche Seefahrer war.

Schon um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts wurde es den Völkern, die auf den Stätten der alteuropäischen Kultur saßen, zu eng in dem Becken des Mittelländischen Meeres, und von den Oceanküsten Europas schweiften die Gedanken der Händler und der Fürsten hinaus in die unbekannte Ferne. Aus dem Orient brachten die Mohammedaner allerlei kostbare Handelsartikel; die Kunde von dem fernen reichen Indien wurde immer volksthümlicher, und es wuchs der Wunsch, mit jenem Wunderland in unmittelbare Handelsbeziehungen zu treten. Was man damals unter Indien verstand, das waren wohl alle Länder am Indischen Ocean von der Sansibarküste Ostafrikas bis zu dem fernen China. Man kannte jene Länder seit geraumer Zeit aus guten Schilderungen wie z. B. denen des berühmten Reisenden Marco Polo, man kannte in großen Umrissen die alte Welt bis zu den Küsten Kathais, d. h. Chinas, und bis zu der Goldinsel Cipangu, d. h. Japan. Es ging aber auch in Europa die Sage, daß in dem fernen Orient sich ein christliches Reich unter dem Erzpriester Johannes befinde, und wenn die Kunde von den Handelsschätzen die Kaufleute entflammte, so spornte die Sage von jenem Christenreiche die Fürsten, welche mit den Mauren kämpfen mußten, zu Entdeckungsfahrten an. Man wollte den fernen unbekannten Brüdern die Hand reichen, sich mit ihnen verbünden und so die verhaßten Mohammedaner von zwei Seiten angreifen.

Das Kloster La Rabida in Spanien.

Dank dem weiten Blicke des Prinzen Heinrich des Seefahrers übernahm Portugal die Führung in diesem Streben nach hohen und weiten Zielen. Seine Seefahrer beschlossen, Afrika zu umsegeln und dadurch den Seeweg nach Indien zu öffnen. Mit eiserner Ausdauer drangen sie vor, bis Bartolomeu

Dias das Vorgebirge der Guten Hoffnung entdeckte und Vasco

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_177.jpg&oldid=- (Version vom 5.4.2024)