Seite:Die Gartenlaube (1892) 707.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

dem Verhältniß der Mischung, eine mehr oder weniger starke Trübung aufweisen. Uebrigens, fügt Dr. Bischoff hinzu, werde schon beim Schmelzen der verdächtigen Butter eine einigermaßen empfindliche Nase den eigenthümlichen Geruch der Margarine bald herausfinden.

Die Enthüllung des Kaiser Wilhelm-Denkmals in Metz.
Nach der Natur gezeichnet von Franz Hein.

Das Kaiser Wilhelm-Denkmal in Metz. (Mit Abbildung.) Am 11. September ist unter freudiger Betheiligung der Bevölkerung durch den Statthalter Fürsten von Hohenlohe als Vertreter des Kaisers die Enthüllung des Denkmals vollzogen worden, das in Metz, diesem gewaltigsten Bollwerk der zurückgewonnenen Reichslande, dem Andenken Wilhelms I. gewidmet wurde. Auf der Esplanade, einem wundervollen Platz im Südosten der Stadt, von wo das Auge über das herrliche Moselthal hinweg zu jenen Befestigungen im Osten hinüberschweift, vor denen einst die Schlachten von Mars la Tour und Gravelotte geschlagen wurden – dort erhebt sich das mächtige Reiterbild. Der Kaiser, in Helm und Mantel, wie er von seinen Besuchen in Metz her in aller Erinnerung ist, schaut hinüber nach Osten, gegen die alten Schlachtfelder hin, die rechte Hand zeigt vorwärts ins Land hinaus, als wollte er eben einen entscheidenden Befehl für sein kämpfendes Heer geben. Die Bronzestatue, auf einem Syenitsockel von 3,75 Metern Höhe aufgestellt und selbst 4½ Meter hoch, ist von Professor Ferdinand von Miller in München modelliert und in der königlichen Erzgießerei dort gegossen; aus der ganzen Auffassung derselben spricht jene ruhige Schlichtheit, welche die Gestalt des alten Kaisers so wohlthuend und so unvergeßlich gemacht hat. Möge denn dieses Denkmal, indem es hinabschaut auf das Lothringer Land, stets auf friedliche Gaue blicken, möge es für alle Zeiten ein Zeichen deutschen Dankes, deutscher Einheit, eine unverrückbare Grenzwacht sein!

Reitende Bettler. Die Poesie des Bettler- und Vagabundenthums ist im Aussterben, seitdem die Prosa unserer land- und stadtpolizeilichen Einrichtungen, die Armen- und Arbeitshäuser das Bettlerthum in ihre Obhut genommen haben. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert stand aber jene Poesie noch in Blüthe. Da zog unter anderen eine zahlreiche Menge von Bettlern durchs Land, gab sich für entsprungene Christensklaven aus, machte unter Stöhnen und Schluchzen eine klägliche Beschreibung von ihrer Ausplünderung und Gefangennahme; sie rasselten dazu mit den Ketten, die sie angeblich noch von der Gefangenschaft her an Händen und Füßen trugen, zeigten die Striemen der Schläge, die sie als Sklaven empfangen haben wollten, und sammelten Almosen, um, wie sie sagten, ihre bei den Türken, Corsaren, Sarazenen zurückgelassenen Brüder und Freunde aus der Sklaverei loszukaufen.

Aus Schlesien wird sogar von reitenden Bettlern berichtet, einer vornehmer auftretenden Klasse vagabundierender Abenteurer, die dem betrügerischen Bettel unter der Maske abgedankter Offiziere, abgebrannter oder aus andern Ursachen um ihr Vermögen gekommener Edelleute nachgingen. Nicht bloß zu Pferde, selbst im Wagen erschienen sie und hatten Diener bei sich. Sie sprachen mit Vorliebe in adeligen Häusern vor und erhoben, wenn sie sich wehrlosen Personen, besonders Damen ohne männlichen Schutz, gegenübersahen, in zudringlichster Weise Anspruch auf „Ritterzehrungen“, das heißt auf standesgemäße Bewirthung und Beschenkung. Gerade diese Klasse war der öffentlichen Sicherheit sehr gefährlich. Es bestand die Vermuthung, daß hinter den bewaffneten und berittenen Bettlern sich Räuber und Spitzbuben verbargen. Thatsächlich führte eine der Spitzbubenbanden den Namen „Kavalierbande“. Wie beträchtlich die Zahl dieses berittenen Vagabundengesindels war, ergiebt sich aus einer schlesischen Bettelordnung von 1719, in der angeordnet ist, daß, wenn die Landdragoner mit demselben nicht fertig werden könnten, die nächste Dorfgemeinde und auf geschehene Anmeldung die Nachbardörfer das Gesindel verfolgen, auch militärische Hilfe und aus der nächsten Stadt die Jüngsten aus der Bürgerschaft herangezogen werden sollten, um es über die Grenze zu jagen oder einzufangen. †      

Verschlagene Seevögel. Wie gewaltig oft die Orkane im Atlantischen Ocean hausen, geht aus der großen Zahl von Seevögeln hervor, die nach England und zwar weit ins Land hinein verschlagen werden. Die Möven, Cormorane und Alken sind nur Küstenvögel, die ihre Heimstätte haben, ihre Sandbank, ihr Riff, wo sie wohlgeborgen sind, und sie werden von den Stürmen höchstens in ihrem Fischereibetrieb gestört. Anders die Sturmvögel des offenen Oceans: wenn diese auf dem Lande tot oder sterbend gefunden werden, so kann man danach die Größe des Unwetters auf dem Ocean bemessen. Besonders ist der Gabelschwanzsturmvogel in großen Scharen aufgetreten und selbst in Yorkshire gesehen worden, so daß er über ganz England weg geflogen sein muß, ehe er erschöpft zu Boden sank. Diese Sturmvögel, gewohnt, auf hoher See mit den Menschen zu verkehren, sich auf die Masten der Schiffe zu setzen und sich gelegentlich an Bord derselben heimisch zu machen, haben auch auf dem Lande das Zutrauen zu den Menschen nicht eingebüßt, das ihnen hier oft verhängnißvoll wird. †      

„Excelsior“. Unter dem Namen „Excelsior“, „selbstthätiger Desinfekteur“ wird neuerdings ein Apparat als „unentbehrliches Schutzmittel gegen Cholera, Typhus, Scharlach, Keuchhusten, Schwindsucht etc.“ verkauft. Er besteht aus einer mit 40 Gramm rohen Naphtalins gefüllten Pappschachtel, die, mit geöffnetem Deckel aufgehängt oder hingelegt, die erwähnte Wirkung besitzen soll. Ansteckungsstoffe irgend welcher Art auf diesem Wege erfolgreich zu bekämpfen, ist unmöglich; auch ist der Preis des „Excelsior“ – 75 Pfennig – ein viel zu hoher. Wir warnen also vor der Anschaffung dieses „Apparates“, den auch der „Karlsruher Ortsgesundheitsrath“ als durchaus werthlos bezeichnet. Kr.     

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 707. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_707.jpg&oldid=- (Version vom 14.4.2024)