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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

daß Wasserdampf, Kochdünste und Heizgase in das Zimmer treten und ohne daß die Temperatur in einer der Gesundheit nachteiligen Weise gesteigert würde. „Der Ofen,“ hieß es in den Bedingungen der Preisbewerbung, „muß je nach Bedarf nur zum Kochen oder nur zum Heizen oder für beides gleichzeitig dienen können. Die hierdurch gebotene Einrichtung muß einfach, solid und für jedermann leicht zu verstehen und zu behandeln sein. Der Ofen muß den Raum, in welchem er steht, lüften, insbesondere muß er die aus den Speisen während des Kochens sich entwickelnden Dämpfe und Destillationsprodukte. ohne daß sie sich zuvor mit der Zimmerluft vermischen, mit Sicherheit abführen.“ Als Feuerungsmaterial waren Steinkohlen vorgesehen und die Leistungsfähigkeit des Ofens sollte für zwei Erwachsene und vier Kinder ausreichen.

Die deutsche Industrie beteiligte sich rege an der Lösung dieser gemeinnützigen Aufgabe und von den Preisrichtern wurde inzwischen dem Eisenwerk Kaiserslautern in Kaiserslautern der 1. Preis zuerkannt. Der neue preisgekrönte Zimmerkochofen stellt in der That eine beachtenswerte hvgieinische Errungenschaft dar, die in weitesten Kreisen Beachtung finden sollte.

Ein neuer Musterkochofen.

„Eigener Herd Goldes wert“ ist das schöne Motto, das er auf einer seiner Thüren trägt. Der Ofen sieht recht schmuck aus, wie uns schon ein flüchtiger Blick auf die beistehende Abbildung lehrt. Er wird in verschiedenen Größen geliefert, die kleinste Nummer hat eine Höhe von 95 cm, eine Länge von 73 und eine Breite von 45 cm.

Um das Kochen im geschlossenen Raume vornehmen zu können, oohne daß die Dünste ins Zimmer zu treten vermögen, ist der Ofen mit einem Aufsatz versehen, dessen Thüren behufs Beobachtung der darin stehenden Gefäße mit Glas ausgelegt sind. Im Inneren des Aufsatzes befindet sich eine Oeffnung, die in das Abzugsrohr der Feuerungsgase (links auf unserer Abbildung) mündet und durch welche die Kochdünste in den Kamin abgeleitet werden. Um den Durchzug noch zu unterstützen, sind die Thüren des Aufsatzes unterhalb der Glasscheiben mit Löchern versehen, durch welche frische Luft in den Kochraum eintritt und erwärmt zu dem Kamin emporstetgt. Aehnlich ist die Lüftung der Bratröhre eingerichtet, welche durch die große Thür in der Mitte des Ofens verschlossen wird. Das unter dieser sichtbare kleinste Thürchen bietet den Zutritt zu den Zügen und wird beim Putzen derselben geöffnet. Die links sichtbaren Thüren verschließen den Feuerungs- und Ascheraum. Das Kochen in diesem Ofen ist noch durch das Anbringen zweier Schieberplatten oben in der Decke des Auffatzes erleichtert; werden dieselben geöffnet, so kann man zu den Töpfen gelangen, ohne die Glasthür zu öffnen.

Betrachten wir den Ofen genauer, so bemerken wir am hinteren und rechten Rande des Aufsatzes eine Reihe von viereckigen Löchern; an diesen Stellen ist der Ofen mit einem Mantel, d. h. mit doppelten Wandungen, versehen, durch welche die Luft streichen kann, indem sie durch die Spalten des unten sichtbaren Kastengestells in den Mantel eintritt. Sind nun die Löcher offen, so wird kalte Luft aus dem Zimmer unten angesaugt und verläßt oben erwärmt den Ofenmantel; in diesem Falle heizt der Ofen die Stube durch Cirkulation. Die oberen Öffnungen können aber durch ein Schiebergestell geschlossen werden, alsdann wird im Ofenmantel eine Klappe, die in den Kamin führt, geöffnet, und die im Mantel erwärmte Luft gelangt nicht in das Zimmer, sondern entweicht in den Schornstein; der Ofen liefert also wenig Wärme und wird in dieser Weise während der Sommerzeit als Kochofen benutzt.

Schließlich möchten wir noch hervorheben, daß der unterste Teil des Ofenmantels mit einer durch die Mauerwand des Hauses nach außen gehenden, mit einer Klappe versehenen Röhre verbunden werden kann. Geschieht dies, so kann durch den Ofen frische Luft von der Straße oder dem Garten in den Ofenmantel angesaugt und in diesem gewärmt werden, worauf sie sich im Zimmer verteilt. Eine solche Zuführung völlig frischer Luft gilt als das Ideal einer zweckmäßigen Zimmerlüftung.

Aus dieser kurzen Darstellung ersehen wir zur Genüge, wie viel dieser preisgekrönte Ofen zur Erhaltung gesunder Luft in Wohnräumen beitragen kann, und es ist nur dringend zu wünschen, daß Hausbesitzer, die kleine Wohnungen an Arbeiterfamilien vermieten, sich zum Aufstellen solcher verbesserter Oefen bequemen möchten.




Die Perle.
Roman von Marie Bernhard.
(3. Fortsetzung.)


Als die Geschwister Doßberg das freundliche Mädchengemach mit den hellgeblümten Möbelüberzügen und den schönen Stichen an den Wänden erreicht hatten, zog Ilse den Bruder neben sich auf ein kleines Ecksofa nieder. „Nun sage, nun sprich – was ist geschehen? So rede doch!“

„Natürlich rede ich, wozu hätt’ ich Dich sonst hierhergebracht!“ entgegnete Armin scheinbar ungeduldig. Er liebte seine Schwester schwärmerisch, schämte sich aber als echter Junge, das zu zeigen. „Also, ich traf mit Papa oben beim Pavillon zusammen, wir frühstückten miteinander, und ich sagte ihm ein bißchen meine Meinung über das Gut.“

„Armin! Das hättest Du nicht thun sollen! Du weißt, daß Papa augenblicklich in Verlegenheit ist! Wie nahm er Deine Worte auf? Was sagte er?“

„Nichts, so gut wie nichts. Er sah sehr sorgenvoll aus, und ein paarmal hat er geseufzt. Wir ritten zusammen weiter, ziemlich stumm ... Papa machte ein Gesicht, das mich nicht gerade zum Reden ermunterte. Und wie wir an die Waldecke kommen – Du weißt ja, wo die Blutbuchen stehen – da sieht Papa den alten Hinz und will ihm ’was sagen und ich soll unterdessen voranreiten. Das thu’ ich denn, geb’ dem Pony die Sporen, und weil das eigensinnige Vieh Lust hat, Galopp zu gehen, so geht es eben Galopp. Und da treff’ ich auf den alten Schäfer, den Klamm, der da mit seiner Handvoll Schafe und seinem Spitz herumweidet. Ich zieh’ die Zügel an und will mit ihm reden – ich kann ihn sonst gut leiden. denn er spricht so ’n kurioses Platt, und dann hat er immer einen langen Strickstrumpf in seinen braunen Pfoten – also ich will ihn eben etwas fragen, da sieht mich der alte Kerl aus seinen Schlitzaugen an und murmelt ganz deutlich. ‚Nu rid’ Du man! Du wardst det Längste hier riden! Nu galoppeer Du man, et hett sich för Di bald utgaloppeert!‘ Und wie ich ihn anschaue, weil ich natürlich denke, das alte Gestell ist rein verrückt geworden, da sieht er ganz frech zu mir in die Höhe und sagt: Ja, nu denkst Du woll, ik si nich richtig! Dat bün ick awerst, un ick segg’ Di: mit Di und de Parl’ – damit zeigte er auf den Gutshof – ‚da is dat nicks. Dat duert nich lang’, dann riden und galoppeeren hier andere Lüd, und Du kannst seh’n, wo Du bliwwst!‘“

„Ist das alles?“ fragte Ilse unruhig.

„O nein! Im ersten Augenblick war ich zwar außer mir, aber gleich darauf dachte ich, was können denn die verrückten Hirngespinste des alten Esels für mich zu bedeuten haben! Also ließ’ ich den Alten stehen, ritt dem Papa wieder entgegen und wir blieben zusammen bis zum Schloß. Wie wir ankamen, stand da ein Telegraphenbote und sagte zu Papa, er habe eben eine Depesche gebracht und warte auf die Bescheinigung. Im Treppenhaus trafen wir die Lina, die an Papa bestellte, sie habe die Depesche auf sein Zimmer getragen. Er nickte. sah aber so eigen vor sich hin – mit einem solchen Blick, daß ich mir dachte: Du gehst mit ihm! Denn mit einem Mal fiel mir auch der alte Klamm mit seiner Prophezeiung ein, und obgleich ich mir wieder vorredete, er müsse verrückt sein, ganz und gar verrückt ... es wollte nichts mehr helfen. Papa, der beachtete mich gar nicht, ich glaube, er hat nicht einmal bemerkt, daß ich mit ihm ging. Auf seinem Arbeitstisch liegt die Depesche – er reißt sie auf, liest und mit einem Mal wird er kreideweiß – er kommt ins Taumeln, so schnell, daß ich ihn nur noch auffangen und in seinen großen Lehnstuhl gleiten lassen kann. Da saß er denn ganz stumm und rührte sich nicht.“

Ilse hörte mit großen erschrockenen Augen zu; sie brachte kein Wort hervor, sie nahm nur ihres Bruders Hand und umschloß sie fest mit ihrer Rechten.

„Ich wußte mir nicht zu helfen, ich wollte Dich rufen, aber wie das anstellen. ohne die Mama aufzuregen? Also machte ich ihm die Kravatte los und suchte nach irgend etwas zum Riechen ... und dabei sah ich das offene Telegramm am Boden liegen –“

„Du hast es gelesen?“

Armin nickte.

„Und – und – was?“

Der Knabe konnte nicht sogleich antworten. Als er es endlich

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_059.jpg&oldid=- (Version vom 16.4.2019)