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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Nr. 5.   1894.
      Die Gartenlaube.


Illustriertes Familienblatt. — Begründet von Ernst Keil 1853.

Abonnements-Preis: In Wochennummern vierteljährlich 1 M. 75 Pf. In Halbheften, jährlich 28 Halbhefte, je 25 Pf. In Heften, jährlich 14 Hefte, je 50 Pf.


Die Martinsklause.
Roman aus dem 12. Jahrhundert.
Von Ludwig Ganghofer.
(4. Fortsetzung.)


7.

An dem Burgpförtlein über dem Felsensteig hatte Sigenot den hölzernen Hammer gerührt. Ein Knecht Wazes öffnete. „Komm nur, der Herr wartet schon!“

Der Fischer zögerte. „Sind die Buben daheim?“

„Nein. Gestern vor Mittag sind sie nach dem Eismann hinauf ins Gemsgejaid. Ich weiß nicht, ob sie heut’ noch heimkommen“

Sie überschritten den wenig geräumigen Burghof; der Steinwall um das Haus war eng gezogen, nach dem alten Sprichwort: je kürzer die Mauer, so länger die Wehr’. An der Mauer entlang, unter den Pfeilscharten und Luglöchern, lief eine hölzerne Brustwehr mit Wächterhäuschen und kleinen Treppen; aber das Holzwerk war morsch und zerfallen. Wazemanns Haus hatte nie einen Angriff erfahren und schien auch keinen mehr zu befürchten. In die Ecken der Mauer waren Schuppen und Scheuern eingebaut, und die Wächterhäuschen dienten als Trockenkammern für die Wilddecken. Ein paar alte Ulmen standen im Hof, von Holzbänken umzogen und an den Stämmen behängt mit verwitterten Hirschgeweihen und Steinbock- und Gemshörnern, welche zumeist noch auf den weißgebleichten Schädeln saßen. Zwischen den Bäumen erhob sich ein aus dicken Fichtenstangen gefügter Käfig, in welchem ein brauner Bär, ein Wolf und eine Luchskatze einträchtig hausten, träg und schläfrig, mit abgeschundenem Fell. Nicht weit davon, in einer Ausbuchtung der Ringmauer, befand sich der hochvergitterte Hundezwinger, in welchem die Bollbeißer und Saufinder bei Sigenots Eintritt einen tollen Lärm erhoben.

Inmitten des Hofes stand, wie ein plumper riesiger Block, Herrn Wazes Wohnhaus. Der Unterbau war aus unbehauenen Felsbrocken gemauert und umschloß die Küche, die Falkenkammer, die Gesindestübchen, den Keller und die Bußlöcher, von deren zweifelhafter Wohnlichkeit so manch ein Bäuerlein im Gadem


Zur Schlittschuhbahn.
Nach einer Originalzeichnung von L. Dettmann.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_069.jpg&oldid=- (Version vom 31.3.2021)