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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Ib Klasse an, d. h. sie weisen eine wesentlich niedrigere Zahl von Segeleinheiten auf als „Meteor“ und „Wiking“. Nach etwa dreieinhalbstündiger Fahrt hatte der „Meteor“ die 27 Seemeilen (50 Kilometer) lange Bahn durchsegelt und fuhr als erstes Boot durch die Zielinie, von allen Seiten mit einem brausenden „Hipp, Hipp, Hurra“ begrüßt, während in der Ib Klasse die „Carina“ des englischen Admirals Montagu Siegerin blieb.

Nachdem am Sonntag die feierliche Einreihung des Prinzen Adalbert in die deutsche Marine vollzogen worden war, nahmen die Regatten am Montag ihren Fortgang mit einer Binnenregatta des Kaiserlichen Jachtklubs. Die größeren Jachten, die sich an diesem Rennen nicht beteiligten, fuhren meist mit hinaus, an Bord des „Meteor“ das Kaiserpaar, auf der mittlerweile reparierten „Irene“ die Gemahlin des Prinzen Heinrich mit ihrem kleinen Sohne Waldemar. Besondere Aufmerksamkeit ob ihrer Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit erregte an diesem Tage die „Gudruda“ des Prinzen Heinrich. Dieses ganz kleine Rennboot ist ein Vertreter des neuesten Typus im Segelsport, des „Wulstkielers“. In der Mitte des Kiels wird nämlich eine Stahlplatte angebracht, an deren unterem Ende ein Metallwulst etwa in der Form einer Cigarre sich befindet. Unsere Abbildung zeigt die „Gudruda“ bei ihrer Rückkehr vom Rennen in der Nähe des Schlosses, die Rennflagge weht als Zeichen des Sieges unterhalb des Klubstanders.

Die „Gudruda“ des Prinzen Heinrich von Preußen.

Den Glanzpunkt der „Kieler Woche“ bildete unbedingt die Seeregatta des Kaiserlichen Jachtklubs am 26. Juni, wenn auch, wie schon oben erwähnt, an diesem Tage vielen das Vergnügen des Zuschauens etwas versalzen wurde. Eine steife Kühlte aus Nordnordwest hatte sich immer stürmischer gestaltet, und manchem Zuschauer mag es schon im inneren Hafen angst und bange geworden sein um das Schicksal der zum Start sich anschickenden Rennjachten, wenn oft die ganzen Schiffskörper vollständig im weißen Gischt der Wogen verschwanden. Allein das Rennen verlief ohne Unfall. Nach dem Start der ersten Klassen übernahmen „Meteor“ und „Wiking“ die Führung und blieben auch bis zur Heulboje und weiter bis zum Stollergrund-Feuerschiff dicht beieinander. Der „Wiking“ war an diesem Tage offenbar besser in seinem Element, und der Ausgang wäre zweifelhaft gewesen, wenn nicht in der Nähe des Feuerschiffs der „Wiking“ eine Beschädigung an der Gaffel erlitten hätte, die ihn zum Beidrehen und zur Aufgabe des Rennens zwang. Auf unserer Abbildung S. 541 sehen wir „Wiking“ und „Meteor“ in der Nähe der Heulboje mit den Wogen kämpfen, gefolgt von der „Carina“, welche anfangs die Führung der Ib Klasse übernommen hatte, diese später aber, da sie „sich versegelte“, an „Mücke“ abgeben mußte, die als erstes Schiff, sogar noch vor dem „Meteor“, ans Ziel gelangte.

Ueber alle die weiteren Rennen, die sich noch bis zum 30. Juni ausdehnten, hier einzeln zu berichten, würde zu weit führen; sie waren leider sämtlich durch flauen Wind stark beeinträchtigt. So krochen die sonst so flinken Segler recht mühsam vorwärts, und am 28. Juni geschah es sogar, daß sich, wie erwähnt, die größeren Jachten lieber in den Hafen schleppen ließen, als länger mit schlaffen Leinwänden herumzuliegen.

Um so größer war die Lust am Abend dieses windstillen Tages bei dem Blumenkorso, den die Kieler Marineoffiziere veranstaltet hatten (s. S. 533). In aller Heimlichkeit waren die Boote der Kriegsschiffe, die Pinassen, Kutter, Jollen und die zierlichen Gigs, wohl hundert an der Zahl, durch Laub- und Blumengewinde, durch Drapieren mit Flaggentuch etc. in stolze Wikingerschiffe, venetianische Gondeln, neapolitanische Fischerboote, afrikanische Küstenfahrer und winzige Raddampfer verwandelt. Auf dem Radkasten eines dieser kleinen Fahrzeuge war mit sichtlicher Liebe der poetische Name „Middy“ aufgemalt, eine seemännische Verkürzung des englischen Worts „midshipman“, was auf deutsch einen Seekadetten bedeutet. Nachdem die bunte Flottille sich in der Nähe der Marineakademie gesammelt hatte, zog sie bald nach 8 Uhr zur Huldigung nach der „Hohenzollern“, diese wieder und wieder umkreisend. Die Dämmerung brach herein, Lampions wurden auf den Booten entzündet, bengalische Feuer flammten auf – die elektrischen Scheinwerfer der „Hohenzollern“ sandten breite Strahlen taghellen Lichtes über das feenhafte Treiben, der Kaiser selbst warf unermüdlich vom Verdeck seines Schiffes den Damen in den vorbeifahrenden Booten Blumen zu – es war ein Fest, wie es Kiel wohl selten erlebt hat.


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„Up ewig ungedeelt!“

Novelle von Jassy Torrund.

 (1. Fortsetzung.)

Im Genthinschen Hause galt es, mit fliegender Eile die Zimmer zum Empfang der preußischen Einquartierung zu rüsten.

Mitten in dem Wirrwarr von umhergestellten Betten und Möbeln wurde Frau Hedwig der Besuch ihres Hausarztes gemeldet.

In einiger Aufregung betrat sie das Wohnzimmer, wußte sie doch, daß man jetzt im Städtchen über sie, die „Preußin“, wegen ihres Vorgehens zu Gericht saß, daß man das Urteil vielleicht schon gesprochen hatte.

Der gute alte Herr, der ihr schon über so manche schwere Stunde klug und liebevoll hinweggeholfen, stand mitten im Zimmer. Die dargereichte Hand übersah er, den angebotenen Stuhl lehnte er mit kurzem Kopfschütteln ab.

„Das hätte ich denn doch nicht von Ihnen geglaubt, Madame!“ begann er heftig und blickte die junge Frau unter seinen buschigen weißen Augenbrauen hervor finster an. „Wenn ich’s mit der ersten besten zu thun hätte, so würde ich sagen: laß sie, sie hat’s in ihrer Dummheit gethan! Aber Sie, eine kluge taktvolle Frau, Sie geraten auf solche Abwege, lassen sich auf solche Hansbunkenstreiche ein! Was? Ihr Mann steht als Vertreter unserer Bürgerschaft in Frankfurt, um den Bund anzueifern, daß er für unsere gute und gerechte Sache eintreten, unsern rechtmäßigen Herrscher zur Anerkennung bringen soll – nicht aber, um die Preußen über unser Recht entscheiden zu lassen! Die brauchen wir hier nicht und wollen wir nicht! Denn, Madame, es bleibt unvergessen, was sie uns angethan haben. Und Sie, die Frau dieses Mannes, unseres Abgesandten, Sie hängen hier in unserer herzogstreuen Stadt eine preußische Fahne heraus, Sie machen Kränze und Sträuße und Gott weiß was für Teufeleien und bereiten den verd .... Preußen einen feierlichen Empfang in dem Lande, wo man sie nicht verlangt hat, wo sie von Gott und Rechtswegen nichts mehr zu suchen haben. Da soll doch ...!“

Hedwig war bis in die Lippen erblaßt; aber sie schaute dem

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 542. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_542.jpg&oldid=- (Version vom 17.10.2022)