Seite:Die Gartenlaube (1894) 613.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Nr. 37.   1894.
      Die Gartenlaube.


Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

Abonnements-Preis: In Wochennummern vierteljährlich 1 M. 75 Pf. In Halbheften, jährlich 28 Halbhefte, je 25 Pf. In Heften, jährlich 14 Hefte, je 50 Pf.


Um fremde Schuld.

Roman von W. Heimburg.
     (1. Fortsetzung.)

Adele Komtesse Degenberg war das Haupt unseres kleinen Umgangskreises, der sich höchst exklusiv hielt. Nur Adel und zwar armen und ärmsten Adel vereinigte er; ein paar pensionierte Offiziere, darunter den Major von Tollen, der dann so schnell am Hochzeitstage seiner Tochter, der schönen Lore, starb; den Postdirektor von Blessow, einen ehemalige Hauptmann; einen Rittergutsbesitzer von Burwitz, der gänzlich abgewirtschaftet hatte und eine Hagelversicherungsgesellschaft vertrat, und einen adligen Pastor, der als Reiteroffizier umgesattelt hatte. Als einziges bürgerliches Element duldete man die übrigen drei Pastoren Westenbergs und den Sanitätsrat, der die Ehre genoß, unser aller Hausarzt zu sein, und gelegentlich auch Herrn Wollmeyer, wohlverstanden, erst seitdem er Witwer geworden.

Das waren die Erlesensten von Westenberg, und man muß sagen, sie hielten zusammen wie Kitt. Sie machten es sich gemütlich untereinander, sie halfen einander, soviel sie konnten, und wenn es einmal einen Zusammenstoß gab, so – noblesse oblige – wurde die Sache in höchster Diskretion in der Stille ausgeglichen; selten kam etwas in die Klatschmäuler der „zweiten“ Gesellschaft.

Komtesse Degenberg bildete, wie gesagt, die Spitze der „ersten“ Gesellschaft. Sie war verwandt mit einigen der vornehmsten erbangesessenen Adelsfamilien der Landschaft, war klug und wohlthätig, ein Schimmer von Wohlhabenheit umgab sie. Sie lebte – man denke – von ihren Renten und besaß ein kleines Haus in Westenberg, ausstaffiert mit dem Hausrat ihrer Eltern. Sie zehrte von der glanzvollen Erinnerung ihrer Jugendzeit, wo sie, die Tochter eines herzogliche Ministers, der Schimmer des Hoflebens

Die neue Kunstakademie in Dresden und das Portal des neuen Kunstausstellungsgebäudes.
Nach Photographien von Stengel und Markert in Dresden.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 613. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_613.jpg&oldid=- (Version vom 22.8.2022)