Seite:Die Gartenlaube (1894) 648.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Ein afrikanisches Häuptlingsgrab. An den unteren Lauf des Kongo führt uns unser Bild, zu den Bakongo, stillen friedlichen Menschen, denen ihre Heimat nur ein karges Leben bietet. Auch ihre Häuptlinge sind arme Leute. Selten herrscht einer von ihnen über mehrere Dörfer; in der Regel hat jedes Dorf seinen eigenen Anführer, der mit dem Rate der Aeltesten die Geschicke der Gemeinde leitet. Und auch die Gemeinden sind nicht groß; Dörfer mit fünfhundert Einwohnern sind schon ganz vereinzelte Erscheinungen.

Wir mußten diese Thatsachen vorausschicken, bevor wir unsere Leser an das Grab eines solchen Herrschers führen. Auf der Kitanda, dem Marktplatz eines der Dörfer, erhebt sich ein kleiner Erdhügel; rings um ihn her stehen Stangen mit Ginflaschen und Töpfen, auf ihm liegen Flaschen, Töpfe und Teller – das ist der Grabschmuck, mit dem man die letzten Ruhestätten vornehmer Westafrikaner ausstattet. Uns erscheint er gering, ja lächerlich, den Bakongo aber groß.

Schon zu Lebzeiten sammelt ein Reicher frühzeitig Material zu diesem Grabdenkmal und stapelt Tücher zum Grabgewande auf. Hat nun seine letzte Stunde geschlagen, und kann in friedlichen Zeiten das Begräbnis mit vollem Pomp ausgeführt werden, so sitzen zunächst die Frauen des Toten an der Leiche und stimmen ihre Klagelieder an; dann erscheint der Zauberdoktor mit Zaubermitteln, mit Schlangenköpfen, Fischgräten, Katzenfellen und Rasseln, führt wilde Tänze auf und verkündet, ob der Mann natürlichen Todes auf Wunsch des höchsten Wesens oder infolge Behexung durch einen Mitmenschen gestorben sei. Es zittern die Ueberlebenden, denn auf den Lippen des Medizinmannes schwebt ihr Heil oder Verderben; gefällt es diesem, sie der Zauberei zu beschuldigen, so müssen sie sich der Giftprobe unterwerfen – und oft sind sie tot, bevor man ihren Häuptling begraben hat.

Ein afrikanisches Häuptlingsgrab.
Nach einem Aquarell von Pechuel-Loesche.

Ist auch diese düstere Beurkundung der Todesursache vorüber, dann wird der Leichnam des Herrschers in eine flache Gruft gelegt, über der nun tage- und wochenlang ein Feuer unterhalten wird, bis die Leiche zur Mumie ausgedörrt ist. Dann wird sie wieder herausgenommen und in die Tuchvorräte des Verstorbenen eingewickelt. Je größer der Ballen, desto vornehmer die Leiche! Nun ist alles zum letzten Gang bereit. Der Zug ordnet sich und setzt sich nach der zwei Meter tiefen Gruft in Bewegung, die man auf dem Marktplatze oder nahe am Wege ausgeworfen hat. Aber nicht langsam wird hier der hohe Tote zur Ruhe getragen. Andere Völker andere Sitten! Hier laufen die Träger mit der schweren Last und ein wilder Haufen umgiebt sie, Rasseln schwingend und Flinten abfeuernd, um die bösen Geister zu verscheuchen. Zuletzt wird ein Erdhügel aufgeworfen und mit dem Grabschmuck verziert, den wir auf unserem Bilde sehen.

Diese Grabstätten sind nicht von langer Dauer; der Afrikaner wechselt öfter seinen Wohnsitz, verläßt sein Dorf und baut sich in der Nähe wieder an. Die alten Wohnhäuser zerfallen bald unter den Zangen der Termiten. Dann wächst Unkraut auf den ehemaligen Straßen und Höfen, Bäumchen sprießen empor, Schlingpflanzen überwuchern die Stätte und ein grüner undurchdringlicher Hain verdeckt alles – die Trümmer der Häuser und die Gräber der Mächtigen. *     

Das Ende des Streites. (Zu dem Bilde S. 633.) Es waren unruhige Zeiten damals in dem Frankreich Ludwigs XIII. und des Kardinals Richelieu, und viel fahrende Glücksritter aller Art trieben im Lande ihr Wesen. Unser Bild führt uns in eine Schenke, in der ein Paar solcher verwilderter Kumpane miteinander in Streit geraten sind. Natürlich flogen alsbald die Degen aus der Scheide und das Ende vom Liede war, wenn nicht der Tod, so doch eine schwere Verwundung des einen, um den sich bereits ein heilkundiger Mann bemüht, während die Genossen den wütenden Gegner zurückhalten.


Inhalt: Um fremde Schuld. Roman von W. Heimburg (2. Fortsetzung). S. 629. – Des Streites Ende. Bild. S. 633. – Ein Reisespiegel. Von Heinrich Noé. S. 634. – Der Walzerkönig. Zum fünfzigjährigen Dirigentenjubiläum von Johannes Strauß. Von Gerhard Ramberg. Mit Abbildungen. S. 636. – Mäuschen. Humoreske von Ernst Lenbach. S. 637. Mit Abbildungen S. 637, 638, 639, 640, 642, 643, 644 und 645. – Ein „Kirchtag in Tirol“. Bilder vom Innsbrucker Volkstrachtenfest. Von J. C. Platter. S. 645. Mit Abbildungen S. 629, 641, 646 und 647. – Blätter und Blüten: Der neue Gartenlaube-Kalender. S. 647. – Eduard Unger. S. 647. – Eine Volksdichterin. Von Karl Schrattenthal. S. 647. – Ein afrikanisches Häuptlingsgrab. Mit Abbildung. S. 648. – Das Ende des Streites. S. 648. (Zu dem Bilde S. 633.)


Nicht zu übersehen! Mit der nächsten Nummer schließt das dritte Quartal dieses Jahrgangs der „Gartenlaube“; wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellung auf das vierte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Die Postabonnenten machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß der Abonnementspreis von 1 Mark 75 Pf. bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs bei der Post aufgegeben werden, sich um 10 Pfennig erhöht.

Einzeln gewünschte Nummern der „Gartenlaube“ liefert auf Verlangen gegen Einsendung von 30 Pfennig in Briefmarken direkt franko die Verlagshandlung: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.     


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1894, Seite 648. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_648.jpg&oldid=- (Version vom 19.9.2023)