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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

nur dann und wann flatterte es mit ängstlichem Flügelschlag im nahen Gebüsch.

Zwei starke Bäume dicht am Rande des Teiches trugen die Hängematte. Die junge Frau, die darin lag, hatte den Arm unter den Kopf geschoben, das kleine blauseidene Kissen war zur Erde gefallen. Eines der schmalen Füßchen hing heraus und stieß von Zeit zu Zeit gegen den Baumstamm, um die Hängematte im Schwingen zu erhalten. Auch sonst schien Gabriele unruhig zu sein, sie drehte das Haupt beständig hin und her, der Haarknoten im Nacken hatte sich fast ganz gelöst, sie schien dessen nicht acht zu haben. Als Röder ihr noch näher kam, gewahrte er eine zarte Röte auf ihren fast durchsichtig blassen Wangen und einen fieberhaft flackernden Glanz in ihren großen Augen. Er sah sie an, als erblickte er sie zum erstenmal, sie schien ihm eine völlig andere als all die Tage zuvor.

Als sie ihn bemerkte, richtete sie sich lebhaft auf.

„Wie gut, daß Sie kommen, ich bin Ihnen so dankbar dafür! Wollen Sie mir helfen, da herauszukommen?“

Sie stützte sich leicht auf seine dargereichte Hand und sprang wie eine Feder zur Erde.

„Was haben Sie denn, Frau Gabriele?“ Der Doktor sah sie noch immer unverwandt an.

„Ach, es ist dumm und kindisch, ich weiß es ja, und früher, als ich gesund war, hab’ ich diesen Zustand auch nie gekannt, aber seit meiner Krankheit überkommt sie mich jedesmal, diese nicht zu beherrschende Angst, diese fieberhafte Aufregung, sobald ein Gewitter in der Luft liegt! Und wenn es erst da ist,“ ihr zarter Körper schüttelte sich furchtsam – „das ist entsetzlich! Ich bemühe mich so sehr, mich zu überwinden, aber ich kann nicht, ich kann nicht! Meine kranken Nerven sind stärker als ich. Darum bin ich so froh, daß Sie kamen, allein halte ich’s überhaupt nicht aus!“

„Hätten Sie mich nicht rufen lassen?“

„Ich glaube ja, aber so ist es besser!“

„Gewiß! Wollen wir ins Haus gehen?“

„Meinen Sie, daß das Gewitter gleich kommt?“

„Das weiß ich wirklich nicht! Es sieht aus, als hätte es noch ein Viertelstündchen Zeit bis zum Ausbruch des Unwetters, doch kann meine Berechnung auch täuschen!“

„Ich möchte lieber hier bleiben, solange es angeht. Mir ist, als sollte ich ersticken!“

Mit einem schnellen Griff zog sie ein paar Schildpattnadeln aus dem schon stark gelockerten Knoten. Das seidene hellbraune Haar rollte bis über die Hüften herab, und ihre nervösen weißen Hände zupften daran, während sie den Kopf mit einer schüttelnden Gebärde hintenüberwarf. – In der Ferne meldete sich ein dumpfes Murren, die Blätter der Eichen fingen leise an, miteinander zu flüstern.

„Wollen wir nicht doch hinein ins Haus?“

„Ach nein, bleiben wir lieber hier! Ich denke, das Gewitter zieht langsam heran.“

Er machte sich daran, die Hängematte loszuknüpfen, sie stand mit schlaff herabhängenden Armen neben ihm und sah ihm zu.

Plötzlich schien sich die stille Oberfläche des Wassers zu kräuseln, ein wunderliches hohles Singen ging durch die Luft, und dann fuhr es durch die schieferblaue Wolkenwand wie ein niederzuckendes Schwert – eine atemlose Pause, ein, zwei Sekunden, und ein greller Donnerschlag schmetterte durch die Lüfte.

(Fortsetzung folgt.)




Die Diamanten- und Goldfelder in Südafrika.

Von B. Falk. Mit Abbildungen von A. Richter.

Die erste Mühle bei Moodie.

Hundert Centner Diamanten befanden sich um das Jahr 1865 im Besitz der Menschheit. Hundert Centner dieser funkelnden kostbarsten Edelsteine hatten fleißige Sucher im Laufe von Jahrhunderten und Jahrtausenden gesammelt. So versicherten wenigstens vor dreißig Jahren Leute, die im Edelsteinhandel bewandert waren. Wenn damals jemand behauptet hätte, daß dieser Schatz im Laufe der nächsten fünfundzwanzig Jahre verdoppelt werden würde – man hätte ihn als Phantasten ausgelacht und doch wäre er mit seiner Prophezeiung weit hinter der Wirklichkeit zurückgeblieben. Ende der sechziger Jahre wurden in Südafrika neue Diamantenfelder entdeckt, deren Reichtum alle Erwartungen übertraf, und die Welt wurde mit einem wahren Diamantregen überschüttet. In 25 Jahren lieferte Südafrika rund 50 Millionen Karat Diamanten, das macht etwa 200 Centner! Und der Vorrat an krystallisiertem Kohlenstoff in diesen wunderbaren Gruben ist noch lange nicht erschöpft. Haben sie doch im 26. Jahre nach ihrer Entdeckung den größten aller bekannten Diamanten geliefert, der 969 Karat oder 198,7 g wiegt! Es ist dies der am Schlusse dieses Aufsatzes abgebildete „Excelsior“, der am 30. Juni 1893 in der Jagersfontein-Mine im Orange-Freistaat aufgefunden wurde und dem man eine wunderschöne blau-weiße Farbe nachrühmt. 200 Centner Diamanten, deren Wert auf etwa eine Milliarde Mark geschätzt wird, sind schon eine Macht, die zahllose Menschenmassen in Bewegung zu versetzen, Tausende von Gemütern zu erhitzen vermag. An die Ausgrabung von 200 Centnern der kostbarsten Edelsteine knüpft sich eine eigenartige Geschichte der menschlichen Arbeit, menschlichen Glücks und Elends. Besuchen wir für einen Augenblick diese weltberühmten Gefilde, hören wir zu, was sie uns erzählen!

Der Schauplatz, auf dem sich die fieberhafte Thätigkeit der Diamantengräber entfaltete, ist West-Griqualand, das von dem Vaal- und Oranjestrom durchflossen wird. In der Nähe dieser Wasserläufe grünen die Bäume und schließen sich zu Wäldern zusammen, aber schon in einiger Entfernung von den Flüssen wird die Landschaft eintöniger, wird sie eine Steppe, die nur im Frühling durch anmutige Schönheit das Auge erfreut. Anfang der sechziger Jahre wohnten in diesen Gebieten in weit zerstreuten Farmen die Boers, mit Vieh- und Straußenzucht beschäftigt. Es war im Jahre 1867, als in einer solchen Farm am Oranjestrom ein Straußenjäger Namens John O’Reilly vorsprach und ein glänzendes Steinchen sah, mit dem die Kinder des Bauers Jacobs spielten. O’Reilly ahnte, daß dieser Stein ein Juwel sein könnte; er ließ sich ihn schenken und Sachverständige bezeugten, daß er ein Diamant von 22½ Karat war, den der Generalgouverneur der Kapkolonie um den Preis von 6000 Mark kaufte. Nun begann man in West-Griqualand allgemein Diamanten zu suchen, und besonders glücklich war ein Kaffer Namens Swartsboy (Schwarzbursche), der Anfang des Jahres 1869 einen Stein von 83½ Karat fand. Dieser Fund machte großes Aufsehen; der Kaffer verkaufte ihn an einen Farmer für 8000 Mark und dieser erhielt dafür von dem Hause Lilienfeld und Brüder in Hopetown 224 000 Mark. Er wurde der „Stern von Südafrika“ genannt und als geschliffener Diamant vom Earl of Dudley für eine halbe Million Mark als Schmuck für die junge durch ihre Schönheit berühmte Gräfin Dudley gekauft.

Von da an bewegte sich ein gewaltiger Menschenstrom nach dem neuen Diamantenland und schon Ende 1869 befanden sich an 5000 „Diggers“ oder Diamantengräber am Vaalflusse, die den Boden durchgruben und in etwa 750 „Wiegen“ durchwuschen.

Die Diamanten lagen hier in einem mit thoniger Erde zusammengebackenen Steingeröll. Dieses wurde, nachdem man es

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_042.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)