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Geschäftig rührte man auch die Trommel der Reklame und die südafrikanischen Minenaktien stiegen an den europäischen Börsen zu schwindelnder und schwindelhafter Höhe. Der Krach blieb nicht aus und die neuen Goldfelder gerieten in einen üblen Ruf. So kam das Jahr 1886 heran, als am Witwatersrand, 50 Kilometer von Prätoria, wiederum neue Goldfelder entdeckt wurden. Das große Kapital glaubte jedoch anfangs den glänzenden Berichten nicht und so konnte hier die Ausbeute nur mit geringen Mitteln und in kleineren Betrieben erfolgen. Aber der Erfolg war überraschend groß und noch einmal flackerte neben dem regellosen Raubbau eine wilde Spekulation auf und noch einmal folgte ihr der Krach.

Das Sortieren der Diamanten.

Indessen das Gold hatte zu große Anziehungskraft; es fanden sich Kapitalisten, die von neuem das zum Betrieb nötige Geld vorschossen, und es erfolgte nun eine finanzielle und technische Wiedergeburt des Goldbergbaues am Witwatersrand. Eine Minenkammer wurde errichtet, Männer von tüchtiger Schulung traten an die Spitze der einzelnen Bergwerke; außer dem Amalgamationsprozeß wandte man die neuesten chemischen Gewinnungsarten an und Witwatersrand erreichte eine ungeahnte Blüte. Natürlich wirkte dieser Fortschritt auch auf die übrigen südafrikanischen Goldfelder günstig zurück. Im Mittelpunkt derselben entstand eine neue Stadt, Johannesburg; wo vor acht Jahren noch kein Haus gestanden hatte, erhoben sich jetzt Kirchen, Theater, große Gasthöfe und Wohngebäude für 40 000 Weiße und 10 000 schwarze Einwohner; bald erschloß auch das Dampfroß die Gegend. Noch erstaunlicher als das Entstehen der Stadt ist übrigens der Aufschwung des Bergbaus. Im Jahre 1892 waren in Witwatersrand allein 69 Goldbergwerke in Betrieb, von denen einige über 100 000 Centner Gestein gefördert haben. Daraus wurde ein Goldgehalt von 1 210 574 Unzen im Werte von über 80 Millionen Mark allein im Jahre 1892 erzielt. Da diese Werke sämtlich Tiefbaugruben sind, so haben sie Schächte und dementsprechend Fördermaschinen, Pumpen, Dampfkessel, Schmieden, Reparaturwerkstätten etc. In neuester Zeit hat man auch Preßluftmaschinen und Bohrmaschinen eingeführt, die bereits nach Hunderten zählen. Sehr umfangreich sind dementsprechend die Pochwerke, und man zählte im Jahre 1892 am Witwatersrand 2530 Pochstempel, die selbst bis zur Schwere von 1000 Pfund hergestellt werden. Mehrfach wird auch die Kraft der Wasserströme in Elektricität verwandelt und als solche den Werken zugeleitet. Da Südafrika noch keine eigene Maschinenindustrie besitzt, so muß sie die Mehrzahl der Maschinen aus den Industriegebieten Europas und Amerikas beziehen, und so wirken diese Goldbergwerke auch über das Meer hinaus, indem sie in den alten und neuen Kulturstaaten zahlreiche Hände beschäftigen. Kein Wunder also, daß z. B. die Firma Friedrich Krupp zu Essen in Johannesburg eine Zweigniederlassung errichtet hat. Die Bergleute am Witwatersrand haben die besten Goldgewinnungsarten eingeführt, die bisher bekannt sind; aber sie möchten die Techniker zum weiteren Fortschritt anspornen, darum haben sie bei der Minenkammer den Beschluß durchgesetzt, in Johannesburg eine Ausstellung für Goldaufbereitungsmaschinen und eine Preisausschreibung für die besten Apparate zu veranstalten.

Der Riesendiamant „Excelsior.“

Außer Witwatersrand sind in Südafrika noch zahlreiche andere Goldfelder in Betrieb, wir nennen nur Lydenburg, Dekaap, Klein-Letaba, Selati, Marabastad, Klerksdorp, Malmani etc., und von Zeit zu Zeit bringt der Telegraph die Kunde von neuen Entdeckungen. Nach der Schätzung des amerikanischen Münzdirektors für 1892 hat Nordamerika (Mexiko, Vereinigte Staaten und Kanada) unter den goldgewinnenden Ländern in diesem Jahr noch immer die Führung innegehabt; Australien hielt ihm fast die Wage und Südafrika kam erst in dritter Linie in Betracht. Aber der Unterschied wird von Jahr zu Jahr geringer, und die Südafrikaner meinen, daß sie bald allen andern Goldländern den Rang ablaufen werden. Der Wert des Goldes, das im Jahre 1893 aus Südafrika ausgeführt wurde, wird auf 111 650 000 Mark geschätzt. Wie sehr das Land dadurch gewonnen, lehrt ein Blick auf Transvaal. Einst hielt die Volksvertretung ihre Sitzung unter einem Strohdache ab, heute tagt sie in einem Palaste, der 2 750 000 Mark gekostet hat.

Bei dieser Bedeutung, welche Afrika für die Goldgewinnung erlangt hat, entsteht wohl die Frage, ob auch in unseren Kolonien sich Gold werde finden lassen. Vereinzelte Funde sind in Deutsch-Südwestafrika gemacht worden. Sie waren aber nicht so reich, daß darauf ein Bergbau sich hätte begründen lassen. Es ist aber wohl zu bedenken, daß die weiten Gebiete deutschafrikanischen Besitzes nur höchst oberflächlich durchforscht sind. Geologen, die sich mit dem Vorkommen des Goldes in Afrika beschäftigt haben, sind auch zu der Ansicht gekommen, daß die Möglichkeit, dereinst reichere Goldminen in Deutsch-Südwestafrika sowie in Deutsch-Ostafrika zu finden, durchaus nicht geleugnet werden kann.


Um eine Kleinigkeit.

Novelle von Jassy Torrund.

     (2. Fortsetzung.)

Franziska hatte den Rechtsanwalt Sonnenthal nicht zu Hause getroffen; nur der Schreiber war dort, ein alter Mann mit gutmütigem Gesicht und bescheidenem Wesen. Nachdem die junge Frau lange Zeit vergebens gewartet, faßte sie sich ein Herz und legte dem Alten ihre Fragen vor; der zuckte die Achseln: er arbeite nur auf dem Bureau des Herrn Rechtsanwalts, von Gerichtssitzungen und dergleichen wisse er nichts. Aber er werde dem Herrn Rechtsanwalt alles sagen, und der könne ja dann der Dame schreiben.

„Ja, es ist gut; aber bitten Sie den Herrn Rechtsanwalt, einen Briefumschlag ohne Firma zu nehmen,“ sagte Franzel halb verlegen und wurde bei dem erstaunten Blick des Alten über und über rot.

„Ich werd’s bestellen, gnädige Frau,“ erwiderte er ruhig.

Ja, so war’s besser! Sie hatte neulich doch entdeckt, daß der Umschlag von Doktor Sonnenthals Brief verschwunden war, und ihr Verdacht hatte sich gleich auf Aurelie gelenkt. Ein zweites Mal sollte ihr das nicht passieren!

Als Franziska das Haus verließ und sich unwillkürlich rechts und links umblickte, sah sie unweit, vor einem Schaufenster, ihres Mannes Cousine stehen, scheinbar vertieft in den Anblick der ausgelegten Waren. Franzel schrak zusammen und eilte, so rasch sie konnte, in der entgegengesetzten Richtung davon, inständig hoffend, daß Aurelie sie nicht bemerkt haben würde. Wie sehr täuschte sie sich! Fräulein von Hagen hatte ja nur ihren heimlichen Wegen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1895, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_046.jpg&oldid=- (Version vom 16.7.2023)