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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Spiele in Eis und Schnee.
Von Balduin Groller. Mit Bildern von Fritz Bergen und C. Schön.
II.

Das Eissegeln.

Von den Unterhaltungen auf dem Eise ist zunächst das Eissegeln auf dem weiten Spiegel eines gefroren Sees zu nennen. Dasselbe gewährt jedem, der sich die dazu erforderliche Geschicklichkeit erwarb, ebensoviel Erfrischung wie Vergnügen. Man saust dahin buchstäblich mit der Geschwindigkeit der Windsbraut, und es kommt nur darauf an, wie geschwind eben die Braut ist. Das Verfahren ist im Grunde einfach: man bietet dem Wind die Segelfläche, und dann geht es auch wie der Wind! Natürlich ist auch da Erfahrung und Geschicklichkeit vonnöten, sonst liegt man gar leicht auf der Nase oder wird mit seinem Eisboot verweht und hat dabei die schönste Gelegenheit, nachzudenken über das „Parallelogramm der Kräfte.“

Wie unsere Bilder hier oben und S. 65 zeigen, giebt es zwei Methoden für das Eissegeln, die eine, bei der man als Schlittschuhläufer vermittelst eines Segels die Hilfe des Windes in Anspruch nimmt, die andere, bei welcher der regelmäßige Segelsport auf dem flüssigen Element auf die feste Eisdecke übertragen wird. Das Eissegeln des Schlittschuhläufers ist eine sehr hübsche Unterhaltung, aber als reinen Sport kann man es wohl nicht gelten lassen. Bei jedem eigentlichen Sport muß die persönliche Leistung genau kontrollierbar sein. Nun kann die Leistung allerdings auch hier genau gemessen werden, sie läßt sich aber nicht abschätzen im Vergleiche mit anderen. Denn die Hauptarbeit besorgt hier das Element, der Wind, und nicht der Läufer, und immer wird der die bessere Leistung aufzuweisen haben, der den stärkeren Rückenwind als Helfer gehabt hat. So kann man auch einen Schwimmerrecord nicht gelten lassen, der in fließendem Wasser erzielt worden ist, denn da entscheidet nicht mehr die Kraft des Schwimmers, sondern der Umstand, wie reißend eben die Strömung war.

Viel sportlicher ist da schon das Segeln mit dem Eisboot. Man könnte glauben, daß auch vom Segeln überhaupt das eben Gesagte gilt, da ja auch dort dem Winde eine sehr wichtige Rolle zugeteilt ist, aber das stimmt doch nicht ganz. Es giebt da von einfachen lateinischen Segel bis zu den komplizierten Zusammenstellungen ganzer Segelsysteme mancherlei Abstufungen, und es erfordert viel Sachkenntnis, Erfahrung, Gewandtheit und kaltes Blut, Geistesgegenwart und die Fähigkeit raschen Entschlusses und raschen Handelns, um die Herrschaft über sein Boot zu behaupten. Wer nun in diesen Erfordernissen besser seinen Mann stellt, der wird auch eine bessere Leistung aufweisen und somit sind da allerdings die Vorbedingungen für den sportlichen Wettbewerb gegeben. Natürlich muß man für die Eisboote gewaltige Flächen zur Verfügung haben. Der Sport ist in Deutschland vielfach eingebürgert, so recht zu Hause ist er aber in Canada, das überhaupt für den Wintersport vielfach tonangebend war. Ursprünglich bestanden die Segelboote aus einem Balkendreieck, das auf drei Kufen gestellt wurde. Die beiden vorderen Kufen waren fest und standen parallel zu der Achse des Fahrzeuges, während die dritte beweglich war und als Steuer diente. Inzwischen ist der Bau der Segeljachten vielfach verbessert worden. Unsre Illustration, Seite 65, stellt das neueste System derselben dar, welches zuerst auf den großen Flüssen und Seen Nordamerikas in Anwendung kam, jetzt aber schon häufig an Deutschlands Küsten und auf größeren Binnengewässern angetroffen wird. Dieselben sichern ein Fock- und Gaffelsegel. Am Heck, dem hinteren Teil des Fahrzeuges, befindet sich ein mit Boden versehener Platz, von wo aus das Steuer in halb liegender Stellung geführt wird. Die auf unsrer Illustration im Vordergrunde befindliche Jacht liegt hart am Winde und läuft daher nur auf der rechten vorderen und auf der beweglichen Steuerkufe.

Eine der primitivsten, aber auch der lustigsten Winterunterhaltungen ist die Hörnerschlittenfahrt. Man braucht nur einen solchen Schlitten und die beschneite Anhöhe dazu, dann setzt man sich auf und fährt in die Tiefe, daß es nur so eine Lust ist! Geht es schief, dann wird man in den weichen Schnee geworfen, und das ist nun gerade auch kein Unglück. Die liebe Jugend treibt überall dieses Wintervergnügen mit ganz besonderer Vorliebe. Wäre es nicht schon sehr lange erfunden, jeder rechte Junge müßte es für sich erfinden. Der Rutschberg ist etwas Unentbehrliches für die Jugend, und an vielen deutschen Schulen besteht die gute Sitte, einen künstlichen Rutschberg von beträchtlicher Höhe zu erbauen, wenn die Natur nicht ausgeholfen hat. Es heißt freilich nach jeder Thalfahrt, den Schlitten wieder hinaufschleppen aber es lohnt sich, die Sache ist zu lustig!

Hörnerschlittenfahrt.

Der jüngste Wintersport in Deutschland ist der Schneeschuhlauf. So recht in Schwung gekommen ist die Sache erst seit einigen Jahren, aber sie hat sich schon weite Kreise erobert.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_060.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)