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verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

wie es um jenen und um Aenne stand. Der arme Offizier hatte blutenden Herzens dem heimlich geliebten Mädchen entsagt und um seiner Familie willen die andere genommen, und das vor Zorn und Schmerz verzweifelnde Kind hatte sich in seine Arme gestürzt. Ihr armen Beiden! Sie war an der Schwelle der Ehe zusammengebrochen unter der Unmöglichkeit, einen andern zu lieben; der Mann schleppte sich bis zum Altar und weiter, immer weiter, bis ihm das Herz erstarrte in seiner Brust.

Der Oberförster fühlte seinen Groll schwinden gegen Heinz Kerkow, aber er seufzte tief, er war hineingezogen worden in diesen Kampf und jedermann kannte seine Wunden. Es sollte das letzte Mal sein, daß ein Weib in sein Leben gegriffen, das hatte er sich gelobt! Er pfiff dem Hunde, setzte sich in die Sofaecke und tätschelte den Kopf des schönen Tieres. „Bist doch die Treueste,“ sagte er leise und zärtlich, „gelt, Diana? Wenn wir miteinander da draußen sind in dem weiten herrlichen Gotteswald, dann wird die ganze Jämmerlichkeit dieses Lebens so wesenlos und klein, nicht wahr, Alte?“

(Fortsetzung folgt.)

Moore und Moorausbrüche.

Von Dr. H. J. Klein.

Die Tagesblätter haben vor kurzem die seltsam klingende Nachricht gebracht, daß bei Killarney in Irland ein großes Torfmoor sich plötzlich in Bewegung gesetzt und die Umgebung weithin verheert habe. Etwa 16 km von der 5000 Einwohner zählenden Stadt Killarney erstreckt sich das große Torfmoor von New Rathmore. In der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember vor. J. begann es plötzlich in Bewegung zu geraten. Ein gewaltiger Schlammstrom wälzte sich meilenweit zu Thal und schob alles vor sich her. Ein Haus, das im Wege, den die Torfmasse nahm, sich erhob, wurde samt den Bewohnern verschlungen. Steinbrüche wurden aufgefüllt und überschritten und der Fluß Flesk derart mit Schlamm erfüllt, daß die elektrischen Lichtwerke versagten und die Stadt Killarney in Dunkelheit gehüllt wurde. Dieses „wandernde Moor von New Rathmore“ hat die Aufmerksamkeit weitester Kreise erregt und zahlreiche Erklärungen des Vorgangs sind zu Tage getreten. Die Erscheinung ist überaus selten, denn für den Zeitraum von 1745 bis 1883 konnte der Botaniker J. Klinge, welcher sich eingehend mit den Moorausbrüchen beschäftigt hat, nur neun Fälle ermitteln, von denen die meisten in Irland erfolgt sind. Dort giebt es freilich viele und ausgedehnte Moore, ja, der zehnte Teil der Insel Irland soll Moorboden sein, aber auch in Holland und in Nordwestdeutschland sind zahlreiche und mächtige Moore vorhanden. Die Moore der Provinz Hannover umfassen allein über 100, diejenigen Oldenburgs 67 Quadratmeilen.

Es sind überaus öde, einförmige Flächen, deren schwankender Boden keine Wege duldet und über denen sich der Himmel wölbt, bis er am fernen Horizont mit dem Moore zusammenzufließen scheint. Ferdinand Senft, der sich mit Untersuchung der Torfmoore eingehend beschäftigte, hat die äußere Erscheinung der Torfmoore sehr treffend geschildert. „Eintönig und in mancher Beziehung unheimlich,“ sagt er, „treten dem Wanderer die vom Menschen noch ungestörten Torfmoore entgegen. Im Frühling, besonders nach schneereichen Wintern, gleichen sie weiten Wasserspiegeln, aus denen hier und da Erlen- und Weidengebüsche, in Gesellschaft von Rohr- und Schilfhalmen, inselartig hervortreten. Hat dann die Frühlingssonne das Moorwasser zur Verdunstung gebracht, so beginnen die moorbewohnenden Pflanzen zu grünen, und bald prangt die Oberfläche der Moore als Wiese, welche nur durch die Gruppen von Rohrhalmen, Schilfen, Wasserlilien und anderen Sumpfgewächsen, die unter ihr verborgene, vom Wasser durchdrungene Torfmoornatur erraten läßt. In trockenen Sommern schmückt sich das Grasmeer des Moores mit unzähligen Fruchtbüscheln, unter denen die des Wollgrases wie weiße Baumwolle aussehen, und an manchen Stellen sind die Moore oberflächlich so ausgetrocknet, daß man da und dort darüberschreiten kann. Aber trotz ihres schönen Blütenschmuckes erscheinen sie dem einsamen Wanderer unheimlich, denn abgesehen von ihrer wassererfüllten, filzigen oder schlammigen, immer zum Verschlingen des sie betretenden Menschen oder Tieres bereiten Masse, herrscht auf ihnen während des Tages gewöhnlich Grabesstille, die nur durch das krächzende Rufen des Moorhähers oder, wo Wasserbecken die Moorfläche unterbrechen, durch das dumpfe Gurgeln der Rohrdommel oder das melancholische Unken der Rohrkröte eine Unterbrechung erleidet. Dabei erheben sich oft an warmen Abenden nach heißen Sommertagen unter eigentümlichem Geräusche, welches dem Getöse eines fernen Wasserfalles ähnelt, unangenehm riechende, der Gesundheit schädliche Dünste aus der Moorfläche, welche, zumal bei kühler Luft, sich zu mannigfachen, wie Geister hin- und herschwebenden Nebelgebilde verdichten und sehr oft auch die ganze Fläche mit einer undurchsichtigen, dunkelgrauen Nebelhülle überziehen. So zeigt sich das Moor während des Sommers. Wenn aber die Herbstzeit eintritt, so erscheint zuerst seine Pflanzendecke wie verbrannt, weiter aber verschwindet sie infolge der Herbstregen unter dem jetzt das Moor bedeckenden Wasser, um in ihrem nassen Grabe, ähnlich allen ihren Vorgängern, sich in Torfmasse umzuwandeln.“

Man unterscheidet zwei Arten von Mooren, nämlich Grünlands-, Wiesen- oder Niederungsmoore und Heide- oder Hochmoore. Die ersteren finden sich hauptsächlich in flachen, von stagnierenden Wasseransammlungen durchzogenen Gegenden, und ihre Vegetation besteht aus grasartigen Gewächsen, Riedgräsern, Binsen, Wollgräsern und Astmoosen. Diese Moore liefern, wo ihre Entwässerung ausführbar ist, einen sehr wertvollen Kulturboden, der bei geeigneter Bebauung in Ackergefilde von überaus großer Fruchtbarkeit umgewandelt werden kann. Die weit ausgedehnten Hochmoore kommen nicht in Ueberschwemmungsgebieten vor, sondern auf sanft gewölbten Hügeln, an Abhängen und in flachen Muldenthälern. Die Unterlage ihrer Vegetation bilden Wassermoose, die alles um sie herum befindliche Wasser aufsaugen.

Auf ihnen siedeln sich Flechten an, welche verwesend eine Moorerde liefern, auf welcher endlich die Moorheide üppig wuchert und in immer neuen Generationen den Boden des Moores erhöht. Der mittlere Teil, wo selbst für das Gedeihen der Moorpflanzen die günstigsten Bedingungen sind, wächst am meisten in die Höhe, so daß die Oberfläche eines solchen Moores etwas gewölbt erscheint, woher auch wohl der Name Hochmoor stammt. Die an dieser Oberfläche wachsenden Pflanzen bilden eine trügerische Decke über den unteren, mehr oder weniger vertieften Moorschichten, die bisweilen, je nach der Bodengestalt, bis zu 6 und selbst 12 m mächtig, d. h. tief, sind. Diese Hochmoore sind den größten Teil des Jahres völlig unwegsam, wer sie ohne kundigen Führer betreten hat und einsinkt, ist rettungslos verloren, jede Anstrengung, sich zu befreien, läßt den Unglücklichen nur nöch tiefer in den schwarzen Moorboden einsinken. Nur die Anwohner kennen bei manchen Mooren gewisse feste Schollen oder Bälten, über die man, von einer zur anderen springend, in das Moor eindringen kann, mit geringerer Gefahr, aber keineswegs gefahrlos. Den Pferden und Kühen werden, damit sie nicht im Moor versinken, Bretter untergebunden. Diese Hochmoore zeigen bisweilen die merkwürdige Erscheinung einer blasenförmigen Aufblähung ihrer Oberfläche, besonders dann, wenn letztere durch lang’ anhaltende Trockenheit eine feste Beschaffenheit angenommen hat. Die Ursache hiervon ist leicht zu erkennen, sie besteht darin, daß die aus der tiefer liegenden Torfmasse sich entwickelnden Gase nach oben hin keinen Ausweg finden und deshalb ihre Decke emportreiben. Bricht dieselbe endlich, so entweichen die Gase unter hörbarem Brausen und die Moorfläche sinkt wieder zusammen. Bisweilen sind diese Gase brennbar. In den Torfgründen des Leopoldskronmoors bei Salzburg wollte im Jahre 1879 ein Arbeiter, der mit Torfstechen beschäftigt war, seine Pfeife anzünden. In dem Augenblick, als das Zündhölzchen sich entzündete, erfolgte ein schwacher Knall und es entstand eine hochauflodernde Flamme, welche stundenlang brannte und erst durch Uebergießen des Bodens mit Wasser und Torfschlamm gelöscht werden konnte.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_139.jpg&oldid=- (Version vom 26.12.2018)