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verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

als die feuchte Kälte. Denselben Erfolg wird man auch durch gewöhnliche Umschläge von kaltem Wasser erzielen und dieselben empfehlen sich auch mehr als die vorhergenannten, sofern man reine Tücher und reines Wasser verwendet. In der Erde, auf Blättern und Kartoffeln ist oft Schmutz vorhanden, wird die Stichwunde durch denselben verunreinigt, so kann das eine Verschlimmerung, Eiterung usw. herbeiführen.

Eine langwierige Eiterung pflegt auch einzutreten, wenn der Stachel des betreffenden Insektes in der Wunde stecken bleibt. Recht haben darum diejenigen, die raten, man solle eine Stechmücke, die uns gerade gestochen hat, nicht totschlagen sondern sich ruhig vollsaugen und dann fortfliegen lassen. Im letzteren Falle zieht sie ihren Stechrüssel zurück, im ersteren pflegt derselbe abzubrechen und bleibt in der Wunde stecken. Giebt es aber nicht ein Mittel, das als Gegengift die Folgen des Stiches unmittelbar aufhebt?

Gesucht hat man seit langem danach und im Laufe der Zeiten auch verschiedenes angepriesen. Bei den Imkern südlicher Länder steht z.B. der Skorpion als Heilmittel gegen Bienenstiche in besonderem Rufe. Sie legen einen Skorpion in ein Fläschchen mit Oel und bestreichen mit diesem die Bienenstiche. Zuverlässige Beobachtungen über die Wirkung dieses Mittels sind uns nicht bekannt. Seit einer Reihe von Jahren wird bei uns das Ammoniak gegen Mücken- und Bienenstiche empfohlen. Das Mittel muß aber möglichst bald nach dem Stiche angewandt werden, wenn es Linderung bringen soll. In mückenreichen Gegenden tragen darum Viele kleine Fläschchen mit Salmiakgeist bei sich. Ganz zuverlässig ist aber auch dieses Mittel nicht.

In unsren Tagen hat Dr. Jos. Ottinger in der Münchener medizinischen Wochenschrift ein neues Mittel empfohlen, dem er eine „ausgezeichnete Wirkung“ zuschreibt. Es ist dies das Ichthyol, eine unangenehm riechende ölige Substanz, die durch trockene Destillation aus bituminösen Gesteinen gewonnen wird und in der Heilkunde seit einer Reihe von Jahren eine ausgedehnte Verwendung gefunden hat. Ottinger hat es im vergangenen Sommer in zahlreichen Fällen von Fliegen-, Schnaken-, Bienen- und Wespenstichen angewandt und damit die Entzündungserscheinungen rasch beseitigt. Im Verlauf einiger Minuten haben Schmerz, Brennen, Jucken usw. aufgehört und die Anschwellung der gestochenen Stelle nahm rasch ab.

Die Anwendungsweise ist sehr einfach. Am schnellsten und sichersten wird das Ichthyol rein, mit einem Pinsel in einer etwa ein Millimeter dicken Schicht aufgetragen. Doch läßt es sich auch in Salbenform anwenden, mit Lanolin oder Vaselin zu gleichen Teilen. Die bequemste Anwendung jedoch gestattet es in Pflasterform, namentlich als Ichthyol-Guttaperchapflastermull.

Die Wirkung des Pflasters ist bei geringen Entzündungserscheinungen und bei unmittelbarem Auflegen nach dem Stich zuverlässig, in schwereren Fällen sollte reines Ichthyol oder die Salbenform benutzt werden.

Es dürfte sich empfehlen, dieses Mittel nachzuprüfen. An Gelegenheit wird es auch in diesem Sommer nicht fehlen.

Eins aber möchten wir unsern Lesern ans Herz legen. Sie sollten, falls dieses oder ein anderes Mittel nicht einschlägt, sondern die Entzündung der Stichwunde trotzdem besteht oder zunimmt, nicht auf eigene Faust quacksalbern, sondern alsdann baldigst einen Arzt aufsuchen. Die Möglichkeit, daß die Wunde durch krankheiterregende Stoffe verunreinigt wurde, ist in solchen Fällen nicht ausgeschlossen, und dann kann nur eine schleunige sachverständige ärztliche Hilfe Heil bringen.




Aus Uhlands neuerschlossenem Tagebuch.

Die Hochzeitsreise im Sommer 1820.

Manchem unserer berühmten Männer – es sei an Ritter Bunsen und Max Duncker erinnert – ist von der überlebenden Gattin ein Denkmal in Form einer Lebensgeschichte gesetzt worden, keinem ein so würdiges wie dem Dichter Ludwig Uhland. Gewiß bliebe er, solange es eine deutsche Sprache giebt, durch seine Dichtungen ein Liebling seines Volkes, selbst wenn man noch weniger von seinem Leben wüßte als über Walther von der Vogelweide. Auch der gelehrte Forscher und der charaktervolle Patriot Uhland würde nimmer vergessen, obschon alle Einzelerinnerungen sich verloren hätten. Aber dank dem Buche, das des Dichters Witwe zunächst 1865 als „Gabe für Freunde“ in den Druck, dann 1874 in die Oeffentlichkeit gegeben hat, ist der unvergleichliche Mann dem Herzen seines Volkes erst vollends so nahe gekommen, als der ganze Mensch wie er leibte und lebte – nicht bloß nach dem was er angestrebt und geschaffen – es in einziger Weise verdient. Schlicht und wahr, klar und treu, wie es Sinn und Weise Uhlands selber war, schildert die Frau, deren Erringen seinem äußeren Leben die langersehnte Wendung zum Glück gegeben, die seinem Innern so verständnisvoll nahegestanden hat, das Werden und Sein des geliebten Mannes mit aller Zartheit weiblicher Empfindung und doch frei von zurückhaltender Befangenheit. Wie zart, aber ohne jede Spur spröder Ziererei, ist die Schilderung des langen Wegs, auf welchem dem „Unstern“ endlich der Stern seines Lebens aufgeht und der von der Gunst der Menschen und Umstände bis dahin so wenig Bevorzugte diejenige für immer findet, der er bekennen darf:

„In meiner Seele Tiefen,
O sähst du da hinab,
Wo alle Lieder schliefen,
Die je ein Gott mir gab!
Da würdest du erkennen.
Wenn Aechtes ich erstrebt
Und mag’s auch dich nicht nennen,
Doch ist’s von dir belebt!“

Schon seit dem Jahre 1815 – so erfahren wir aus dem liebenswürdigen Buch – wird der Name Emma öfters in Uhlands Tagebuch genannt. Schon damals entstand, wie es scheint durch den gern fabulierenden Justinus Kerner, das Gerücht, Uhland werde sich mit Emma (Emilie) Vischer von Calw-Stuttgart verloben. „Das Gerücht,“ erzählt diese selber, „interessierte wohl das noch ganz junge Mädchen, mehr noch interessierten sie die gerade damals herausgekommenen Gedichte des Mannes, die sie bei der Schwester, der Gattin von Uhlands Freund Roser, zu lesen bekam. Aber – an dem ernsten, stillen Herrn Uhland war doch auch gar nichts von einem Liebhaber zu entdecken! Doch erwuchs aus dem anfänglichen Wohlgefallen mit der Zeit eine tiefere Neigung in Uhlands Herz, aber neben dieser Neigung wuchs auch eine immer lebhaftere Beteiligung an den württembergischen Verfassungskämpfen, wie sie sich in seinen vaterländischen Gedichten zeigt. Aus den Briefen Uhlands an seine Eltern ist auch ersichtlich, daß er sich durch seine politischen Ansichten für verpflichtet hielt, vor Herstellung der Verfassung keinen Staatsdienst in Württemberg zu suchen oder anzunehmen. Dadurch fühlte er sich denn auch abgehalten, seine Neigung zu äußern oder als Bewerber um Emmas Hand aufzutreten. Seiner feinsinnigen Zurückhaltung ungeachtet, gewann jedoch diese bei längerer Bekanntschaft einen tieferen Einblick in sein Herz und lernte begreifen, wenn auch unter manchen inneren Kämpfen, daß einem überzeugungstreuen Manne kein Opfer zu groß sein dürfe, daß Uhland schweigen und zuwarten müsse, bis günstigere Umstände für seine Wünsche eintreten würden. Dieses Verständnis konnte in ihr die Hochachtung und Neigung nur vertiefen, und durch treue Freunde, wie Schwab[WS 1], wurde die Hoffnung in beider Herzen bestärkt. Seit dem Sommer 1819 endlich ward Uhland in Emmas elterlichem Hause als Familienglied angesehen, und am 16. Januar 1820 wurde der stille Bund der Herzen öffentlich ausgesprochen durch seine Verlobung mit Emilie Vischer.

Der Bräutigamsstand und die Hochzeit, die am 29. Mai gehalten wurde, fiel in eine unruhige, für den pflichtgetreuen Landtagsabgeordneten sehr geschäftsvolle Zeit. „Den ganzen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schwabe
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_331.jpg&oldid=- (Version vom 15.1.2018)