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Blätter und Blüten.

Das Königliche Schloß in Athen. (Zu dem Bilde S. 341) Die Haine und Wälder die einst die Hänge von Athen mit ihrem grünen Gewande schmückten, sind längst verschwunden; die Umgebung der heutigen Hauptstadt Griechenlands entbehrt darum nur zu sehr des frischen Grüns, das unser Auge erfreut. Eine Ausnahme bildet nur die Gegend um das Königliche Schloß. Hier hat die Königin Amalie, die Gemahlin des Königs Otto und von Geburt eine oldenburgische Prinzessin durch einen deutschen Gärtner einen weiten Park anlegen lassen. Derselbe umgiebt das Schloß in bedeutender Ausdehnung auf den beiden der Stadt abgekehrten Seiten und reicht mit seinem südostlichen Teile bis nahe an das im Sommer meist trockene Bett des Ilissos. Eine breite Straße trennt die Anlagen von dem Flusse, und trotz des Staubes, der auf ihr emporwirbelt, ist sie namentlich abends von zahlreichen Spaziergängern belebt. Dank der herrlichen Baumgruppen, die hier gedeihen, macht, von dieser Stelle aus gesehen, das sonst einförmige und einfache Königliche Schloß, das für König Otto in den Jahren 1834 bis 1838 erbaut wurde, einen überaus malerischen Eindruck. Erhöht wird die Wirkung durch den prächtigen Ausblick auf den Lykabettos, der 277 m hoch, die Umgebung von Athen überragt und dessen Gipfel von einer Kapelle des heiligen Georg gekrönt wird.*      

Der Palmendieb. (Mit Abbildung.), Ein eigenartiger Geselle fürwahr ist der Krebs, den unsre Abbildung den Lesern vorführt. Er ist mit den Einsiedlerkrebsen verwandt und auf verschiedenen Inseln des Indischen Oceans heimisch. Die Eingeborenen haben ihm den Namen Palmendieb beigelegt, denn er nährt sich mit Vorliebe von Kokosnüssen. Das Tier erreicht die Größe und Schwere eines mittelgroßen Hummers, verbirgt sich bei Tage in Erdlöchern und „wandelt“ des Nachts „unter Palmen“, um abgefallene Kokosnüsse aufzuspüren. Findet er eine solche, so zieht er zunächst von dem breiteren Ende der Frucht die faserige Hülle ab, bis er an die in der harten Schale befindlichen drei Keimlöcher oder „Augen“ kommt. Nun hämmert er mit seinen schweren Scheren los, bis er die Schale gesprengt hat und das weiße, gallertartige Fleisch herausziehen kann. Eingeborene behaupten, daß der Palmendieb auch auf die Kokospalmen klettere und die noch am Baum befindlichen Früchte abkneipe; bis jetzt konnte jedoch dieser Bericht durch einwandfreie Zeugen nicht bestätigt werden. Prof. Richard Semon in Jena hat den Krebs auf der Insel Ambon im Molukkischen Archipel beobachtet. Dem trefflichen, an hochinteressanten Beobachtungen des Tierlebens überaus reichen Werke des genannten Gelehrten, das unter dem Titel „Im australischen Busch“ im Verlage von Wilhelm Engelmann in Leipzig erschienen ist, haben wir die obenstehende Abbildung des Palmendiebes entnommen. Das Fleisch des Krebses ist sehr wohlschmeckend und die Chinesen sind dessen leidenschaftliche Liebhaber, sie halten die Palmendiebe vielfach in Gefangenschaft und mästen sie förmlich mit Kokosnüssen. *      

Der Palmendieb.

Auf der Themse. (Zu dem Bilde S. 344 und 345.) Dem Ausländer, der dem Britenlande einen Besuch abstattet und in die besonders charakteristischen und anziehenden Zustände dieses Inselreiches einen Einblick zu gewinnen trachtet, kann es nicht dringend genug empfohlen werden, auch das rege Treiben zu beobachten, das sich auf der Themse entfaltet. Dasselbe ist ungemein interessant, und zwar nicht nur unterhalb Londons, wo die Themse Weltstrom ist und die gewaltigsten Seefahrzeuge auf ihrem Rücken trägt, sondern auch vornehmlich oberhalb der Reichshauptstadt, wo alsbald der Einfluß von Ebbe und Flut aufhört, die Ufer näher zusammentreten und eine idyllische Lieblichkeit haben. Da wechseln wohlgepflegte Parkanlagen und kurz geschorene glatte Rasenflächen mit blumigen Auen und malerischen Hügelketten, mit altertümlichen Städtchen und Dörfern ab. Da erhalten wir aber auch eine treffliche Anschauung von der wunderbaren Entwicklung des Flußlebens. Hunderte, ja Tausende von Fahrzeugen aller Art – von den Dampfjachten und den mit elektrischer Kraft getriebenen Booten sowie den stolzen Segelbooten bis zu den leichtesten und elegantesten Ruderbötchen und Canoes – gleiten an uns vorüber während an besonders malerisch gelegenen Inselbuchten und schattigen Gestaden oft lange Reihen von „House-Boats“, jenen schwimmenden Palästen, vor Anker liegen, aus denen ganze Familien den Sommer hindurch in erbaulicher Wasserdorfgemeinschaft bei einander leben. Alles das macht einen äußerst fesselnden Eindruck, der bei besonderen Gelegenheiten noch einen erhöhten Reiz gewinnt, bei Regatten und sonstigen Flußfestlichkeiten, die auf der ganzen etwa 160 Kilometer langen Strecke von Oxford bis London heute hier, morgen da abgehalten werden. Eine dreitägige Ruderpartie von Oxford bis London ist von mir bereits in der [[Eine Ruderfahrt auf der Themse|„Gartenlaube“, Jahrgang 1885, S. 538, geschildert worden.

Auf dieser Strecke sind etwa vierzig Schleusen angelegt, wodurch das Gefälle des Flusses wesentlich verringert wird. Obschon nun diese ihre Wasserthore an manchen Tagen immerfort öffnen und schließen müssen und, sobald das erforderliche Wasser eingelassen oder abgelassen ist – also alle paar Minuten –, Dutzende von Booten auf einmal fassen können, so ist der Andrang derselben zu Zeiten doch so groß, daß nicht alle in der Schleuse Raum zu finden vermögen. Wohl bereiten diese Bauten dem Ruderer neben dem Vorteil der Wasserregulierung auch eine störende Unterbrechung in seinem Kurse, aber sie bringen auch wieder mancherlei Kurzweil mit sich.

Eine solche Einfahrt flußabwärts steuernder Boote in eine Schleuse hat der Künstler unsres Bildes erfaßt und getreu wiedergegeben. Die flußaufwärts führenden Thore sind eben geöffnet und in wirrem Knäuel drängt sich nun die Masse der Boote durch die enge Oeffnung ein. Da kann natürlich von einer Handhabung der Ruder nicht mehr die Rede sein. Sie sind alle längst eingezogen. Mit Stangen und Bootshaken und mit den Händen schiebt man sich weiter. Das führt dann auch wohl zu gewissen „Anrempeleien“, und zwar nicht nur seitens der Boote, die immerfort gegeneinander stoßen und daher in solchem Gewoge auch leicht beschädigt werden, sondern auch von seiten der Insassen, wenn jemand zu rücksichtslos sich vordrängt. Aber es herrscht im allgemeinen hinreichender Takt und guter Humor, so daß gelegentlich auch ein etwas derberer Spaß ohne besondere Beanstandung verübt werden kann. Es mag uns schmerzlich sein, von dem spitzigen Schnabel plötzlich einen Stoß in den Rücken zu bekommen, schmerzlicher noch, unser Boot – ein ganz neues – immerwährend solchen Stößen ausgesetzt zu sehen, die stets solche abscheuliche Merkmale auf der vor kurzem noch tadellosen Lackierung hinterlassen, indessen, die Stöße können doch auch niemals wirklich fest kommen, da man sich in dem Gewirr ja immer nur langsam von der Stelle bewegen kann.

Noch durch diese eine Schleuse! Dann wird an der ersten schattigen Inselbucht Halt gemacht. Die Teppiche werden aus den Booten geholt und auf dem Rasen ausgebreitet; die Decken und die Regenmäntel und die großen Eßkörbe werden herbeigetragen, und nach des Vormittages Anstrengungen wird dann ein regelrechtes Picknick abgehalten. Es ist ein herrliches Leben auf der Themse und auf ihren Ufern. Wilh. F. Brand.

Schwitzt der Hund durch die Zunge! Fast allgemein ist die Meinung verbreitet, daß der Hund durch die Zunge schwitzt. Zutreffend ist sie jedoch nicht. So wie der Mensch oder das Pferd kann der Hund nicht schwitzen, denn in seiner Haut fehlen die Schweißdrüsen. Er muß somit die Abkühlung, die uns der Schweiß bringt, auf eine andere Weise erlangen. In normalem Zustande atmet der Hund 20 bis 30 Mal in der Minute, rennt er aber in der Hitze, so steigt die Zahl seiner Atembewegungen um das zehnfache und beträgt 300 bis 350 in der Minute. Diese beschleunigte Atmung entzieht nun der Lunge große Mengen Wasserdampf. Der Physiologe Richet hat berechnet, daß ein etwa 10 kg schwerer Hund in einer Stunde auf diese Weise 130 g Wasser ausscheiden würde. Zur Verdampfung dieser Wassermenge ist aber eine Wärmemenge nötig, mit der man 60 Liter Wasser um einen Grad Celsius erwärmen kann. Die beschleunigte Atmung kühlt also den Hundekörper bedeutend ab. Im Vergleich hierzu ist die Wassermenge, die an den Oberfläche der heraushängenden Hundezunge verdampft, sehr geringfügig. Der Hund schwitzt somit nicht durch die Zunge, sondern vielmehr durch die Lunge. *      


Inhalt: Die Hexe von Glaustädt. Roman von Ernst Eckstein (1. Fortsetzung). S. 341. – Das Königliche Schloß in Athen und der Berg Lykabettos. Bild. S. 341. – Auf der Themse. Bild. S. 344 und 345. – Das Burgfest auf Runkelstein. Von Karl Wolf-Meran. S. 348. Mit Abbildungen S.348, 349, 350 und 353. – Kriminalistische Gesichtsstudien. Von C. Richter. I. S. 350. – Aus Mitleid. Novelle von Emma Merk. S. 352. – Blätter und Blüten: Das Königliche Schloß in Athen. S. 356. (Zu dem Bilde S. 341.) – Der Palmendieb. Mit Abbildung. S. 356. – Auf der Themse. Von Wilh. F. Brand. S. 356. (Zu dem Bilde S. 344 u. 345.) – Schwitzt der Hund durch die Zunge? S. 356.



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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