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Blätter und Blüten.

Sommeridyll.
(Zu dem Bilde S. 449.)

Wenn sich dunkle Wolken türmen
Und herabrauscht Regenflut,
Dann das Volk im Moos zu schirmen,
Sind des Volkes Pilze gut.

Hurtig stellt man sich darunter
Wenn man einen größern fand,
Kleinre bricht man ab mitunter,
Trägt alsdann sie in der Hand.

Manchen Wandrer schon erfreute
Solch ein Schirm klein oder groß,
Wie er passend ist für Leute,
Die zu Hause sind im Moos.

 J. Trojan.

Alle Neun! (Zu dem Bilde S. 452 und 453.) Eine Woche lang „eingeregnet“ sein und festgehalten werden im dem Hochgebirgsdorf, das man nur ausgesucht hat, um täglich von ihm aus weite Ausflüge in die herrliche Umgebung zu machen – das war schon für viele ein trübselig Reisekapitel. Aber gar mancher weiß auch von solcher Reiseregen-Woche zu berichten, in der keine Langeweile und kein Trübsinn aufkommen mochte. Von Tag zu Tag führte der Humor siegreicher das Scepter über die vom „Wetterpech“ vereinten Leidensgenossen, und nach der Sonne Wiederkehr trennte man sich von ihnen mit Trauer, wie von alten guten Freunden. Dies Wunder hatte die Kegelbahn vollbracht, in der man bald die bessere Hälfte des Wirtshauses entdeckte. Sie gab den verschiedenen „eingeregneten“ Sommerfrischlern und Touristen für ungezwungenen heiteren Verkehr ein von frischer Luft durchwehtes Stelldichein, sie bot für den Ausfall der geplanten Bergtouren einen Ersatz und in fröhlichem Wettkampf die Körperkräfte zu nutzen. Es liegt ein eigner Zauber über solch ländlicher Kegelbahn im Hochgebirge; alle guten Geister der Gemütlichkeit sind auf ihr heimisch und während die Kugeln lustig gegen die Kegel rollen, die Damen und Herren sich als „Fernhintreffer“ bewähren, stellt sich auch gern der Meister dieser Kunst, Gott Amor, mit Pfeil und Bogen hier ein. Er hatte leichte Arbeit – das läßt unser Bild erkennen. Die allzeit fidele Tochter des freundlichen Rechnungsrats da drüben auf der Bank, welche soeben mit kühnem Wurf „alle neun“ getroffen hat, erweckt bei den sämtlichen Junggesellen von der Partie eine solche Begeisterung, daß es kaum noch übernatürlicher Kräfte bedarf, um auch dem lauernden Gott zu einem gleichen Schuß ins Rollen zu verhelfen. Und vor acht Tagen war das Fräulein noch eine Fremde in der Kunst des Kegelns! Aber freilich: an guten Lehrern hat es ihr inzwischen so wenig gefehlt wie an Eifer. Besonders der hübsche Herr Assessor, der eben die „Neun“ seiner Partei gutschreibt fand in ihr eine eifrige Schülerin. Und während von allen Seiten ein lautes Hurra durch den Raum hallt, als Echo auf den hellen Juchzer des Kegelbub’n, während über das Gesicht des Mädchens die Siegesfreude ein sonniges Leuchten strahlt, fühlt der junge Mann in ihrem Sieg stillbeglückt den eignen und in ganz anderm Sinn jubelt’s in seinem Herzen – „Alle Neun!“ P.      

Verschieben eines Hauses in Haiger am Westerwald.

Verschieben von Bauwerken. (Mit Abbildungen.) Das Fortrücken von Häusern von ihrem ursprünglichen Standort auf einen neuen, der dem Besitzer gelegener erscheint, wird immer häufiger ausgeführt. Unsere Abbildungen veranschaulichen zwei solcher Verschiebungen, die in jüngster Zeit vollzogen wurden. Auf der einen sehen wir die Vorbereitungen zum Fortschieben eines aus Eichenholz und Fachwerk erbauten Hauses in dem Städtchen Haiger am Fuße des Westerwaldes. Dasselbe wurde auf mächtigen Unterbalken etwa 25 m weit von seinem ursprünglichen Standorte fortgeschoben. Der Akt vollzog sich vom 20. bis 27. April dieses Jahres und erforderte außer einigen Wagen, Balken und Rollen, 5 Schraubenwinden und 15 Arbeiter zum Bedienen der letzteren. Das zweite Bild führt uns das Verschieben eines 28 m hohen und 100 Tonnen schweren Fabrikschornsteins vor. Dieses besonders schwierige Fortrücken wurde zu Manhanset auf Shelter Island im Staate New York ausgeführt. Man schob den Schornstein 300 m weit und benutzte dazu Pferdekraft. Die Arbeit wurde in neun Tagen vollbracht. *      

Verschieben eines Fabrikschornsteins zu Manhanset im Staate New York.
Nach Scientific American.

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Montenegrinische Schmuggler. (Zu dem Bilde S. 465.) Die wilde Zunft der Schmuggler hat’s leicht und schwer zugleich in dem wilden Reviere der „Schwarzen Berge“. Leicht, weil die Einsamkeit so groß ist. Unendliche Strecken wilden Gerölls ziehen sich zwischen den düstergrauen Bergen hin. Frühlings schiebt sich der Safran und das zarte Schneeglöckchen zwischen den Steinen hervor, sommers liegt grelle Sonne darüber und die Schafe des kleinen Hirten weiden die vereinzelten Gräser ab; winters läuft die Spur des Wolfes über den Schnee. Da, wo das Geröll endet, schießt der Schwindelpfad, viel zu schmal und steil scheint’s für des Menschen Fuß, zu den Pässen abwärts. Diese schlängeln sich als hellgraues Band an den dunklen Felswänden hin; hier und dort wieder tiefen sich schwarze Höhlen in den Stein, kalt weht die Luft daraus hervor und wo sie enden, weiß nur Gott – und die Schmuggler! Selten jedoch treibt sie die Verfolgung hinein; sie kennen ihr Terrain allzugenau und wer von ihnen etwa bei Nacht und Nebel abstürzt auf Nimmerwiederkehr, den beklagen die wilden Brüder nicht, sondern mit verächtlich gekräuselter Lippe heißen sie ihn einen Dummen. – Da, wo hinter Fotscha der Bergzug des Bukuschabrdo Albanien zuläuft und die Hütten von Zrkovita in der Ferne auftauchen, liegt zwischen dräuendem Gestein die verrufene „Krema“, das Wirtshaus, in dem die Schmuggler rasten. Die schöne, kecke Stanica, die Tochter des Kremars, weiß ganz genau, zwischen welchen Steinen wohlversteckt der kostbare Tabak liegt. Sie ist es auch, die den Waghälsen Feuer in die Adern gießt und nicht nur mit dem schwarzroten Weine! Ehelichen möchte sie keinen, nicht den Dunkelbärtigen, dem das weiße Kopftuch so schön steht mit dem er den türkischen Mollah spielt, noch den jungen Feueräugigen in der rotschwarzen Cappa. Denn, sagt sie: zöge ich mit euch als des einen Weib, wie sich’s gebührt, wer sollte euch kredenzen, wenn ihr heimkehrt? Und verlöre ich den Gatten, so würden meine Augen in Wasser stehen und mein tapferes Land würde sich seiner Tochter schämen müssen. B. S.-S.     


manicula      Hierzu Kunstbeilage XV: „Liebesgruß.“ Von F. Andreotti.

Inhalt: [ Inhalt der Wochen-Nr. 27/1897 ]



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_468.jpg&oldid=- (Version vom 7.7.2023)