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Die Leichenräuber.
(Fortsetzung.)

„Die sind nach Vincennes zu“, unterbrach ihn hier die Wirthin, „sie wollten auch blos eine Parthie Otterfelle verkaufen und dachten gewiß wenig genug an Schätze.“ –

„So?“ rief der Krämer pikirt, – „Otterfelle verkaufen, als ob sie deshalb nach Vincennes zu gehen brauchten. Da gibt es auch in Waterton Leute, die Geld genug haben, ihnen ein paar lumpige Otterfelle abzukaufen. Nein, das hat einen anderen Grund, und wir werden’s schon noch erfahren. Deßhalb war ich übrigens auch so dagegen, daß der kleine Doktor den Indianer zerschneiden sollte – der Teufel hole die rothen Schurken, vielleicht hätten sie das als eine Ausrede genommen, uns die Häuser über dem Kopf angesteckt, und hier mitgenommen, was sie mitzunehmen wünschten.“

„Ja, das sag’ ich auch,“ – meinte Josy – „das wäre auf keinen Fall gegangen; ich weiß noch recht gut, wie sie’s Mal in Greentown einem Deutschen machten, der auch das Gerippe von einem am Mississippi begrabenen Häuptling hatte stehlen wollen – sie erwischten ihn dabei – zogen ihm den Scalp ab, und ließen ihn laufen – drei Stunden drauf war er todt. Ich habe die Geschichte Mac Botherme zur Warnung erzählt.“

„Ja, und nachher haben sie noch fünf aus derselben Ansiedlung erschossen,“ sagte Weppel, – „ich kann mich recht gut darauf besinnen, denn ich kam acht Tage später durch Greentown.“

„Und dann war Salomon auch ein herzensguter Mensch,“ sagte Mrs. Glassy – „gar nicht wie die anderen Indianer – überall gefällig und immer freundlich – es hätte mir in der Seele weh gethan, wenn er nicht einmal ruhig im Grabe geblieben, sondern von dem – Irländer da, zerschnitten wäre. Soviel weiß ich – wenn der hier in Waterton Menschen die Eingeweide herausnimmt und an ihnen herumsticht als wie an einem anderen Stück Vieh, dann mag er mir nur hier aus dem Hause bleiben, dann dank’ ich ihm für seinen Besuch – ich ekelte mich zu Tode.“

„Na, das wäre nun das Wenigste“, lachte ihr Mann – „das wäscht sich Alles wieder ab, und was Salomon betrifft, so ist Einer von den Moccasinzertretern so schlimm wie der andere – je freundlicher sie sich stellen, desto mehr muß man sich vor ihnen in Acht nehmen. Aber darin hat Shark recht – ich möchte nachher nicht mehr vor die Thür gehen, wenn es unter dem Stamm bekannt würde, wir hätten hier in Waterton Einen von ihnen nicht allein nicht begraben, sondern sogar noch zerschnitten – am Ende glaubten sie gar, wir wären Menschenfresser.“

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gerstäcker: Die Leichenräuber. Braun & Schneider, München 1846, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leichenr%C3%A4uber-Gerstaecker-1846.djvu/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)