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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

Namen für Dich; denn Deinen prosaischen Hausnamen können wir hier nicht brauchen. Wie gefällt Dir Isidora oder Alwine? Mit Deiner Geschichte vom Schorenhans hast Du nichts erreicht, als daß sie mir die doppelte Brieftaxe verursachte; denn erstens ist aus diesem albernen Witze nichts zu machen, und wenn es wäre, so kannst Du doch nicht verlangen, daß ich meine Muse mit dergleichen kleinlichen Angelegenheiten beschäftige! Für eine öffentliche wohlthätige Unternehmung ließe sich das eher hören; ich bin auch schon bei einigen solchen ehrenvollen Missionen engagiert. Wenn Du jedoch den Leuten ein paar Franken aus der Tasche magst zukommen lassen, so habe ich nichts dagegen; denn ich möchte Deinem mildthätigen Sinne nicht gerade hinderlich sein. Ich wünschte, daß Du Dich für den Namen Alwine entscheidest.“

Nun ging also die seltsame Briefpost tagtäglich und nach einiger Zeit in der That zweimal des Tages. Gritli hatte nun alle Tage vier lange Briefe abzuschreiben, weshalb ihre feinen rosigen Finger fast immer mit Tinte befleckt waren. Sie seufzte reichlich bei diesem ungewohnten Thun, mußte bald lachen, bald weinen über die Einfälle und Mittheilungen der beiden Briefsteller, die durch ihre Hand gingen, und sie unterschrieb die Briefe an Viggi mit Alwine, diejenigen

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/186&oldid=- (Version vom 31.7.2018)