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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

der Stadt, sagte: der Bub gefällt mir wohl, er hat sehr gute Augen! Wenn es den Herren recht ist, so nehme ich ihn einstweilen bei mir auf, da ich doch nur Ein Kind habe, und will sehen, daß ich einen ehrlichen Waidmann aus ihm mache!

Dieser Vorschlag erhielt den Beifall der Seldwyler, und so ließ Küngolt, wohl zufrieden, ihren Dietegen nicht mehr von der Hand, sondern hielt ihn fest bei sich. Das Pärchen nahm sich in der That höchst anmuthig aus; auch das Mädchen trug einen üppigen Kranz auf dem Köpfchen und war in grün und roth gekleidet. Deshalb gingen sie wie ein Bild aus alter Märchenzeit vor dem fröhlichen Volke her, als dieses endlich beim glühenden Abendroth berghinunter heimwärts zog. Bald jedoch trennte sich der Forstmeister von dem Zuge und ging mit den Kindern seitwärts nach seinem Forsthause, welches unweit der Stadt im Walde lag. Ein dunkler Baumgang führte zu dem Hause, in welchem die stille Frau des Försters saß und mit Erstaunen die Kinder eintreten sah. Sogleich sammelte sich auch das Gesinde, und während die Frau den müden Kindern zu essen gab, erzählte der Mann das Abenteuer mit dem Knaben. Der war aber jetzt gänzlich erschöpft, auch fror es ihn in seiner allzuleichten Tracht; daher wurde herumgefragt, wer den Ankömmling für die

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/300&oldid=- (Version vom 31.7.2018)