Seite:Erinnerung an die Enthüllung des Gabelsberger-Denkmals 11.jpg

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Loos, uneigennützig im höchsten Grade, ein Freund und Vater seinen Freunden, ein Muster im häuslichen und gesellschaftlichen Kreise, dann windet sich der Kranz seines Schaffensruhms zur Krone edler Menschlichkeit. In solchem Bilde steht der Meister Gabelsberger vor seinen Jüngern, die ihn wenn auch nicht persönlich, doch aus seinen Schriften, in seinem Leben und Wirken tiefer kennen gelernt haben, als ein lichter Stern da, der, wie die Sonne heute hell vom Himmel scheint, wohlthätig seine Strahlen wirft auf alle, die sich zu ihm bekennen, und auf Geist und Herz erleuchtend und erwärmend wirkt. Eine heilige Begeisterung hat die ganze Reihe seiner Jünger bis jenseits des Oceans veranlaßt, in seiner Geburtsstadt, an der Stätte seines Wirkens ihm ein Denkmal von Erz zu setzen, das die Liebe zu ihm offenbar machen soll seiner Vaterstadt, seinem ganzen Vaterlande.

Wer an den letzten beiden vergangenen Tagen den Verhandlungen des deutschen Gabelsberger Stenographenbundes beigewohnt hat, wer Zeuge gewesen ist des tiefen Ernstes und der hinreißenden Begeisterung, mit welcher der schwierigste Gegenstand in unglaublich rascher Zeit mit Zusammenfassung aller Kräfte erledigt und unter friedlichem Austausch und freundlicher Auslösung aller, selbst der am meisten entgegenstehenden Ansichten ein Werk der Einmüthigkeit geschaffen wurde, das selbst die kühnsten Erwartungen übertroffen hat, wer die leuchtenden Blicke geschaut und den brausenden Ruf vernommen hat, mit welchem das Einigungswerk der gesammten Gabelsberger’schen Schule freudig von allen Seiten begrüßt worden ist, die nunmehr als eine wie nie zuvor geeinte Schaar dasteht, um allem, was da kommen mag, kräftig und muthig entgegen zu treten, der wird begreifen, was es heißt, wenn der Geist eines wahrhaft großen Mannes alle Herzen erfüllt, alle Gemüther beherrscht, der wird verstehen, was eine heilige Begeisterung, was eine aus dem innersten Herzen gedrungene, nicht einer bloßen Schwärmerei entstammende, sondern auf tiefste Achtung gegründete Liebe zu einem solchen Manne bedeutet. Möge diese Denkmal, das wir im Begriffe stehen zu enthüllen, deß Zeuge, aber auch festeste Stütze sein, daß zur Ehre des Meisters und zum Heile seiner Erfindung es immer so bleibe. Nun aber allen denen, die da mitgewirkt haben, daß wir heute in dem uns allen so heiligen Momente hier stehen können, dem hohen Magistrat der Haupt- und Residenzstadt München und der hohen kgl. bayerischen Staatsregierung, den stenographischen Vereins- und Kunstgenossen, insbesondere dem Gabelsberger Stenographen-Centralverein hier und dem zu diesem Zweck eingesetzten Denkmalausschuß, aber zum mindesten nicht auch den Künstlern, die es verstanden haben, alle Eigenschaften und Tugenden unseres Meisters in der auch sie begeisternden Liebe lebendig dem todten Erze einzuhauchen, tausend und abertausend Dank. Tausendfachen Dank der gesammten Schule Gabelsbergers, und, ich irre mich nicht, wenn ich noch hinzufüge, allen übrigen Stenographen, die heute hierhergekommen sind, um den Mann zu ehren durch ihre Gegenwart. – Und nun falle die Hülle, es zeige sich das Bild unseres unsterblichen Meisters, das ich Sie bitte mit mir zu begrüßen durch den einhelligen Ruf: Hoch Gabelsberger!

Es war kein gemachter, kein künstlicher, sondern ein echter, herzlicher Jubel, der das Fallen der bergenden Hülle begleitete, und lange, lange war er nicht zu beschwichtigen. Hatte auch die von der Leipziger „Illustrirten Ztg.“ gebrachte treffliche Abbildung längst jeden Zweifel darüber gehoben, ob das Denkmal der Mit- und Nachwelt auch wirklich den ganzen Gabelsberger vor Augen stellen, ob das spröde Erz sich zur Wiedergabe, nicht bloß der Geistesschärfe, sondern auch der Seelengüte des verehrten Meisters hergeben werde, so war doch die Freude über die meisterliche Art, in der der Künstler seine Doppelaufgabe gelöst, in jedem Auge zu lesen und wir haben von keiner Seite auch nur die leiseste Ausstellung vernommen, wie aufmerksam wir auch jeder sich vernehmlich machenden Stimme Gehör schenkten. Die Kunst- und Denkmalsstadt München hat sich mit dem Standbild Gabelsbergers eine neue Zierde geschenkt – das war der allgemeine Eindruck, und das Mißgeschick, welches vor einem Jahre die Denkmals-Enthüllung verhinderte und einen Aufschub nöthig machte, erschien für die Stimmung aller Festgenossen vollauf gesühnt durch