Seite:Erinnerung an die Enthüllung des Gabelsberger-Denkmals 5.jpg

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das Album zu einer illustrirten Geschichte des IV. Stenographentages und des III. Internationalen Stenographen-Congresses zu erweitern und auch die Verhandlungen in dem mit den Bannern der Innungen geschmückten, zur Zeit auch das prachtvolle Banner der deutschen Turnerschaft verwahrenden Prunksaale des alten Münchener Rathhauses und die Festlichkeiten im Saale des katholischen Casinos im Bilde vor Augen zu führen. Der Schwerpunkt der Münchener Festtage lag eben doch für viele Tausende in der Enthüllung des Denkmals – auf sie haben wir uns deshalb beschränken zu sollen geglaubt und, wie wir glauben, mit Fug beschränken dürfen.

Wer am Sonnabend Abend, „gekeilt in drangvoll fürchterlicher Enge“, dem Festbankett beigewohnt hatte, welches zu Ehren der Theilnehmer am Internationalen Congreß abgehalten wurde und bei dem die hervorragendsten Größen der Schule, wenn sie überhaupt ein Plätzchen fanden, mit dem bescheidensten Winkelchen vorlieb nehmen mußten (der Saal war eben viel zu klein, doch mögen die lokalen Verhältnisse zur Wahl desselben gezwungen haben), der trat nach all den ungarischen und italienischen oder von Vertretern anderer Systeme gehaltenen Ansprachen mit dem Gefühl hinaus in die Nachtluft, daß ihm der morgende Tag die Weihe schulde, welche dieses Bankett bei seinem conventionellen Character naturgemäß hatte vermissen lassen. Und dieser Sonntag-Vormittag hat gehalten, was man sich von ihm versprach, hat es in ergreifender und überwältigender Weise gehalten – darüber wird bei den Theilnehmer an der Feier nur eine Stimme sein.

In den Morgenstunden des Sonntags, über den sich ein tiefblauer, klarer Himmel wölbte, belebten sich die Straßen der Isarstadt mit Stenographen zu Fuß und zu Wagen, von denen so mancher zu seiner Legitimation des violetten, goldgesäumten Festzeichens am Rocke nicht bedurft hätte: der markante Characterkopf, der ein hervorstechendes Kennzeichen der Versammlung bildete, würde für den aufmerksamen Beobachter genügt haben. Viele führten mächtige Lorbeerkränze mit sich, die dazu bestimmt waren, am Fuße des Denkmals nach der Enthüllung desselben niedergelegt zu werden. Das Ziel Aller aber war der südliche Friedhof, auf dem der Meister und sein Schüler Gerber in geringer Entfernung von einander die letzte Ruhestätte gefunden haben. Der für die Theilnehmer an der Feier abgegrenzte Raum füllte sich allmählich mit ergriffen Schweigenden oder nur gedämpft Flüsternden; die Meisten, die dem Geiste des großen Todten oft schon nahe gestanden, waren ja zum ersten Male seiner Asche nahe und standen im Bann der starken Bewegung, die in solchen Augenblicken Jeden ergreift, der nicht direct herzenshart ist oder es zu sein versucht. Das Grab mit seinem würdigen und harmonischen Monument, vor dem zwei mächtige Wachskerzen brannten, ist augenscheinlich Gegenstand der pietätvollsten und sinnigsten Pflege, war aber für den besondern Anlaß aufs Reichste geschmückt, zum Zeichen der Liebe, die über die Gräber hinaus sich bethätigt und ihren Todten die Treue hält. In wahrer Andacht lauschten die Anwesenden den Chorälen, welche mit ernsten, schweren und doch triumphirenden Klängen die Feier einleiteten, in lautlosem Schweigen den Worten, welche Herr Prior P. Hieronymus Gratzmüller aus Augsburg an sie richtete. Die zwischen Gräbern und Monumenten entstandenen