Seite:Faust I (Goethe) 080.jpg

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Aber ach! schon fühl’ ich, bey dem besten Willen,

Befriedigung nicht mehr aus dem Busen quillen.
Aber warum muß der Strom so bald versiegen,
Und wir wieder im Durste liegen?
Davon hab’ ich so viel Erfahrung.

1215
Doch dieser Mangel läßt sich ersetzen,

Wir lernen das Ueberirdische schätzen,
Wir sehnen uns nach Offenbarung,
Die nirgends würd’ger und schöner brennt,
Als in dem neuen Testament.

1220
Mich drängt’s den Grundtext aufzuschlagen,

Mit redlichem Gefühl einmal
Das heilige Original
In mein geliebtes Deutsch zu übertragen,

Er schlägt ein Volum auf und schickt sich an.

Geschrieben steht: „im Anfang war das Wort!“

1225
Hier stock’ ich schon! Wer hilft mir weiter fort?

Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,
Ich muß es anders übersetzen,
Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
Geschrieben steht: im Anfang war der Sinn.

1230
Bedenke wohl die erste Zeile,
Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie erster Teil. Tübingen: Cotta. 1808, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_I_(Goethe)_080.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)