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1095
Ihr schmetternd Lied die Lerche singt;

Wenn über schroffen Fichtenhöhen
Der Adler ausgebreitet schwebt,
Und über Flächen, über Seen,
Der Kranich nach der Heimat strebt.

Wagner.

1100
Ich hatte selbst oft grillenhafte Stunden,

Doch solchen Trieb hab’ ich noch nie empfunden.
Man sieht sich leicht an Wald und Feldern satt,
Des Vogels Fittig werd’ ich nie beneiden.
Wie anders tragen uns die Geistesfreuden,

1105
Von Buch zu Buch, von Blatt zu Blatt!

Da werden Winternächte hold und schön,
Ein selig Leben wärmet alle Glieder,
Und ach! entrollst du gar ein würdig Pergamen;
So steigt der ganze Himmel zu dir nieder.

Faust.

1110
Du bist dir nur des einen Triebs bewußt,

O lerne nie den andern kennen!
Zwey Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;

Die eine hält, in derber Liebeslust,
Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie erster Teil. Tübingen: Cotta. 1808, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_I_(Goethe)_073.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)