Seite:Faust I (Goethe) 099.jpg

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Nur mit Entsetzen wach’ ich Morgens auf,

1555
Ich möchte bittre Thränen weinen,

Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf
Nicht Einen Wunsch erfüllen wird, nicht Einen,
Der selbst die Ahndung jeder Lust
Mit eigensinnigem Krittel mindert,

1560
Die Schöpfung meiner regen Brust

Mit tausend Lebensfratzen hindert.
Auch muß ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,
Mich ängstlich auf das Lager strecken,
Auch da wird keine Rast geschenkt,

1565
Mich werden wilde Träume schrecken.

Der Gott, der mir im Busen wohnt,
Kann tief mein Innerstes erregen,
Der über allen meinen Kräften thront,
Er kann nach außen nichts bewegen;

1570
Und so ist mir das Daseyn eine Last,

Der Tod erwünscht, das Leben mir verhaßt.

Mephistopheles.
Und doch ist nie der Tod ein ganz willkommner Gast.

Faust.
O seelig der! dem er im Siegesglanze

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie erster Teil. Tübingen: Cotta. 1808, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_I_(Goethe)_099.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)