Seite:Foerster Klassische Philologie der Gegenwart 22.jpg

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und beglückender Anmut aufzeigen. Nur so wird ein Vortrag nicht blos leuchtendes, sondern auch wärmendes Licht geben; nur so wird die klassische Philologie ihr letztes Ziel, das Beste an aller geschichtlichen Betrachtung, erreichen: Begeisterung, jugendfrische und andächtige Begeisterung für die Schönheit des Hellenischen Geistes erwecken, das Gemüt mit Liebe zu demselben erfüllen, den Willen zur Nacheiferung anspornen.

Schulen edlen Geschmackes, lebendigen Mit- und Nachempfindens, der Gemütserhebung sollen die Vorlesungen über Dicht- und Kunst-Werke sein.

Und unter diesem Gesichtspunkte, um der klassischen Altertumswissenschaft humanistisches Terrain zu erhalten und wiederzugewinnen, soll der Philolog sich durch einzelne Miserfolge nicht abschrecken lassen immer von Neuem auch dem Bedürfnis von Hörern andrer Fakultäten in besonderen Vorlesungen entgegenzukommen; denn es scheint nicht denkbar, dass die echte Naivetät Homers, die Erhabenheit eines Aeschylus, die fromme gedankenvolle und formvollendete Schönheit eines Sophokles, die dramatische Kunst eines Euripides, die schalkhafte Grazie eines Aristophanes, die warme Leidenschaft eines Catull oder Properz, der liebenswürdige Humor eines Horaz – der Anziehungskraft für Jünglinge und insbesondere für deutsche Jünglinge schon verlustig gegangen seien. Und noch leichter muss es dem Archäologen werden bei der Erklärung der Denkmäler des Museums Hörer aller Fakultäten um sich zu versammeln, nicht blos ihren Beobachtungssinn anzuregen, sondern sie in das Heiligtum griechischer Kunst einzuweihen, Sinn und Verständnis für Gehalt und Form von Werken höchster Kunst überhaupt zu wecken. Denn ich bin allerdings der Meinung, dass wenn, was ich nicht zu glauben vermag, die deutsche Jugend und somit die deutsche Nation einmal jenen Klassikern den Rücken kehren sollte, es den Werken der griechischen Kunst beschieden sein wird sie wieder zu jenen zurück zu führen. – Und ungerecht wäre es die lebhafte Teilname, mit welcher die Nation die auf Wiedererweckung

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Richard Foerster: Die Klassische Philologie der Gegenwart. Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1886, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Foerster_Klassische_Philologie_der_Gegenwart_22.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)