Seite:Freiburg Bauten 354.jpg

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Die Wandpfeiler, welche für figurale Malerei ein überaus günstiges Feld boten, sind mit Darstellungen aus der Legende des hl. Martinus, des Patrons der Kirche, geschmückt. Die Gewölbefelder enthalten in Medaillons auf wechselnden Gründen, bald blau, bald roth, schlicht componirte, musicirende Engel in Halbfigur. Die übrigen Theile der Gewölbe sind durch zierliches Rankenwerk belebt und schön gezeichnete Rosetten füllen die Gewölbezwickel. Konsolen, Wanddienste, Kapitelle, Rippen und Schlusssteine treten durch geeignete Bemalung wirkungsvoll hervor. Als Material ist für die Gewölbemalerei Caseïn verwendet, während der figürliche und ornamentale Schmuck al fresco behandelt ist.

In harmonischer Uebereinstimmung mit der Gewölbeausschmückung[WS 1] befindet sich der Bildercyclus der Seitenwände, welcher den Glanzpunkt der ganzen Malerei bildet. Die grösseren Mittelbilder werden durch kuppelartige, architectonische Aufbauten abgeschlossen, während bei den kleineren das Wimpergmotiv verwerthet ist. Der aus acht Bildern bestehende Cyclus stellt die Hauptzüge der ehemals sehr volksthümlichen St. Martinus-Legende dar: auf dem grossen Mittelbilde den Eintritt des zehnjährigen Knaben in die christliche Kirche, während die übrigen Gemälde den Heiligen als Krieger veranschaulichen, ferner die bekannte Manteltheilung, die nächtliche Erscheinung, bei der Martinus den Heiland mit der Hälfte seines Mantels bekleidet erblickt, die Landschenkung durch Bischof Hilarius von Poitiers zur Gründung der Abtei Tours, die Heilung des Aussätzigen, Martinus als Todtenerwecker und schliesslich sein seliges Ende, dessen Darstellung eine besonders anziehende Composition ist.

Nach unten schliesst ein breiter Fries mit einer Musterung der Sockelflächen ab. Die den Hochaltar umgebenden Achteckseiten sind mit einem Teppich geschmückt, dem die Symbole der vier Elemente eingewebt sind.

Die von einem hohen künstlerischen Geiste durchwehten Bilder zeichnen sich gleichwohl durch eine dem Inhalte der Legende entsprechende schlichte Einfachheit aus. Das ganze Werk wird charakterisirt durch harmonisches Gleichgewicht.

Für die stilgerechte Ausführung der Malereien spricht am Deutlichsten die Meinung eines französischen[WS 2] Kunsthistorikers[1], welcher dieselben für ein ächtes Werk des Mittelalters hält und sich folgendermassen darüber äusserte: »les précieuses peintures du choeur de Saint Martin à Fribourg en Breisgau, exécutées comme toutes celles de la région rhènane, a cette époque, sous l’influence française.«



  1. Gonse, l’Art gothique.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Korrigiert. In der Vorlage: Gewölbeauschmückung
  2. Korrigiert. In der Vorlage: französichen
Empfohlene Zitierweise:
: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. H. M. Poppen & Sohn, Freiburg im Breisgau 1898, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiburg_Bauten_354.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)