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Der Knabenmord in Xanten
vor dem Schwurgericht.
Unberechtigter Nachdruck verboten
Erster Tag der Verhandlung.

Der Knabenmord in Xanten, der bereits ein volles Jahr in hohem Maße die Oeffentlichkeit beschäftigt, gelangt vor dem Schwurgericht des Königl. Landgerichts zu Cleve zur Verhandlung. Der objektive Thatbestand ist etwa folgender: Am 29.Juni 1891, Nachmittags gegen halb 7 Uhr, entdeckte die Dienstmagd Dora Moll in der sogenannten Fruchtscheune des Stadtverordneten und Kaufmanns Küppers in Xanten die Leiche eines kleinen Knaben. Die Leiche war zum Theil mit Spreu bedeckt, die kleinen Händchen waren fest zusammengeballt und preßten krampfhaft Spreu und Mohnköpfchen, Dinge, die in der Scheune[WS 1] in großen Mengen zerstreut umher lagen, zusammen. Die von der Moll eiligst herbeigeholten Leute stellten sofort fest, daß der Knabe ermordet worden sei, denn der Hals war dem Knaben bis fast zum Rückenwirbel durchschnitten, und der Leichnam schwamm förmlich im Blut. Es waren nur sehr wenig Spritzflecken in der Scheune vorhanden. Das ermordete Kind, in dem man sehr bald den 5 ½ jährigen Johann Hegmann, den Sohn des Schreinermeisters Hegmann in Xanten, erkannte, hatte außer noch einer großen Schnittwunde am Kinn keine weiteren Verletzungen. Die medizinischen Sachverständigen stellten fest, daß die Durchschneidung des Halses an dem Kinde in lebendem Zustande vorgenommen worden und diese auch die Todesursache gewesen ist. Auch sind die erwähnten Sachverständigen der Meinung, daß der Mord etwa sechs Stunden vor der Auffindung der Leiche, da zu jener Zeit die Leichenstarre bereits eingetreten war, stattgefunden haben muß. Noch am Vormittage soll das Kind, ein hübscher, munterer Knabe, in der Nähe der

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: in der Scheune in der Scheune