Seite:Friedlaender-Der Knabenmord in Xanten (1892).djvu/45

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sich bedeutend besser auf geschehene Vorkommnisse zu erinnern, als bei späteren Vernehmungen, bei Ihnen scheint das umgekehrt zu sein?

Zeuge: Herr Präsident, ich habe schon gesagt, ich war so sehr aufgeregt die ganze Zeit über, daß ich nicht schlafen konnte. Ich habe am allermeisten in der Sache gethan und da ist mir nicht gleich Alles im Gedächtniß gewesen. Wenn ich das erzählen wollte, was Frau Buschhoff vor 2 Jahren einmal zu mir gesagt hat, das wäre noch viel schwerwiegender.

Präsident: Erzählen Sie einmal das.

Zeuge: Vor 2 Jahren traf ich die Frau Buschhoff in der Kirchstraße. Da sagte mir Frau Buschhoff: Unsere Verwandten reden uns zu, wir sollen nach Neuß ziehen, denn hier sei ja doch kein Geschäft zu machen. Aber wir wollen erst hier noch ein gutes Geschäft abwarten, dann verkaufen wir Alles und ziehen nach Neuß; das ist doch jedenfalls noch schwerwiegender. (Allgemeine Heiterkeit.)

Präs.: Welche Beziehung soll diese Erzählung zu dem Morde haben?

Zeuge (nach einigem Zögern): Gar keine Beziehung, ich wollte damit blos sagen, daß ich noch länger als drei Wochen zurückdenken kann.

Auf Befragen des Vertheidigers R.-A. Fleischhauer giebt der Zeuge zu, daß er vielfach sich der Mordangelegenheit wegen bei dem Amtsrichter habe melden und ihn sogar von der Table d’hôte habe herausrufen lassen, um ihm angeblich etwas Wichtiges zu sagen.

Frau Mallmann bestätigt, daß Siegmund Buschhoff sich am Peter-Paulstage Nachmittags sehr lange Zeit in dem Küppers’schen Laden aufgehalten habe.

Die 12jährige Elise Küppers bekundet, daß sie am Vormittage des Peter-Paulstages gegen halb 10 Uhr keine Kinder am Portewege gesehen habe.

Die Sitzung wird alsdann gegen halb 9 Uhr Abends auf Donnerstag Vormittag 9 Uhr vertagt.


Vierter Tag der Verhandlung.

Gegen 9 Uhr eröffnet der Präsident, Landgerichtsdirektor Kluth, wiederum die Sitzung. In dem überfüllten Zuhörerraum bemerkt man einen Neger.

Der Präsident bemerkt: Ehe wir in der Verhandlung fortfahren, habe ich etwas zu bemerken. Die Sache hat einen Umfang angenommen, den wir nicht vorausgesehen