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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

nicht auffallend, daß ein Mann wie Henkmann, den Sie als einen Polizeispitzel hinstellen, seine Machinationen erst im Januar d. J. begann, während Koschemann bereits im Juli vorigen Jahres verhaftet wurde? – Zeuge: Nein, das ist mit nicht aufgefallen. – Vert.: Wie sah Henkmann aus? – Zeuge: Ein Mann, gedrungen und von Mittelgröße, mit einem vollen roten Gesicht und einem braunen Vollbart. Er machte wie gesagt, einen unheimlichen Eindruck. – Staatsanwalt: Verkehrten Sie auch im Späthschen Diskutierklub? – Zeuge: Nein, die dort verkehrenden Anarchisten vertreten einen anderen Standpunkt. Wir verkehrten auch schon deshalb nicht bei Späth, weil das Lokal uns als Spitzelfalle bekannt war. – Vert. R.-A. Dr. Werthauer: Können Sie uns Tatsachen angeben, wonach Polizeiorgane selbst derartige Sachen angestiftet haben? – Zeuge: Ja, ich erinnere nur an den Fall Wohlgemuth. – Kriminalkommissarius Bösel: Es wird hier wieder der Versuch gemacht, die Polizei der Provokation zu beschuldigen. Ich habe schon einmal kategorisch erklärt, daß ich keine Provokationen dulde. Ich bin von Anfang an der Ansicht gewesen, daß die Gesinnungsgenossen Koschemanns den Versuch machen werden, die Angeklagten der Justiz zu entziehen und daß die Anarchisten in der Wahl ihrer Mittel nicht wählerisch sind, ist bekannt. Im „Sozialist“ hat auch schon vor längerer Zeit ein Artikel gestanden, in welchem die Überzeugung ausgesprochen wurde, daß die Nachforschungen nach dem Absender der Kiste ohne Erfolg bleiben werden. Ich habe schon damals mir gesagt, daß wohl im letzten Augenblick Herr Landauer als Retter in der Not auftreten werde. Mir ist es sehr interessant, daß diese Vermutung jetzt bestätigt wird. Ich habe genau so, wie Landrichter Hallervorden die Empfindung gehabt, daß in dieser Angelegenheit allerlei dunkle Mächte arbeiten. Das bewiesen auch verschiedene Artikel in den Zeitungen. Ein Artikel – ich glaube, er stand in der Tägl. Rundschau – ging sogar so weit, zu behaupten, daß der Eifer untergeordneter Polizeiorgane, mit aller Gewalt

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/187&oldid=- (Version vom 31.7.2018)