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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

– Vors.: Zu welchem Zweck hat Ihnen Herr Stierstädter das Kind gezeigt? – Zeugin: Herr Stierstädter sagte, es sei erzählt worden, daß Fräulein Fischer ein Mädchen eingesperrt gehalten habe. Sie selbst habe das natürlich sofort bestritten, sie habe aber gewußt, daß Fräulein Fischer einmal eine kleine Pensionärin gehabt habe, und deshalb habe sie sich das Kind angesehen. Sie habe keine feindliche Gesinnung gegen Herrn Sternberg mehr, die Zeit habe das ausgeglichen, sie sei auch in keiner Weise von Sternberg oder anderen Personen zu falscher Aussage bestimmt worden, sondern habe die Wahrheit gesagt. – Angeklagter Sternberg behauptete: Die Zeugin sei von intensiver Feindschaft gegen ihn beseelt. Es sei vollständig unwahr, daß er ihr zugemutet habe, ein Pensionat für kleine Mädchen zu errichten. Als die Zeugin von ihm weggegangen war, habe sie sich in der Charlottenstraße ein Absteigequartier gemietet und sich der Straßenprostitution ergeben. – Die Zeugin sprang darauf in furchtbarer Erregung auf und bemerkte: Sternberg habe nach der Fournaçon-Sache sich mit ihr in Verbindung gesetzt, sie gefragt, warum sie denn so voll Gift und Galle gegen ihn sei und sie schließlich bedroht, daß er sie vernichten werde. Er habe sie unglücklich gemacht, sie ihrem Schicksal überlassen, nachdem sie von ihm gegangen. Er habe sie mit Füßen getreten und sie im Hunger und Elend gelassen. Das sei empörend. Die Zeugin, welche sich in immer größeren Groll hineinredete, behauptete schließlich, daß Sternberg sie zur Kuppelei habe treiben wollen, daß er von ihr verlangt habe, ihm kleine Mädchen von 12–14 Jahren zuzuführen, und daß er auch gegen eine kleine Verwandte Unanständigkeiten begangen habe, bzw. habe begehen wollen. Sie habe sich geweigert, ihm dieses Verlangen zu erfüllen und auf das Zuchthaus verwiesen, worauf er gesagt habe: „Es schade ja nichts, wenn sie einmal ins Zuchthaus gehe.“ Einmal habe Sternberg zu ihr gesagt: Ich hätte gern eine Achtjährige, alte Weiber von 16 Jahren sind mir zuwider. Der Angeklagte zeigte hier durch heftige Gebärden

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/266&oldid=- (Version vom 31.7.2018)