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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Zunächst sei ihm ganz unglaubwürdig erschienen, daß der Angeklagte dem betreffenden Mädchen 10 Pf. als Belohnung gegeben haben solle. Einem Mann von der eminenten Klugheit des Herrn Sternberg habe er ein solches Verbrechen und eine solche verbrecherische Dummheit nicht zugetraut und schließlich habe Herr Sternberg, als die Fournaçon-Sache schwebte, ihn versichert, daß absolut nichts weiter gegen ihn vorliege. Sternberg habe auch keinerlei Anstalten zur Flucht getroffen[WS 1], sondern sich stark in die Geschäfte gestürzt. Eines Tages habe ihm Frau Sternberg erzählt, es sei ein Mann bei ihr erschienen, der einen falschen Bart getragen und ihr angeboten habe, daß er ihren Mann gegen 20 000 M. befreien könnte. Der Mann sei dann noch einmal wiedergekommen und habe einen angeblich von Sternberg herrührenden Kassiber mitgebracht, auf welchem die Worte standen: „Errette mich, errette mich, sonst bin ich verloren. Dein Gatte.“ Da die Worte unorthographisch geschrieben waren, habe sie sofort gesehen, daß es sich um einen Menschen handelte, der Geld erpressen wollte. Frau Sternberg habe sich ferner darüber beklagt, daß sie von allen möglichen Personen überlaufen werde, die immer behaupteten, sie wüßten etwas. Sie habe sich auch über die Machenschaften gegen ihren Mann in der Presse beklagt und behauptet, diese gingen von einem bestimmten Journalisten aus. Auf Verlangen des Vorsitzenden nannte der Zeuge nach längerem Sträuben den Namen des Journalisten Porges. – Redakteur Bettauer bekundete als Zeuge: An dem Tage, als das Reichsgericht die Revision für begründet erachtete und das Urteil aufhob, habe Stierstädter in der Redaktion der „Berliner Morgenpost“ angefragt, ob schon Nachricht aus Leipzig eingetroffen sei. Stierstädter habe dabei geäußert: Es sei inzwischen noch neues Belastungsmaterial eingegangen, so daß zu hoffen sei, das Urteil werde auch das zweitemal nicht anders ausfallen. Er hatte die Empfindung, daß Stierstädter einen großen Haß gegen Sternberg besaß. Es komme bisweilen vor, daß Leute von geringerer

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  1. Vorlage: gertoffen
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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/277&oldid=- (Version vom 1.8.2018)